Mit Anlauf nach Mollis
21.08.2025 Sport, Weitere SportartenFünf Oberbaselbieter treten am «Eidgenössischen» an
Vom Schwinger zum Stösser, vom Bauernhof zum Trainingsplatz und von der Leichtathletik zum Unspunnen-Stossen: Fünf Oberbaselbieter haben sich für das Steinstossen am «Eidgenössischen» in ...
Fünf Oberbaselbieter treten am «Eidgenössischen» an
Vom Schwinger zum Stösser, vom Bauernhof zum Trainingsplatz und von der Leichtathletik zum Unspunnen-Stossen: Fünf Oberbaselbieter haben sich für das Steinstossen am «Eidgenössischen» in Mollis qualifiziert. Angeführt von Benedikt Büchenbacher wollen sie zeigen, was im Baselbiet steckt.
Luana Güntert
«Achte auf die Beinstellung – sonst verlierst du den Schwung.» Benedikt Büchenbacher weiss, wovon er spricht. Als aktuell erfolgreichster Baselbieter Steinstösser gibt er seinen Kollegen beim Training in Wenslingen letzte Tipps mit auf den Weg. In wenigen Tagen treten fünf Oberbaselbieter am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) in Mollis an. Mit dem Ziel, nicht nur dabei zu sein, sondern mit starken Weiten auf sich aufmerksam zu machen.
Beim Training in Wenslingen mit dabei sind neben Büchenbacher seine beiden Vereinskollegen vom TV Wenslingen, Marco und Luca Lorenzoni, sowie Nonda Grieder vom TV Zeglingen. Dazu kommt am Esaf Patrick Thommen vom TV Thürnen.
Die besten Aussichten auf einen Spitzenplatz hat Büchenbacher selbst. Während er am Esaf 2022 «nur» mit dem 20- und 40-Kilo-Stein antrat – und dabei die Plätze 1 und 2 belegte –, wird er in Mollis zusätzlich in der Königsdisziplin starten: dem Unspunnen-Stossen mit dem 83,5 Kilo schweren Stein. «Mein Ziel ist es, in jeder Kategorie den Final zu erreichen. Zudem möchte ich mindestens mit einem der leichteren Steine gewinnen», sagt der 31-Jährige. Beim Unspunnen-Stein peilt er eine Weite von mindestens 3,80 Metern an.
Büchenbacher ist im Strumpf: An den Nationalturntagen in Rünenberg sicherte er sich am Wochenende drei Siege in den leichten Kategorien (die «Volksstimme» berichtete). Im Jahr 2024 wurde er am Jubiläums-Schwingfest in Appenzell Vierter, 2023 in Interlaken Fünfter am Unspunnen-Schwinget. Sein stärkster Konkurrent am Esaf dürfte Urs Hutmacher sein – aktuell der erfolgreichste Schweizer Stösser. «Wenn ich körperlich fit bin, kann ich meine Ziele erreichen», so Büchenbacher.
Ein zu voller Kalender
Ein Fragezeichen bleibt dennoch: Denn Büchenbacher ist auch als Diskuswerfer und Kugelstosser im Leistungssport aktiv. Am Wochenende – also nur wenige Tage – vor dem «Eidgenössischen» startet er an den Schweizer Meisterschaften im Kugelstossen und Diskuswerfen. «Das Steinstossen profitiert zwar vom Kraft- und Athletiktraining, aber die Disziplinen beissen sich – vor allem terminlich», sagt er. Der Körper müsse beim Steinstossen Schwerstarbeit leisten, während beim Diskuswerfen Lockerheit gefragt sei – die durch den Umgang mit schweren Steinen verloren gehen könne. Wird es Benedikt Büchenbacher schaffen, beides unter einen Hut zu bekommen?
Seit Kurzem wird Büchenbacher von einem neuen Sponsor unterstützt, der «Metzgerhuus Stadt und Land AG». Der Name des Unternehmens passt zu seiner Einstellung: Obwohl der 2-Meter-Mann seit Jahren in Basel lebt und dort in der Leichtathletiksektion des BSC Old Boys trainiert, ist ihm die Nähe zu seiner Heimat Wenslingen wichtig. Deshalb komme es für ihn auch nicht infrage, sich einen stadtnahen Turnverein zu suchen, wo er das Steinstossen trainieren kann. «Für mich gehören Steinstossen und Wenslingen einfach zusammen», so der Wahl-Basler.
Vom Schwinger zum Stösser
Nonda Grieder bringt vor allem viel Esaf-Erfahrung als Zuschauer mit: Der Zeglinger war bei den jüngsten Austragungen stets als Fan dabei – und 2022 in Pratteln sogar als Assistent der Geschäftsleitung im Einsatz. Sportlich ist der 26-Jährige dieses Jahr erstmals Teil des offiziellen Teilnehmerfelds. Grieder ist nicht nur Turner des TV Zeglingen, sondern auch als Schwinger beim Schwingklub Liestal aktiv. Schulterprobleme machten dem Traum vom Esaf im Sägemehl-Ring jedoch vor Langem ein Ende und er schwingt nur noch «plauschmässig». «Mit meiner linken Schulter geht es nicht mehr. Aber die rechte funktioniert – also stosse ich jetzt Steine.»
Grieder startet in Mollis mit dem 20-Kilo-Stein. Sein Ziel: eine Top-Ten-Platzierung und somit zwei Ränge besser als in der Qualifikation. «Ich habe einen technisch guten Anlauf, das ist meine Stärke. An der Kraft arbeite ich noch», sagt er. Unterstützung erhält er vom TV Zeglingen, der ihm einen Kraftraum zur Verfügung stellt.
Zwei Brüder, zwei Geschichten
Für Marco Lorenzoni, der mit dem 20- und 40-Kilo-Stein antritt, stehen weniger die Platzierungen im Vordergrund als das Erlebnis: «Ich möchte mich am 30. August einfach so fühlen, dass ich mein Bestes geben kann», sagt der ältere der beiden Lorenzoni-Brüder. Der gesellige Teil sei ihm genauso wichtig wie der sportliche – besonders der Austausch mit Vereinskollegen und Stössern aus anderen Regionen. Aktuell sei er jedoch nicht in Topform: Auf dem Bauernhof, den er mitführt, sei zurzeit viel zu tun – Zeit für spezifisches Training bleibe kaum.
Bruder Luca hatte zunächst gar nicht mit einer Teilnahme gerechnet. Eine Operation an der Bizepssehne im vergangenen November warf ihn zurück. Weil er in der Qualifikation zu wenig weit stiess, verpasste er mit Rang 26 zunächst den Sprung ins Teilnehmerfeld mit dem 40-Kilo-Stein. Doch kurzfristige Ausfälle zweier anderer Athleten ermöglichten ihm, auf Rang 24 vorzudringen und sich so als Letzter doch noch die Teilnahme zu sichern – ein Erfolg für den 29-Jährigen, der sich derzeit noch im Muskelaufbau befindet.
Routiniert und gelassen
Patrick Thommen bringt am meisten aktive Esaf-Erfahrung mit – zumindest, was die Oberbaselbieter Delegation betrifft. Der 40-Jährige wird in Mollis zum vierten Mal an einem «Eidgenössischen» antreten, mit dem 20- und 40-Kilo-Stein. «Mein Ziel habe ich bereits erreicht. Alles, was jetzt noch kommt, ist Zusatz», sagt er. Trainiert wird im TV, ergänzt durch Hanteltraining zu Hause.
Zwar sei es nicht ungewöhnlich, auch mit 40 noch aktiv zu sein, doch die Regeneration brauche heute deutlich länger als früher: «Vor 10, 15 Jahren war ich schneller wieder erholt. Immerhin arbeite ich heute im Büro – das schont den Körper mehr als früher», sagt Thommen. Gemeinsam mit seiner Partnerin wird er bereits am Donnerstag nach Mollis reisen und das Fest vor Ort geniessen. Übernachtet wird – wie gewohnt – im Camper auf dem Festgelände.
Beim Training in Wenslingen ist die Stimmung konzentriert, aber gelassen. Die vier wissen: Viel Zeit bleibt nicht mehr. Trotzdem spürt man, dass das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2025 für sie einen anderen Charakter hat als jenes vor drei Jahren im eigenen Kanton. «Das ‹Eidgenössische› im Baselbiet war allen präsent. Jenes in Mollis weniger», sagt Luca Lorenzoni. Die Unterstützung aus der Heimat sei dennoch spürbar, ergänzt Büchenbacher: «Ich habe von einigen Wenslingern gehört, dass sie uns in der Steinstoss-Arena anfeuern werden.» Ob es wieder eine solche Kulisse wie 2022 in Pratteln gibt, sei fraglich – doch an Motivation mangelt es den fünf Oberbaselbietern nicht.
An der Beinstellung wird bis dahin noch gearbeitet. Ein bisschen Zeit bleibt ja noch bis zum Saison-Highlight.