Partner bedroht man nicht mit der Keule
30.09.2025 SissachEchte Beziehungen als Voraussetzung für die soziale und ökologische Wende im Welthandel
Gemeinsam mit drei Gästen versuchte Soziologe Ueli Mäder, sich dem grossen Thema eines fairen Welthandels anzunähern. Das Fazit im «Cheesmeyer» lautete: Sowohl die ...
Echte Beziehungen als Voraussetzung für die soziale und ökologische Wende im Welthandel
Gemeinsam mit drei Gästen versuchte Soziologe Ueli Mäder, sich dem grossen Thema eines fairen Welthandels anzunähern. Das Fazit im «Cheesmeyer» lautete: Sowohl die Verbraucher als auch die global agierenden Grosskonzerne tragen eine Verantwortung.
Elisabeth Böhm
Um dem Thema «Gerecht Kooperieren» auf die Spur zu kommen, hat Gastgeber Ueli Mäder drei Gesprächspartnerinnen und -partner eingeladen. Mit Kathrin Amacker, Präsidentin von Regio Basiliensis und Max Havelaar, Regula Rytz, Präsidentin Helvetas Schweiz, und Stefan Zemp, Vertreter des Lokalen als Ausdruck des Globalen, sassen am Donnerstagabend drei erfahrene Akteure auf dem Podium im Sissacher «Cheesmeyer». Das Prinzip «Wandel durch Handel» sollte in anderthalb Stunden erörtert werden. Sprich: Wie kann weltweit ein sozialer und ökologischer Austausch ermöglicht werden?
Einig waren sich die drei, dass der lokale Handel und die Binnenwirtschaft wichtig sind. Zemp brachte zu Beginn des Gesprächs das Konzept des Bundesamts für Landwirtschaft ins Spiel, das regionale Produkte wie zum Beispiel den Honigweg in Rünenberg oder die Ernennung eines jährlichen Staatsweins zur Förderung des inländischen Weins lanciert.
Das gleiche Ziel verfolge Helvetas mit der Unterstützung von Honigoder Gemüseproduzenten in afrikanischen Ländern. «Eine Zivilgesellschaft braucht den Binnenmarkt», meinte Regula Rytz dazu – auch als Voraussetzung für den Frieden. Dem konnte Kathrin Amacker zustimmen. Lokale Strukturen seien sehr wichtig. Und: «Wenn man seinen Handelspartner kennt und ihm ein Gut in die Hand gibt, schlägt man ihm danach nicht die Keule über den Kopf.»
Dem musste die Staatsrechtlerin und Historikerin Regula Rytz vehement widersprechen und erwähnte die «Entdeckung» von Bronze, mit der nicht nur bessere Werkzeuge, sondern auch Waffen produziert werden konnten. Doch mit der Waffe wird vermutlich nicht der Handelspartner bedroht, sondern ein Dritter. Mag man sich auch heutzutage im regionalen Handel noch kennen, ist das in den globalisierten Märkten kaum mehr der Fall.
Während sowohl Max Havelaar wie auch Helvetas den Kontakt zu den Produzenten pflegen, kümmern sich weltweit agierende Grosskonzerne hauptsächlich um den Gewinn. «Wer definiert die Regeln?», fragte Rytz und sprach von einer zweiten grossen Globalisierung nach der Kolonialisierung. Und weiter: «70 Prozent des Welthandels sind in der Hand von Grosskonzernen.»
Die beiden international tätigen Organisationen Max Havelaar und Helvetas bieten mit der Förderung der Produzenten in Afrika oder Lateinamerika eine Alternative an. «Mittlerweile ist jede zweite verkaufte Banane eine Max-Havelaar-Banane», sagte Kathrin Amacker nicht ohne Stolz.
Der globale Süden erstarkt
Gesprächsleiter Ueli Mäder stellte die Frage: «Auf der einen Seite stehen 200 Millionen Dollar für die etwa 2 Millionen Produzenten von Max-Havelaar-Produkten zur Verfügung, auf der anderen Seite machen die global agierenden Konzerne rund 200 Milliarden Dollar Umsatz. Was muss sich ändern, damit die Produzenten mehr Lohn bekommen?» Die Antwort von Regula Rytz war klar: «Es geht auch um Macht» – und darum, dass die in den Handelssystemen ungleich verteilt sei. Hier müsse man ansetzen.
Nicht ganz einfach also, Gerechtigkeit herzustellen. Die Diskussion spann sich weiter, dass auf verarbeitete Produkte Zölle erhoben werden, nicht aber auf Rohstoffe, und dass die Produktionsländer die in der Schweiz gewünschte Qualität gar nicht erbringen könnten. Kathrin Amacker nannte als Beispiel Nespresso-Kapseln: «Mehr als 90 Prozent ist Max-Havelaar-Kaffee, der Rest konventioneller, um den hiesigen Geschmack zu befriedigen.»
Schliesslich wurde auch das Publikum miteinbezogen. Ein Herr fragte, ob sich das Geld im Kapitalismus zwingend vermehren müsse und wir den maximalen Nutzen wollten – oder «ab wann wir bereit sind, zu verzichten?» In die gleiche Richtung votierte Kathrin Amacker. In den südlichen Ländern steige das Bewusstsein. So würde Afrika bereits eigenen Handel betreiben, ebenso Südamerika. Der Westen müsse sich auf eine neue starke Marktmacht aus dem globalen Süden einstellen, was Regula Rytz bestätigte: «Wir müssen die Kolonialisierung hinterfragen.»
Auch wenn an diesem Abend das Thema «Wandel durch Handel» nicht abschliessend diskutiert wurde, konnten doch das eine oder andere angesprochen sowie neue Erkenntnisse gewonnen werden. Eine Änderung gibt es nur, wenn man etwas unternimmt. Oder gemäss einem von Regula Rytz wiedergegebenen berühmten Zitat des deutschen Schriftstellers Erich Kästner: «Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.»

