Mit Visionen in die Zukunft investieren
12.07.2024 SeltisbergMiriam Hersche hat viel bewegt und erreicht
Die Seltisberger Gemeindepräsidentin Miriam Hersche hat Ende Juni nach acht Jahren im Gemeinderat, davon die letzten zwei Jahre als Präsidentin, ihr Amt übergeben. Sie blickt auf viele Höhepunkte und interessante Begegnungen ...
Miriam Hersche hat viel bewegt und erreicht
Die Seltisberger Gemeindepräsidentin Miriam Hersche hat Ende Juni nach acht Jahren im Gemeinderat, davon die letzten zwei Jahre als Präsidentin, ihr Amt übergeben. Sie blickt auf viele Höhepunkte und interessante Begegnungen zurück. Dennoch: Sie beendet ihre Amtszeit so, wie sie es immer geplant und gesagt hat: Nach zwei Legislaturperioden.
Willi Wenger
Miriam Hersche aus Seltisberg ist eine Frau der Tat. Das hat sie in den vergangenen acht Jahren als Exekutivmitglied der Einwohnergemeinde immer wieder unter Beweis gestellt. Zuerst als Gemeinderätin und ab August 2022 als Gemeindepräsidentin und Nachfolgerin von Michaela Schmidlin-Wiesner. Nun tritt sie wie angekündigt nach zwei Legislaturperioden zurück. Sie tut dies nicht aus Frust, sondern aus der festen Überzeugung heraus, dass acht – maximal zwölf – Jahre in einem solchen Amt genug sind.
Hersche kann für sich in Anspruch nehmen, in Seltisberg viel bewegt zu haben. Vieles konnte sie mit ihrem Team, aber auch mit der Hilfe der Bevölkerung beeinflussen und umsetzen. Sie nennt in diesem Zusammenhang unter anderem den Aufbau einer transparenten Kommunikation gegenüber der Bevölkerung oder die Stärkung des Bewusstseins, wie wichtig Raumplanung und Siedlungsentwicklung für die Gestaltung einer Gemeinde sind. Auch die Werterhaltung der Infrastruktur sei auf einem guten Weg. «Zudem konnte ich mich jederzeit auf ein vertrauensvolles Verwaltungs- und Werkhofteam abstützen und fand auch die unterschiedlichen Charaktere der Behörden- und Kommissionsmitglieder interessant.»
In Demut und Bescheidenheit hält sie fest, dass sie ihre Arbeit als Gemeinderätin und in den letzten zwei Jahren als Gemeindepräsidentin mit viel Engagement, Professionalität, Weitsicht und Herzblut ausgeübt habe. Dies alles seien unverzichtbare und wichtige Voraussetzungen, um ein Gemeinderatsmandat erfolgreich ausüben zu können.
Dass Hersche ein Amt im Gemeinderat übernommen hat, ist zum Teil Zufall. «Auf meinem Hometrainer zu Hause habe ich gesehen, dass Kandidatinnen und Kandidaten für den Gemeinderat gesucht werden. Da habe ich mich quasi spontan für eine Kandidatur entschieden.» Das war im Januar 2016. Die Wahlen fanden dann bereits im Februar statt und Hersche wurde mit einem guten Ergebnis in die Exekutive gewählt. «Ich habe dann eine Zeit in der Verwaltung erlebt, die im Grossen und Ganzen in Ordnung war.» Sie war damals in der Verwaltung beziehungsweise im Personalwesen tätig. Gemeindepräsident war damals Bernhard Zollinger, der vier Jahre später nicht mehr im Amt bestätigt wurde. Seine Nachfolgerin wurde Michaela Schmidlin-Wiesner.
Finanzfachfrau hilft aus
Die Übernahme des Amts als Gemeindepräsidentin fiel Hersche nicht schwer. Aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung brachte sie alle Voraussetzungen mit, um dieses Amt erfolgreich auszuüben.
Als Finanzfachfrau erkannte sie sehr schnell, dass Seltisberg in einer finanziellen Schieflage war. Die von der Gemeindeversammlung 2008 beschlossene Steuersenkung von 55 auf 52 Prozent sei rückblickend ein Fehler gewesen. «Wir wurden damals mit dem revidierten Finanzausgleichsgesetz über Nacht zur Gebergemeinde. Das sind wir bis heute geblieben.»
Hersche ist deshalb nach wie vor der Meinung, dass das Steuersubstrat substanziell erhöht werden muss. «Meine Nachfolger im Gemeinderat werden dem Souverän im November durchaus eine weitere Steuererhöhung für das Jahr 2025 beantragen müssen.» Grund dafür sei unter anderem, dass Seltisberg im kantonalen Vergleich eine sehr hohe Pro-Kopf-Verschuldung und eine weit geöffnete Schere zwischen Eigen- und Fremdkapital aufweise. Das einseitige Wohnangebot müsse zu einem diversifizierten Angebot weiterentwickelt werden. «Die Gemeinde steht also auch in Zukunft vor grossen Herausforderungen, um im kantonalen Vergleich ein Gleichgewicht zu erreichen.» Auch die Weiterarbeit an visionären Denkweisen sei unabdingbar: Diese würden letztlich zu einer nachhaltigen Zukunftsentwicklung beitragen und sich positiv auf Seltisberg auswirken.
Wichtig ist der 1969 geborenen Hersche auch die Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Liestal, Bubendorf, Lupsingen und Ziefen. Diese sei stets in sehr gutem Einvernehmen verlaufen. Während ihrer Zeit in der Exekutive hat Hersche über 1000 Termine auf dem «Ärdbeerihübel» wahrgenommen. Gut 200 davon seien ordentliche Gemeinderatssitzungen gewesen. Gegenüber der «Volksstimme» verrät sie auch, dass im Oktober eine neue Gemeindeverwalterin ihren Dienst antreten wird.
Hersche hat nun ihre Amtsgeschäfte übergeben. Die vergangenen acht Jahre seien für sie eine spannende Zeit mit vielen lehrreichen Erfahrungen und Begegnungen gewesen, zieht sie am Ende ihrer Amtszeit Bilanz. «Das möchte ich nicht missen, aber jetzt ist Zeit für neue Themen und Projekte – ausserhalb der Politik.»
«Sicherung der Grundversorgung unseres Dorfes hatte Priorität»
Frau Hersche, was war das persönliche Glanzlicht Ihrer Amtszeit?
Miriam Hersche: Ganz nach den Worten «Das grösste Glück sind oft gerade die kleinen Freuden, die so wenig kosten und doch so kostbar sind», habe ich in den acht Jahren als Gemeinderätin von Seltisberg viele Höhepunkte erlebt, zum Beispiel in den Begegnungen mit den Menschen im Dorf, die dankbar sind für die Arbeit als Gemeinderätin. Zu den Sitzungen bin ich immer zu Fuss gegangen, um die Einwohnerinnen und Einwohner auch unterwegs persönlich kennenzulernen. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir unter anderem die Begegnung mit unserer ältesten Einwohnerin, die ich nach ihrem 100. Geburtstag noch kennenlernen durfte.
Welches Ziel haben Sie nicht erreicht?
Als ich 2016 mein Amt als Gemeinderätin antrat, war es mein Ziel bis zum Ende meiner kommunalen Laufbahn, dass sich der «Ärdbeerihübel» mit einem neuen Gemeindeverwaltungsgebäude präsentieren kann. Das hat leider nicht geklappt, weil, wie sich bald herausstellte, andere Prioritäten gesetzt werden mussten. Die Infrastruktur war teilweise stark veraltet – die Werterhaltung und Sicherung der Grundversorgung unseres Dorfes hatte Priorität.
Welche Vision schwebt Ihnen noch vor?
Im Rahmen der Gemeindeorganisation von Seltisberg habe ich keine Visionen mehr. Ich bin als Gemeindepräsidentin zurückgetreten und werde mich mehr dem Sport, der Familie und den Freunden widmen. Ich habe nicht den Anspruch, meine Freizeit im gleichen Ausmass auszufüllen, sondern sie wieder mehr für mich zu beanspruchen.
Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger?
Mein Nachfolger Tobias Grieder ist ebenfalls seit 2016 im Gemeinderat. Er kennt die Verhältnisse in unserem Dorf und braucht von mir keine Ratschläge für die Zukunftsplanung. Dass das Präsidium mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als ein «normaler» Gemeinderat aufwendet, wird er von selbst erkennen.
Wie wird die nächste Generation Seltisberg verändern?
Aus meiner Sicht ist noch Luft nach oben. Persönlich hätte ich mich gefreut, wenn sich für die beiden vakanten Gemeinderatssitze zwei Personen aus der Generation nach mir gemeldet hätten. Auch dieser Generation kann ich nur empfehlen, sich für ein solches Amt zur Verfügung zu stellen. Es ist ein Privileg in unserem Land, dass wir das in diesem Umfang tun können. Vertreter der jüngeren Generation sind auch in der Kommunalpolitik ein Gewinn. Ich freue mich, dass mit den beiden neu gewählten Gemeinderäten Afide Frei und Beat Muchenberger das Gremium wieder komplett ist.
MIRIAM HERSCHE
en. Die 55-jährige Miriam Hersche ist in Buus aufgewachsen als Tochter des damaligen Dorfschullehrers. Seit 2008 lebt sie in Seltisberg im Herzen des Dorfs. Nach der Wirtschaftsmittelschule hat sie sich zur Finanzplanerin, zur eidgenössisch diplomierten Personalleiterin und Juristin weitergebildet. Sie war beruflich im Bankenwesen, in der Medizinaltechnik, Logistik, Aviatik und in Start-up-Unternehmen tätig. Seit bald zehn Jahren ist sie selbstständig im Interims-Management Personal, der Organisationsentwicklung und Projektleitung mit ihrer eigenen Firma Fringilla GmbH. Seit gut einem Jahr ist sie zudem Geschäftsinhaberin einer privaten Spitex-Organisation mit Sitz in Liestal und sie hat die notwendigen Betriebszulassungen in den Kantonen Baselland, Basel-Stadt, Aargau und Solothurn. Ihre Passion gilt den Bergen, wo sie sich als gebürtige Appenzellerin mit starken Wurzeln im Bündnerland zu Hause fühlt.