«Politisch vergiftetes Klima»
31.05.2025 Oberdorf«Gmäini» weist Wasserwerkprojekt an Gemeinderat zurück
Wasser bewegt – nicht nur bei Starkregen: Der Beweis dafür war die Oberdörfer Gemeindeversammlung, an der das neue Wasserwerk abgelehnt wurde. Es ist nach dem Kunstrasen-Nein die zweite Niederlage ...
«Gmäini» weist Wasserwerkprojekt an Gemeinderat zurück
Wasser bewegt – nicht nur bei Starkregen: Der Beweis dafür war die Oberdörfer Gemeindeversammlung, an der das neue Wasserwerk abgelehnt wurde. Es ist nach dem Kunstrasen-Nein die zweite Niederlage für den Gemeinderat.
Elmar Gächter
Oberdorf bezieht sein Trinkwasser von zwei Quellen im Gebiet z’Hof / Martinsmatt, Niederdorf von einer eigenen Quelle – ebenfalls im Gebiet z’Hof. Nach mehrjähriger Planung haben die Gemeinden beschlossen, beim Fussballplatz eine gemeinsame Aufbereitungsanlage zu erstellen, in der das Rohwasser der Quellen von beiden Gemeinden als Trinkwasser in die jeweiligen Leitungsnetze eingespeist wird (die «Volksstimme» berichtete).
Vereinbart wurde, dass Oberdorf Bauherrin ist und die Kosten (4,6 Millionen Franken) für das Wasserwerk übernimmt, Niederdorf sollte die Investitionen für das Pumpwerk und den Leitungsbau ab Hölstein bis ins geplante Wasserwerk z’Hof tragen. Der sogenannte Nordanschluss soll für beide Gemeinden eine sichere Trinkwasserversorgung im Fall einer Verunreinigung oder Trockenheit sicherstellen. Ein Wasserliefervertrag hätte die Abgeltung der Kapital- und Betriebskosten regeln sollen.
Doch aus der Realisierung des Vorhabens wird vorläufig nichts. Mit 76 gegen 71 Stimmen entschieden die Anwesenden der Oberdörfer Gemeindeversammlung am vergangenen Montag in geheimer Abstimmung, die Vorlage an den Gemeinderat zur Überarbeitung und Redimensionierung zurückzuweisen. Der Antrag aus der Versammlung, die Abstimmung geheim durchzuführen, sorgte für einen längeren zeitlichen Unterbruch.
Nach dem Nein der Stimmbürger an der Urne zum neuen Kunstrasen erleidet die Oberdörfer Exekutive einen zweiten Rückschlag bei ihrer Investitionstätigkeit.
Im Vorfeld machte das fünfköpfige «Komitee für gesunde Gemeindefinanzen», dem vier Mitglieder der Referendumsgruppe gegen den Kunstrasen angehören, mit einem Flugblatt Stimmung gegen das Vorhaben. Mit ihrem Rückweisungsantrag wollten sie den Gemeinderat veranlassen, das Projekt zu redimensionieren. Oberdorf habe auch künftig genügend Wasser und erst noch in einwandfreier Qualität, die eine aufwendige Aufbereitung unnötig mache.
Zudem führe das Projekt zu einem zusätzlichen Schuldenanstieg im ohnehin defizitären Gemeindehaushalt. Gemeinderat Hannes Schweizer hielt aus der Sicht der Exekutive entgegen, dass ein Teil der heutigen Infrastruktur schon 70 Jahre alt sei und der Wasserverbrauch angesichts des Bevölkerungswachstums und der abnehmenden Quellschüttung bereits 2040 grösser ausfallen könne als die Schüttung. Dass Oberdorf über sehr gutes Trinkwasser und ergiebige Quellen verfügt, bestätigte Brunnmeister Michael Tschudin. Er wies aber darauf hin, dass Oberdorf auch schon von Wasserknappheit betroffen gewesen sei und zeitweise aus Waldenburg Wasser habe beziehen müssen.
Es gäbe zusätzliche Schulden
Dass das Vorhaben für Oberdorf zu neuen, zusätzlichen Schulden führt, ist auch Gemeinderat Michael Wild bewusst. Die Gemeinde werde nicht in der Lage sein, die Schulden zurückzuzahlen, wie er eine Frage aus der Versammlung beantwortete. Sie benötige sogar Fremdkapital, um den laufenden Betrieb sicherzustellen. Der Gemeinderat sei bestrebt, so Hannes Schweizer, der nächsten Generation keine Schulden zu hinterlassen, aber auch verpflichtet, für eine intakte Infrastruktur zu sorgen. Würde dem Rückweisungsantrag stattgegeben, würde wertvolle Zeit vergehen, bis ein neues beschlussfähiges Projekt vorliege. So laufe man Gefahr, dass Niederdorf die Geduld verliere und ein eigenes Wasserwerk erstelle. «Dies könnte dazu führen, dass Oberdorf den für die Gemeinde als zweites Standbein wichtigen Nordanschluss selber finanzieren müsste, mit Kosten von rund 2 Millionen Franken.»
Eine knappe Mehrheit der anwesenden 152 Stimmberechtigten sah dies anders und wies die Vorlage an den Gemeinderat zurück. Der Entscheid veranlasste Hannes Schweizer zu einer persönlichen Erklärung. «Jetzt haben wir neben dem Rasengraben noch einen Wassergraben. Ich bedaure, dass Oberdorf noch mehr negativ in die Schlagzeilen gerät.» Rhetorisch fragte er: «Wollen Leute in eine Gemeinde ziehen, in der ein politisch vergiftetes Klima herrscht?»
Er nehme den Beschluss jedoch sportlich und der Gemeinderat werde sich der Aufgabe stellen, so Schweizer. Auch wenn es schwierig sei, herauszufinden, was die Kritiker des jetzigen Projekts damit meinen, dass es günstiger werden müsse. Mit dem ablehnenden Entscheid wurden die Traktanden über den Vertrag zwischen Oberdorf und Niederdorf sowie die Gebührenerhöhung obsolet, jenes zur Gebührenerhöhung bei der Abwasserbeseitigung wurde auf Antrag eines Versammlungsteilnehmers zurückgezogen.
Es war ein denkwürdiger Abend, an dem es zeitweise «turbulent» zuging, wie Gemeindepräsident Piero Grumelli am Ende der mehr als dreistündigen Versammlung treffend festhielt.
Ein verregneter Markttag
vs. «Nicht schon wieder», klagte ein Besucher des Frühlingsmarkts. Dieses Foto entstand nur wenige Sekunden vor einem der zahlreichen Regenschauer, die am Mittwoch über Gelterkinden zogen. Die Marktfahrer und Aussteller waren zeitweise stärker damit beschäftigt, das Wasser von den Blachen ihrer Stände zu wischen, als ihre Produkte zu verkaufen. Dennoch wurde der Markt rege besucht und die Strassen waren besonders nach Feierabend gefüllt.