«Meine Nerven kann ich für anderes brauchen»
11.10.2024 Sport, FussballNach dreieinhalb Jahren verlassen Trainer Marcel Rossoneri und sein Assistent Gleison Silva die AC Rossoneri. Viele Absenzen und ständiges Suchen von Ersatz gibt Hottiger der Grund für seinen Abgang an. Streit habe es jedoch nie gegeben und er werde der ACR als Fan erhalten bleiben.
...Nach dreieinhalb Jahren verlassen Trainer Marcel Rossoneri und sein Assistent Gleison Silva die AC Rossoneri. Viele Absenzen und ständiges Suchen von Ersatz gibt Hottiger der Grund für seinen Abgang an. Streit habe es jedoch nie gegeben und er werde der ACR als Fan erhalten bleiben.
Luana Güntert
Ein guter Saisonstart sieht anders aus: Mit nur vier Punkten aus neun Partien befindet sich die AC Rossoneri in der 2. Liga im Tabellenkeller. Schon vor und zu Beginn der Saison klagte Trainer Marcel Hottiger über zu viele Ferienabsenzen und Verletzte im Training und an den Spieltagen. Nun ziehen er und sein Assistent Gleison Silva die Reissleine und verlassen das Lausner Team per sofort. Das gab der Verein am Mittwochabend via Instagram bekannt.
«Gleison und ich haben einen möglichen Rückzug schon mehrmals diskutiert», sagt Hottiger auf Anfrage. Das «I-Pünktchen», wie er es nennt, sei dann aber das Meisterschaftsspiel am vergangenen Samstag gegen den FC Amicitia Riehen gewesen, das die Rossoneri mit 2:5 verloren haben. «Acht Stammspieler haben mir für den Match am Samstag abgesagt», so Hottiger. Er musste sich am Freitagabend darum kümmern, ehemalige Spieler und Senioren für die Partie aufzubieten. Schliesslich musste sogar Assistenztrainer Gleison Silva in die Bresche springen und sein Team als Innenverteidiger unterstützen. «Meine Nerven kann ich für anderes brauchen, als an einem Freitagabend per Telefon nach Ersatz zu suchen.»
Nach dem Spiel gegen Riehen haben sich Hottiger und Silva dazu entschieden, Sportchef Luca Mulas ihren Entscheid mitzuteilen. «Wir hatten nie ‹Lämpe› oder so», betont Hottiger. Er und sein Assistent seien einfach müde gewesen, ständig Absenzen besetzen zu müssen.
«Kein 2.-Liga-Niveau»
Hottiger erklärt, dass die ACR ihren Spielern kein Salär bezahle. Dies wirke sich darauf aus, wie Spieler mit Absenzen umgehen. «Am Wochenende gingen einige ans Oktoberfest und andere spontan mit ihren Eltern in die Ferien», sagt Hottiger. Bei einem kleinen Verein hätten solche Absagen drastische Auswirkungen. Während der laufenden Saison und schon in der Vorbereitung hätten immer wieder Spieler gefehlt. «Deshalb ist unser Niveau sicher nicht auf dem einer 2.-Liga-Mannschaft.»
Vereine auf dem Land hätten finanziell andere Möglichkeiten wie stadtnahe Klubs, so Hottiger. «Das merkt man auch beim Sponsoring.» Trotz seines Abgangs ist der 72-Jährige stolz und dankbar für seine Zeit in Lausen: «Als ich das Team vor dreieinhalb Jahren übernommen habe, rettete ich es sozusagen. Sonst hätte sich die Mannschaft wohl aufgelöst.»
Frischer Wind
ACR-Sportchef Luca Mulas sieht das ähnlich wie Hottiger, und zeigt sich ihm und Silva gegenüber dankbar. «Wir müssen der Realität ins Auge schauen und nun das Beste daraus machen», so Mulas.
«Das Beste» heisst im Lausner Fall Antonio Membrino. Der Itinger übernimmt die Lausner Zweitligisten per sofort. Innert 24 Stunden sei der neue Trainer kontaktiert und unter Vertrag genommen worden, sagt Mulas. Mit dem 56-jährigen Membrino übernimmt ein Mann, der «einen tollen Rucksack» an Erfahrungen mitbringe.
«Antonio hat es als Spieler bis in die Nationalliga B geschafft und danach als Trainer verschiedene Juniorenteams des FC Basel trainiert, als letzte Station in Basel die U21», so Mulas. Als 2020 die Corona-Pandemie den Fussballbetrieb lahmlegte, musste er den FCB verlassen. Bis vor wenigen Wochen war Membrino Trainer des FC Lausen. Er war nicht nur als Co-Trainer unter Persönlichkeiten wie Raphael Wicky oder Massimo Ceccaroni beim FCB tätig, er war in seiner Aktivzeit auch Spieler von Marcel Hottiger.
«Wir hoffen, dass der neue Trainer frischen Wind ins Team bringt», sagt Sportchef Mulas. Auch Hottiger sieht im Trainerwechsel eine Chance: «Das gibt einen neuen Impuls im Team.» Er und Silva hätten ihren Pulver bereits verschossen.
Der 72-jährige Hottiger möchte vorerst kein neues Traineramt übernehmen und zuerst «durchatmen» und als Fan die restlichen Spiele der ACR verfolgen. «Aber natürlich würde es mich reizen, bei einem gut aufgestellten Klub anzuheuern.» «Gut aufgestellt» sei für ihn die AC Rossoneri: «Es ist ein grandioser Klub mit viel Herzblut.» Er denkt, dass es ihn und Assistent Silva später eher Richtung Stadt ziehen werde.
Vorerst kein 5.-Liga-Team mehr
lug. Kürzlich hat sich die zweite Mannschaft der AC Rossoneri in der 5. Liga zurückgezogen. Sportchef Luca Mulas sagt dazu: «Viele junge Spieler mussten infolge von Verletzungen teilweise in zwei Mannschaften spielen: sowohl im 5.-Liga-Team als auch bei den A-Junioren.» Die Doppelbelastung sei zu gross geworden und habe schlussendlich zum Rückzug des 5.-Liga-Teams geführt. «Unser Ziel ist es aber, bereits im Winter oder im Sommer wieder ein 5.-Liga-Team zu stellen.» Dadurch erhielten die Jungen wichtige Spielpraxis im Herrenfussball, so Mulas.