Mit jedem Druck ein Stück EM Fussball-EM der Frauen

  03.07.2025 Sport, Fussball

Die Trikots der Schweizer «Nati» kommen aus Liestal

Während sich die «Nati» inmitten ihrer Gruppenspiele der Europameisterschaft befindet, läuft im Hintergrund ein Betrieb aus Liestal auf Hochtouren. Dort werden Trikots und Ausrüstung bedruckt – mit Sorgfalt, Erfahrung und viel Teamgeist.

Wendy Maltet

Man könnte meinen, dass es beim Liestaler Druckbetrieb CWL von Maya und Hans Hübscher am Dienstagnachmittag kurz vor dem ersten EM-Spiel der Schweizer «Nati» hektisch zu und her geht. Immerhin werden hier die Trikots der Nationalspielerinnen und ihre gesamte Zusatzausrüstung bedruckt. Doch das Ehepaar wirkt gelassen – nicht, weil wenig los ist, sondern weil es Routine hat. Seit 1991 sind die beiden im Druckgeschäft tätig und erledigen regelmässig grosse, komplexe Aufträge.

Der Schwerpunkt der Hübschers liegt in der Bedruckung von Arbeits- und Sportbekleidung. Seit der Schweizerische Fussballverband 1991 auf sie zukam, zählen sie zu dessen festen Partnern. Seither ist CWL für die gesamte bedruckte Ausrüstung der Nationalteams – inklusive Staff und Funktionsteam – zuständig. Viele Teile werden individuell mit Namen oder Initialen versehen. Um das zu stemmen, arbeitet das siebenköpfige Team von CWL systematisch und teils automatisiert.

Zerrissene T-Shirts 2016
Um präzise Ergebnisse zu erzielen, wird bei der Bedruckung der «Nati»- Trikots mit der Methode Transferdruck gearbeitet. Dabei handelt es sich um ein indirektes Verfahren, bei dem ein Motiv zuerst auf ein Transfermedium (Papier oder Folie) gedruckt und dann unter Hitze und Druck auf das gewünschte Objekt übertragen wird. Dies geschieht in Handarbeit, bei der jedes Textil einzeln aufgespannt, das Motiv platziert und dann appliziert wird.

Neben Präzision ist Qualität ein zentrales Thema. Gedruckt wird Öko-Tex-zertifiziert und PVC-frei, was nicht nur den Vorschriften vom Ausrüster Puma entspricht, sondern auch eigenen Standards. Die Haltbarkeit sei ebenso entscheidend: «Ein Trikot muss 100 bis 200 Wäschen überstehen», so Hans Hübscher. Alle zwei Jahre erhalten die Teams eine neue Kollektion.

Auf die berühmte «Trikotgate»- Geschichte angesprochen (beim EM-Spiel der Männer 2016 gegen Frankreich rissen mehrere Shirts) müssen die Hübschers schmunzeln. «Beim ersten Trikot dachten wir: Kann ja mal passieren. Beim zweiten wurden wir misstrauisch. Und beim dritten sind wir direkt vom Public Viewing am Wasserturmplatz ins Büro gerannt – mit Puma am Telefon.» Zum Glück stellte sich schnell heraus, dass nicht der Druck, sondern die Polyesterherstellung fehlerhaft war. Heute testet Puma die Trikots vorgängig. «Beim Druck ist entscheidend, dass es nicht zu heiss wird», erklärt Hans Hübscher. Fehler, sagen beide, seien unbedingt zu vermeiden. Die Aufträge seien oft komplex, und die Drucke würden genauestens gemessen und kontrolliert. «In all den Jahren gab es vielleicht zwei Fehldrucke.»

Teamarbeit neben dem Platz
Für die Frauen-Europameisterschaft werden die Trikots der ersten drei Spiele vorbereitet – insgesamt 46 pro Match, jeweils 2 pro Spielerin. «Es ist wichtig, nicht zu viele vorzuproduzieren», sagt Maya Hübscher, «sonst müssen sie entweder vernichtet oder recycelt werden». Verletzungen, kurzfristige Änderungen im Aufgebot oder Staff verlangen nach hoher Flexibilität. «Man muss immer am Ball bleiben.» Die Arbeit im Hintergrund sei genauso Teamarbeit wie auf dem Platz. Dabei erfolge der Austausch mit dem SFV, Puma und weiteren Partnern auf Augenhöhe. Neben dem EM-Projekt laufen die übrigen Aufträge weiter. Allein für die Super League wurden zuletzt 22 000 Drucke gefertigt. Im Betrieb erfolgen pro Tag mehr als 1000 Aufdrucke.

Rein zahlenmässig ist die Bedruckung der Ausrüstung für die Fussball-Europameisterschaft der Frauen für CWL daher kein Grossauftrag. Die Bedeutung des Anlasses erachten die Hübschers dennoch als gross. «Das Turnier bringt viel Aufmerksamkeit. Für den Tourismus, für die Schweiz, aber vor allem für den Frauenfussball», sagt Maya Hübscher, die sich als grosser Fussballfan outet. «Vor zehn Jahren hat kaum jemand darüber gesprochen – jetzt ist die Begeisterung spürbar.»

Sie freut sich über die Professionalisierung des Frauensports und erachtet es als wichtig, diesen zu fördern. Am 1. Spiel der Schweizer «Nati» gestern Abend war auch sie vor Ort im Stadion und fieberte mit – im passenden Trikot natürlich.
Hans Hübscher hingegen sei weniger Fussballfan und werde im Betrieb die Stellung halten. Doch auch er sehe sich die Spiele an – im Fernsehen. Dabei erfülle es die beiden schon ein wenig mit Stolz, die eigens bedruckten Trikots im Fernsehen zu sehen. «Wir sehen dann jeweils nicht die Trikots, sondern die Arbeit dahinter.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote