AUSGEFRAGT | PIT SCHMID, MUSEUM.BL
Die neue Dauerausstellung im «Museum.BL» in Liestal ist dem Reparieren gewidmet. Pit Schmid, Leiter des Bereichs Ausstellen und Vermitteln, hatte die Idee dazu und sagt, die Fähigkeit, etwas zu flicken, gehe zunehmend ...
AUSGEFRAGT | PIT SCHMID, MUSEUM.BL
Die neue Dauerausstellung im «Museum.BL» in Liestal ist dem Reparieren gewidmet. Pit Schmid, Leiter des Bereichs Ausstellen und Vermitteln, hatte die Idee dazu und sagt, die Fähigkeit, etwas zu flicken, gehe zunehmend verloren – auch wegen billiger Online-Händler.
Brigitt Buser
Herr Schmid, wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Ausstellung «Fix it! Vom Glück des Reparierens» zu lancieren?
Pit Schmid: In meinen früheren Berufen als Elektriker und Steinbildhauer gehörten Reparaturen zum Alltag. Früher war es zudem selbstverständlich, dass man kaputte Alltagsgegenstände wie Schuhe, Schirme, Kleidung oder Haushaltsgeräte reparieren liess oder selbst flickte. Heute hingegen wird oft direkt online nach Ersatz gesucht – die Fähigkeit, etwas zu reparieren, geht zunehmend verloren. Zudem lohnt sich eine Reparatur finanziell oft nicht mehr, weil ein Neukauf günstiger ist, zum Beispiel beim chinesischen Online-Händler Temu, der mit günstigen Preisen, Rabatten und Gratisversand lockt.
Was hat die Wegwerfmentalität für Auswirkungen auf uns?
Viele Menschen besitzen weder die nötigen Werkzeuge noch das Wissen, um kaputte Alltagsgegenstände zu reparieren. Dabei geht es nicht nur um das praktische Können – es geht auch um Erfahrung, Wertschätzung und ein Gefühl von Zufriedenheit. Wer repariert, setzt sich mit dem Gegenstand auseinander, wodurch dieser einen ideellen Wert gewinnt.
Was bringt uns das Reparieren sonst noch?
In unserer schnelllebigen Zeit vermittelt das Reparieren ein Gefühl von Beständigkeit – nicht im Sinn von Festhalten, sondern von Dranbleiben. Es macht Freude, etwas selbst zu schaffen, neue Techniken auszuauszuprobieren und im eigenen Repertoire zu verankern. Dies fördert die Kreativität. Wenn das Reparierte funktioniert, bringt es anhaltende Freude. Wird etwas aber einfach ersetzt, hält die Freude meist nur kurz an – und wenn der Ersatz auch kaputtgeht, verschwindet auch dieser ohne grosse Bedeutung.
In der Ausstellung trifft man auf eine Installation mit Kartons, Bildschirmen und Erste-Hilfe-Kästen. Was möchten Sie damit zeigen?
Die Kartons und Bildschirme stehen sinnbildlich für unseren heutigen Umgang mit defekten Dingen: Was kaputtgeht, wird ersetzt statt repariert. Die Erste-Hilfe-Kästen sind mit einem Augenzwinkern gemeint – sie verweisen darauf, dass man sich beim Reparieren auch verletzen kann. Ergänzt wird die Installation durch ein Video: Eine Person findet beim Spaziergang einzelne Gegenstände, flickt sie zusammen und verschenkt sie weiter – eine schöne Geste, die sowohl dem Schenker als auch dem Beschenkten Freude bereitet.
Man kann auch in die Kulturgeschichte des Reparierens eintauchen. Wann hat diese begonnen?
Seit Menschen mit Werkzeugen arbeiten, reparieren sie auch. Früher waren Arbeitskraft und Materialien wertvoll – deshalb wurde repariert. Mit der Industrialisierung hat sich dies stark verändert. In der Natur hingegen ist Reparieren ein ständiger Prozess. Um das zu zeigen, haben wir eine Spinne in die Ausstellung aufgenommen: Ihr Netz wird immer wieder beschädigt – und sie repariert es ständig, damit es wieder funktioniert.
Bei unserem Besuch im «Museum. BL» waren viele Kinder mit ihren Eltern oder Grosseltern anwesend. Lockt die Ausstellung besonders junge Menschen an?
Nachmittags besuchen viele Familien die Ausstellung. Oft sind es Grosseltern, die ihre Erfahrungen und Fertigkeiten weitergeben – und in dieser Rolle auch wieder vermehrt Wertschätzung erfahren.
Braucht es manchmal fachliche Unterstützung?
Die Kinder kommen in Begleitung von Erwachsenen. Die zu reparierenden Gegenstände und Werkzeug sind vorhanden – mitbringen muss man nur Lust. Es können Grundtechniken ausprobiert werden: Knöpfe annähen, exakt sägen oder ein Gewinde schneiden. Nachmittags stehen 16 Reparaturaufgaben bereit – vom Stuhlbein über das Türschloss bis hin zu Alltagsobjekten. Zu jeder Aufgabe gibt es eine Anleitung. Wenn etwas nicht klappt, ist ein Reparaturprofi vor Ort, der gern unterstützt.
Die Ausstellung dauert bis zum 30. August 2026. www.museum.bl.ch