Max Utiger, Sissach
04.07.2025 Sissach«Wie die Herzen bluten, wenn ein liebes Leben erlischt.» So hat Jeremias Gotthelf in einer Kapitelüberschrift seines «Anne Bäbi Jowäger» treffend den Zustand beschrieben, beim Verlust eines geliebten Menschen. Was bleibt, sind Erinnerungen. Erinnerungen, die ...
«Wie die Herzen bluten, wenn ein liebes Leben erlischt.» So hat Jeremias Gotthelf in einer Kapitelüberschrift seines «Anne Bäbi Jowäger» treffend den Zustand beschrieben, beim Verlust eines geliebten Menschen. Was bleibt, sind Erinnerungen. Erinnerungen, die helfen, den Verstorbenen nicht zu vergessen.
Blickt man auf das Leben von Max Utiger-Gysin zurück, der am 13. Juni im Alter von 101 Jahren verstorben ist, wird einem bewusst, wie reich, aber zeitweise auch entbehrungsreich sein Leben war.
Max Utiger, geboren am 2. Juni 1924 und aufgewachsen im beschaulichen Dorf Zauggenried im Bernbiet, wo seine Eltern ein Gasthaus führten, musste schon als kleiner Bube im Betrieb mithelfen. Nach dem frühen Tod seines Vaters und einer schweren Krankheit seiner Mutter müssen sie den Gasthof aufgeben. Zusammen mit der Grossmutter und dem sieben Jahre älteren Bruder ziehen sie zu Verwandten auf einen Bauernhof, wo sie im «Stöckli» eine Bleibe finden.
Ruhe, Bescheidenheit und Harmonie sind Max Utigers Eigenschaften, die geholfen haben, die Krisenzeit in den 1930er-Jahren und den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als Kind und Jugendlicher zu überstehen. In diese Zeit fällt auch der Entscheid, wohl unter dem Eindruck der damals herrschenden Arbeitslosigkeit, der SP beizutreten.
Auf der Suche nach einer Lehrstelle als Metzger wurde Max Utiger in der ehemaligen Metzgerei Ochsen in Langenbruck fündig. Nach erfolgreich absolvierter Lehre und einem Jahr auf Wanderschaft strandet er in Sissach, wo er drei Jahre in der ehemaligen «Schlyyffi-Metzg» von Franz Grieder arbeitet.
Wie hat Max Utiger richtig gesagt: «Man muss halt im richtigen Moment am richtigen Ort sein.» Margrit Gysin ist Köchin im ehemaligen Restaurant Brüggli in Sissach, das von ihren Eltern geführt wird. Wohl angetan von den Kochkünsten der Köchin, verliebt sich Utiger in die junge Frau. Schon bald wird geheiratet und ein paar Jahre später kommt Tochter Ursula zur Welt, die jetzt in Deutschland wohnt.
Frisch verheiratet und besorgt, der Familie ein möglichst angenehmes Leben zu bieten, wechselt er als Metzger nach Basel zum ACV (Coop), wo er 23 Jahre im Schlachthof und in der Küche arbeitet.
Bestrebt, Gutes zu tun, engagiert sich Utiger in der Gemeindepolitik. Nach acht Jahren in der Gemeindekommission wird er 1968 in den Gemeinderat gewählt. 24 Jahre im Amt, am Schluss als Vizepräsident, kümmert er sich mit viel Engagement um die Belange der Gemeinde Sissach. Die sachliche Diskussion und die Suche nach Lösungen standen immer im Vordergrund.
Neben seiner Familie galt seine Liebe dem Mofa. Bis ins hohe Alter unternahm er Fahrten im Dorf, immer bereit für einen Schwatz.
Im Jahr 1971 wird Max Utiger zum Friedhofsgärtner gewählt. Eine schwere Arbeit. Mussten die Gräber anfänglich noch von Hand ausgehoben werden.
Neben der Arbeit blieb aber auch immer noch Zeit, um sich zusammen mit seiner Ehefrau gemeinnützigen Aufgaben zu widmen. Legendär waren unter anderem die Suppen, die unter der kundigen Führung von Ehefrau Margrit jeweils am Suppentag den Suppenkessel verliessen.
Im Jahr 2010 stirbt Ehefrau Margrit. Ein schwerer Schlag für Max Utiger, plötzlich ohne seine ihn umsorgende Ehefrau allein in der Wohnung zu sein. Nach einer komplizierten Operation und auf sanften Druck seiner Tochter Ursula und Nichte Yvonne Schaffner entschliesst sich Utiger im Jahr 2018, ins Zentrum für Pflege und Betreuung Mülimatt in Sissach zu zügeln. Ein Entscheid, den er keine Minute bereut hat.
Am 13. Juni 2025 hat Max Utiger nach einem kurzen Aufenthalt im Kantonsspital Liestal die Augen für immer geschlossen. Zurück bleibt die Erinnerung an einen Mann, der Sissach mit seiner umgänglichen Art prägte. Oder wie es Max Utiger anlässlich seines 100. Geburtstags ausdrückte: «Mit Zufriedenheit zurückzuschauen und dankbar zu sein für alles Schöne, das man erleben durfte.»
Heiner Oberer