«… redditus marce et dimidie bonorum sitorum in Richenbah …»
19.04.2024 RickenbachErste urkundliche Erwähnung vor 750 Jahren
Unter anderem mit einem Fest im Anschluss an den Banntag begeht die Gemeinde Rickenbach ihren 750. Geburtstag. Sie nimmt das Jubiläum ausserdem zum Anlass, historischen Spuren nachzugehen.
Die Gemeinde Rickenbach – die im ...
Erste urkundliche Erwähnung vor 750 Jahren
Unter anderem mit einem Fest im Anschluss an den Banntag begeht die Gemeinde Rickenbach ihren 750. Geburtstag. Sie nimmt das Jubiläum ausserdem zum Anlass, historischen Spuren nachzugehen.
Die Gemeinde Rickenbach – die im Kanton Baselland – feiert dieses Jahr ihr 750-jähriges Bestehen. Der Historiker und frühere Gemeindepräsident Marco Geu hat das Jubiläum zum Anlass genommen, in die Dorfgeschichte einzutauchen und eine vierteilige Serie zu verfassen, die auf der Website und im Gemeindeblatt publiziert wird. Mit der Erlaubnis der Gemeinde und des Autors druckt die «Volksstimme» die Beiträge ab. Der erste Teil befasst sich mit der erstmaligen aktenkundigen Erwähnung Rickenbachs.
Am 7. April 1274 wurde in Rheinfelden ein Rechtsakt besiegelt, der für die Geschichte von Rickenbach wichtig werden sollte. Graf Berthold von Schauenburg und seine Ehefrau Mechthild erschienen vor Schultheiss und Rat von Rheinfelden, um eine Schenkung an das Kloster Olsberg öffentlich beurkunden zu lassen.
Im Jahr 1236 hatten Zisterzienserschwestern dieses Ordenshaus gegründet. Durch Kauf, aber eben vor allem durch Schenkungen konnte das Kloster innerhalb weniger Jahre einen beachtlichen Grundbesitz in der gesamten Nordwestschweiz anhäufen. Schenken konnte damals wie heute nur, wer auch etwas besass. Somit ist klar, dass die meisten Schenkenden adelige Grundbesitzer waren.
Schenkungen wurden aus unterschiedlichen Motiven heraus getätigt. Im Fall von Berthold und Mechthild von Schauenburg ging es um das Seelenheil der Eheleute nach ihrem Tod. Damals wie heute bot die katholische Kirche an, gegen Entgelt Messen für Verstorbene zu lesen, die deren Aufenthalt im Fegefeuer verkürzen sollen.
Zu diesem Zweck schenkten nun die Eheleute von Schauenburg dem Kloster Olsberg Einnahmen in der Höhe von 1,5 Mark Silber, abgesichert durch ein Grundpfand auf zwei Grundstücke «in Richenbah». In der in Latein abgefassten Urkunde mit der Textpassage «redditus marce et dimidie bonorum sitorum in Richenbah» von 1274 wird somit erstmals der Name des Dorfes Rickenbach erwähnt. Und sogar noch mehr: Die beiden belasteten Grundstücke befanden sich im Gebiet «Lauterbrunnen» und waren an die beiden Bauern Conrad und Pes verpachtet. Der bis heute bekannte Flurnamen identifiziert in Kombination mit dem Ortsnamen unser Dorf praktisch zweifelsfrei. Unklar bleibt jedoch, was dieses «Richenbah» damals war.
Der Ortsname leitet sich sehr wahrscheinlich vom mittelhochdeutschen «ric» ab, was so viel bedeutet wie: enger Durchgang, längliche und muldenartige Vertiefung. Wer von Gelterkinden her das Tal hinaufkommt, muss bis heute beim «Höldeli» eine solche enge, längliche und tiefe Stelle überwinden.
Es ist sehr gut möglich, dass diese topografschen Begebenheiten dem ganzen Tal und später auch der entstehenden Siedlung ihren Namen gegeben haben. Die Siedlung entstand auf der östlichen Talseite, am sonnigen Westhang des Farnsbergs, erhöht über dem sumpgen Talboden.
Im Jahr 1274 dürfte diese Siedlung aber kaum schon als Dorfgemeinde in der Lage gewesen sein, das gesamte Tal politisch zu kontrollieren. Aus späteren Quellen wissen wir, dass die westliche Talseite bis ins 19. Jahrhundert von den Gelterkindern als Viehweide genutzt wurde.
Der Flurnamen Lauterbrunnen legt diese Nutzung bereits für das 13. Jahrhundert nahe, denn «lautere Brunnen» nutzen nur Menschen, entweder für ihr Vieh oder auch für sich selbst. Die Lage des Lauterbrunnens an der Viehzugsroute von Gelterkinden her unter die Rickenbacher Fluh und auf den Staufen stützt diese Vermutung.
Trotzdem war für die Grundbesitzer offenbar schon 1274 klar, dass sich die Flur Lauterbrunnen in Rickenbach befand. Wahrscheinlich war «Richenbah» damals also (auch) noch die Bezeichnung für das gesamte Tal. Dass eine Siedlung und dereinst auch eine Dorfgemeinde auf der dem Lauterbrunnen gegenüberliegenden Talseite den gleichen Namen tragen würden, erscheint vorstellbar.
Viel mehr wissen wir aber aus dieser Zeit nicht und vieles muss deshalb Spekulation bleiben.
Marco Geu
Dorfrundgang und Banntag mit Jubiläumsfest
vs. Im Rahmen der Jubiläumsaktivitäten in der Gemeinde Rickenbach geht es im kommenden Monat rund. Am Samstag, 4. Mai (ab 13 Uhr), lädt der frühere Gemeindepräsident Marco Geu ein zu einem historischen Dorfrundgang. Dieser dauert drei Stunden und die Teilnehmenden müssen gut zu Fuss sein. Da die Teilnehmerzahl auf 40 beschränkt ist, wird um eine Anmeldung gebeten (Formular auf der Website der Gemeinde Rickenbach). Wenige Tage später, am 9. Mai, findet dann der Jubiläumsbanntag statt (Abmarsch um 13 Uhr). Anschliessend (ab 16 Uhr) wird in der Mehrzweckhalle bei Musik, Speis und Trank der 750. Geburtstag des Dorfs gefeiert.