Nicht alle Bäume überleben den Klimawandel
15.05.2025 HölsteinErkenntnisse aus sieben Jahren Waldlabor
Das 2018 gestartete und 20 Jahre dauernde Waldexperiment der Uni Basel oberhalb von Hölstein untersucht die Auswirkungen des Klimawandels. Dieser schadet den Bäumen nicht nur durch Trockenheit, sondern begünstigt auch Schädlinge ...
Erkenntnisse aus sieben Jahren Waldlabor
Das 2018 gestartete und 20 Jahre dauernde Waldexperiment der Uni Basel oberhalb von Hölstein untersucht die Auswirkungen des Klimawandels. Dieser schadet den Bäumen nicht nur durch Trockenheit, sondern begünstigt auch Schädlinge wie den Borkenkäfer.
Elmar Gächter
Seit 2018 untersuchen Forschende der Universität Basel im Gebiet «Schoren» oberhalb von Hölstein, wie sich die zunehmende Trockenheit auf die Waldbäume auswirkt. Mit ihrem Waldlabor wollen sie während 20 Jahren Erkenntnisse gewinnen, die dazu beitragen sollen, die Wälder optimal zu gestalten, das Ökosystem langfristig zu sichern und grundlegend die Biologie der Bäume und Wälder zu verstehen.
Mit den 14 verschiedenen Baumarten und der Kuppellage bietet die Versuchsfläche auf rund 1,7 Hektaren einen einzigartigen Standort für das Waldexperiment. Der 50 Meter hohe Kran ermöglicht es den Wissenschaftlern, mittels einer Gondel in den Baumkronen Beobachtungen anzustellen. Sieben Regendächer mit Lamellen zum Öffnen im Frühjahr und zum Schliessen im Herbst reduzieren auf einem Teil der Waldfläche den Niederschlag um rund 50 Prozent.
Professor Ansgar Kahmen, der als Vorsteher des Departements Umweltwissenschaften an der Universität Basel das Projekt leitet, sprach mit der «Volksstimme» über Erkenntnisse nach rund sieben Jahren Forschungsarbeit.
Buche doch nicht so resistent
Bei Projektbeginn konnten die Forschenden noch nicht ahnen, dass sich gleich das erste Jahr zu einer Jahrhunderttrockenheit entwickeln würde. Es war der Beginn einer Serie, in der in ganz Mitteleuropa massive Dürren verstärkt auftreten. 2019 war ebenfalls sehr trocken, wie auch der Herbst 2023 mit starken Schäden an den Bäumen.
«Mit den beiden eher feuchten Jahren 2021 und 2024 hatten wir zeitweise eine Niederschlagsmenge, welche die flachgründigen Böden in unserem Versuchsgebiet sättigte. An anderen Standorten mit tiefgründigeren Böden mit zwei bis drei Metern Tiefe kann es jedoch mehrere Jahre dauern, bis Regenwasser durchdringt», so Kahmen. Eine negative Wasserbilanz zeige sich im Sommer, wenn der Wald an einem einzigen trockenen Hitzetag bis zu 30 000 Liter Wasser pro Hektar benötige. Im Trockenjahr 2018 hat vor allem die Fichte stark gelitten. «Sie gelangt irgendwann an einen Trockenheits-Schwellenwert. Ist dieser überschritten, stirbt der Baum innerhalb von wenigen Tagen», erklärt Kahmen. Interessanterweise hätten sich jedoch jene Fichten, die sich über den trockenen Sommer hinweggerettet haben, wieder gut erholt, sobald es wieder feuchter wurde.
Überrascht hat den Wissenschaftler, dass sich die Buche sensitiver zeigt als zunächst gedacht. Kahmen sagt, er sei davon ausgegangen, dass die Buche über einen ultimativen Schutzmechanismus verfüge, indem sie bei Trockenheit Laub abwerfe und dann eigentlich kein Wasser brauche. «Aber auch die Buche ist, wie auch Kollegen in anderen Wäldern feststellen, sehr stark von den trockenen Jahren betroffen.» Im Gegensatz zur Fichte verlaufe das Absterben mehr graduell. Untersuchungen ergaben, dass ein einmal stark geschädigter Baum mit vielen toten Zweigen sich nicht mehr regenerieren kann und letztendlich abstirbt, was bis zu zehn Jahren dauern könne.
Als trockenheitsresistent erwiesen sich unter anderem die Eiche und die Elsbeere – und überraschend auch die Esche, die jedoch mit dem Eschentriebsterben ein anderes grosses Problem hat.
Als ganz erfreulich bezeichnet Ansgar Kahmen den aktuellen Unterwuchs. Wo vorher grosse Fichten standen, sind viele Bergahorne aufgekommen. «Diesen geht es sehr gut, wir wissen jedoch nicht genau, weshalb.» Daraus ergebe sich die interessante Frage, inwieweit Bäume im gleichen Genpool sich resistenter gegen die Trockenheit verhalten als ihre Eltern. «Produzieren sie bewusst weniger Blätter oder investieren sie mehr in das Wurzelsystem? Keine einfache Fragen, aber wir versuchen, diese in unserem Experiment zu beantworten.» Laut Professor Kahmen wächst die Erkenntnis, dass die Buche in der Nordwestschweiz an trockeneren Standorten kein Zukunftsbaum ist. Sie könne zwar vor allem an feuchten Nordhängen weiterhin gedeihen, bekomme andernorts jedoch mittelfristig Probleme.
Schädlinge wachsen exponentiell
Kritisch sieht er auch die Absicht, die Weisstanne als Ersatz für die Fichte zu handeln. Diese erweise sich als ebenso anfällig gegenüber der Trockenheit wie die Fichte. Dazu komme, dass der Borkenkäfer in den trockenen Jahren mit hohen Temperaturen sowohl die Fichte als auch die Weisstanne befalle. «Mein Eindruck ist, dass dabei gar nicht so sehr die Schwäche der Bäume Ursache des Befalls ist, sondern der Druck der Schädlinge, deren Populationswachstum in warmen Jahren sich exponentiell erweitern kann.»
Positiv sei, dass es doch einige Baumarten gebe, die mit dem Klimawandel durchaus umgehen können. Es handle sich bei dieser Aussage jedoch um eine Momentaufnahme. «Tatsache ist jedoch, dass da schon sehr, sehr viel passiert. Der Klimawandel ist real. Der Wald wird nicht verschwinden, aber er wird sich verändern. Das steht ausser Frage», so Ansgar Kahmen.
Die Forscher wollen auch die kommenden Jahre nutzen, um die Funktion der Bäume besser zu verstehen. Die bisherigen Installationen hätten sich bis jetzt in jeder Hinsicht bewährt.