Mit Vollspeed zum Glück
31.10.2025 Sport, Weitere SportartenNadia Meier ist mit Silken Windsprites erfolgreich
Hochleistungssport auf vier Pfoten: Die Diepflingerin Nadia Meier trainiert ihre Windhunde der Rasse Silken Windsprites mit Disziplin, Geduld und viel Herz. Ihr Rüde O’Kuma wurde 2025 gleich mehrfach Schweizer Meister.
...Nadia Meier ist mit Silken Windsprites erfolgreich
Hochleistungssport auf vier Pfoten: Die Diepflingerin Nadia Meier trainiert ihre Windhunde der Rasse Silken Windsprites mit Disziplin, Geduld und viel Herz. Ihr Rüde O’Kuma wurde 2025 gleich mehrfach Schweizer Meister.
Luana Güntert
Während manche Menschen ihr Leben lang nach ihrer Leidenschaft suchen, hat Nadia Meier sie schon als Kind gefunden: Hunde. In ihrem Haus in Diepflingen führt die ruhige, zurückhaltende Frau ein Leben, das sich ganz um ihre Tiere dreht – und um den Windhundesport, in dem ihr Rüde O’Kuma gerade eine aussergewöhnliche Saison hinter sich hat.
O’Kuma ist ein Silken Windsprite, sieben Jahre alt, elegant und flink. Seine Mitbewohnerin, Hündin Zsalima, eineinhalb Jahre älter, ist die Sanftere von beiden. Beide gehören einer sensiblen Rasse an, die ursprünglich für die Hasenjagd gezüchtet wurde. «Das ist ein Problem», sagt Nadia Meier, «viele Hunderassen wurden für eine spezielle Aufgabe geschaffen, die sie heute gar nicht mehr ausleben können. Die Rennbahn ist da eine gute Alternative.»
Vom Vorurteil zur Leidenschaft
Als Nadia Meier die Tiere vor einigen Jahren zu sich holte, hatte sie zunächst Vorbehalte gegenüber Windhunderennsport. Mit ihrem vorherigen Hund – einem Bauernhofmischling – betrieb sie keinen Sport, hielt ihn als «normales Haustier» und übte «plauschmässig» Tricks mit ihm.
Zsalima war scheu, schreckte vor Neuem zurück, und Meier wollte ihr keinen zusätzlichen Stress zumuten. Doch dann besuchte sie ein Theorieseminar über Windhundesport – und wagte schliesslich das erste Training. «Zsalima hatte Angst vor dem Hasenfell, das über die Bahn gezogen wird», erzählt sie lachend. Also befestigte Meier kurzerhand ihr Lieblingsspielzeug an der Zugmaschine. «Plötzlich war die Angst weg. Nach dem ersten Training war sie wie ausgewechselt – viel selbstbewusster. Da wusste ich: Das tut ihr gut.»
Seitdem hat sich vieles verändert. Aus anfänglicher Skepsis wurde Begeisterung, aus einer ängstlichen Hündin eine kleine Athletin. Heute sind beide Hunde sportlich aktiv – und erfolgreich.
Seit sechseinhalb Jahren betreibt Meier nun den Windhundesport. Alle zwei bis drei Wochen fährt sie mit O’Kuma und Zsalima zu Trainings auf Rennbahnen in Kleindöttingen, Rifferswil, Lotzwil oder Lostallo. Nach den Trainings erhalten sie zur Belohnung einen Plüschhasen. Er simuliert den Fang des Hasen – ein «Erfolgserlebnis», das tief in ihren Instinkten verankert ist. Zwischen den Läufen auf der Bahn wird zu Hause gearbeitet – Krafttraining, Koordination, Balanceübungen. Dies, indem Meiers Hunde beispielsweise rückwärts Treppen hinaufsteigen, auf wackligen Kissen balancieren und Aquafit machen. Auch Physiotherapie steht regelmässig auf dem Programm, um präventiv gegen allfällige Schmerzen vorzugehen. «Das braucht es. Meine Hunde betreiben Hochleistungssport.»
O’Kuma sei der Wildere der beiden, erzählt Meier. Anfangs liess er sich im Training leicht ablenken, wollte zu den Zuschauern oder mit anderen Hunden spielen. Heute läuft er konzentriert – besonders im Coursing, einer Form des Windhundesports, bei der die Hunde einem künstlichen Hasen quer über ein Feld folgen (siehe Kasten). Dort kommt seine Wendigkeit zum Tragen.
Im April wurde O’Kuma der Titel «Schweizer Coursing Champion» verliehen, im Juli gewann er die Bahn-Schweizermeisterschaft der Senioren, und im September holte er sich auch den Coursing-Schweizer-Meister-Titel bei den Senioren. Als «Senior» gilt ein Hund ab sechs Jahren. Drei grosse Auszeichnungen in einem Jahr – eine Bilanz, die Meier immer noch ein wenig ungläubig macht. «Ich hatte nie grosse Ambitionen. Mir war immer am wichtigsten, dass es meinen Hunden gut geht», sagt sie.
Hundesport als soziales Hobby
Der Alltag der Hundecoiffeuse mit eigenem Salon zu Hause in Diepflingen unterscheidet sich nicht stark vom Leben anderer Hundehalter. Doch etwas brauchen die Silken Windsprites täglich: eine Möglichkeit, zu rennen. Dafür hat Meier ein eigenes Stück eingezäuntes Feld zwischen Rickenbach, Wintersingen und Buus gemietet. «Viele Bauern wollen heute nicht mehr, dass Hunde auf ihren Feldern laufen. Deshalb haben wir uns dieses Gelände zugelegt. Es ist mir wichtig, niemanden zu verärgern.»
Vor Wettkämpfen achtet die Diepflingerin penibel auf Ernährung und Erholung. Ihre Hunde erhalten energiereiche Kost mit mehr Kohlenhydraten als gewöhnlich, an Renntagen zusätzlich ein spezielles Energymousse – kein schweres Trockenfutter, das im Magen liegt.
Ein Renntag beginnt früh. Meier reist meistens allein an, startet oft nur mit einem Hund. «Mein Mann liebt die Tiere, doch er kommt nicht mit an die Rennen – aus Angst, sie abzulenken.» Vor dem Wettkampf wird aufgewärmt, gedehnt, werden die Muskeln aktiviert. Dann der Moment des Starts: Sechs Windhunde stehen nebeneinander in der Startbox, jeder trägt einen Maulkorb – aus gutem Grund. «Wenn alle gleichzeitig auf das Hasenfell losstürmen, kann es am Ziel schon mal hektisch werden.»
Bei aller sportlichen Disziplin bleibt Nadia Meier in erster Linie eines: Hundemensch. Ihre ruhige Art, ihr genaues Beobachten, ihr Einfühlungsvermögen – all das prägt ihr Verhältnis zu O’Kuma und Zsalima. «Ich bin sehr introvertiert», sagt sie. «Der Hundesport kommt daher auch mir zugute. Er zwingt mich, mich unter die Leute zu begeben.»
Dass sie mit ihren Silken Windsprites nicht an Europa- oder Weltmeisterschaften teilnehmen darf, weil die Rasse international noch nicht anerkannt ist, stört Meier kaum. «Bis 2027, wenn die Coursing-WM in der Schweiz stattfindet, wären meine Hunde ohnehin zu alt. Sie dürfen nur bis neun Jahre starten. Aber für mich zählt sowieso etwas anderes: dass sie glücklich sind, wenn sie rennen dürfen.»
Zwei Disziplinen
lug. Im Windhundesport gibt es zwei Disziplinen: Bahn und Coursing. Auf der Rennbahn starten bis zu sechs Hunde gleichzeitig aus Boxen. Die Tiere laufen einem Stück Hasenfell mit Flatterband hinterher, das von einer technischen Vorrichtung geschleppt wird. Die Silken Windsprites – eine kleine Rasse – laufen eine Runde von rund 400 Metern. Die Zeitmessung erfolgt aber schon bei 280 oder 350 Metern. Windhundrennbahnen in der Schweiz gibt es in Kleindöttingen, Rifferswil, Lotzwil und Lostallo. Die Wettkämpfe im Coursing finden auf freiem Feld statt. Hier werden Parcours gebaut, bei denen eine Coursing-Maschine – ein Gerät, das einem Ski-Schlepplift ähnelt – den Hasen-Dummy im Zickzack laufen lässt und so die echte Hasenjagd imitiert. Je nach Wetter und Feldbeschaffenheit ist die Strecke 650 bis 800 Meter lang. Beim Coursing starten zwei Hunde gleichzeitig und werden von Richtern mit Punkten bewertet.



