«Man sieht keine Chance mehr»
02.10.2025 LäufelfingenAuswandererfamilie Kunz muss umdenken
Die Familie Kunz wanderte 2019 an die Nordsee aus und machte sich selbstständig. Nun muss Sacha Kunz seinen Imbisswagen aufgeben – aus wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen.
Brigitte Keller
...Auswandererfamilie Kunz muss umdenken
Die Familie Kunz wanderte 2019 an die Nordsee aus und machte sich selbstständig. Nun muss Sacha Kunz seinen Imbisswagen aufgeben – aus wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen.
Brigitte Keller
«Ist das nicht …?» Solche Sätze hörten Sacha und Brigitte Kunz am Sonntag, als sie eine Stippvisite in der alten Heimat machten und ein Spiel des FC Basel besuchten. Nicht wenige erkennen die ausgewanderten Oberbaselbieter. Sacha Kunz und seine Frau Brigitte waren in der 11. Staffel der SRF-Sendung «Auf und davon» zu sehen gewesen und auch danach verfolgten die Medien, wie es den Imbisswagen-Betreibern an der Nordseeküste ergangen ist.
Auf die News, die vor wenigen Tagen zu lesen waren, hätte Sacha Kunz gerne verzichtet. Von «geplatzten Träumen» war die Rede. Sogar dem «Blick» war die Tatsache, dass Kunz seinen Imbiss-Standplatz aufgegeben hat, eine Schlagzeile wert. Und die Kommentare von denen, die schon immer alles besser wussten, liessen nicht lange auf sich warten. Persönlich angesprochen wurde die Familie Kunz nur von Leuten, die sie für ihren Mut bewunderten, und die ihr Bedauern aussprachen, dass sie jetzt aufhören müssen.
Bevor die Familie aus Läufelfingen an die deutsche Nordseeküste ausgewandert war, verbrachten sie viele Jahre ihre Ferien dort. 2019 wagten sie das Abenteuer, wanderten nach Dorum aus und erfüllten sich mit dem «Küsten-Imbiss» den Traum von der Selbstständigkeit. Sacha Kunz freute sich auf die neue Herausforderung und die Arbeit, die damit verbunden war.
Der Start war herausfordernd, aber gelungen. Familie Kunz wurde herzlich aufgenommen und alles war bereit, um mit dem Imbisswagen durchzustarten. Bekanntlich folgten dann zwei Jahre coronabedingte Einschränkungen. Als diese durchgestanden waren, kam das Geschäft 2022 richtig in Fahrt. «Wir machten 200 000 Euro Umsatz während der achtmonatigen Saison», erzählt Sacha Kunz. Als Gäste konnten Tagesausflügler wie auch Stammkunden von Campingplätzen begrüsst werden. Regelmässig schauten auch Gäste aus der Schweiz vorbei.
So hätte es weitergehen können. Doch die Gästezahl nahm ab. Viele Deutsche reisten wieder vermehrt ins Ausland und gleichzeitig konnten sich andere weniger oft leisten, auswärts zu essen. «Die Inflation hat in Deutschland voll zugeschlagen», sagt Brigitte Kunz, «das kann man sich in der Schweiz gar nicht vorstellen.» Ihr Mann fügt an: «Zudem werden Selbstständige brutal geschröpft vom Finanzamt, dass man irgendwann keine Chance mehr sieht.»
Schmerzende Knie und künstliche Kniegelenke forderten ebenfalls ihren Tribut. «Die Operation diesen April in Hamburg ist sehr gut verlaufen», erzählt Sacha Kunz. Doch der Entscheid, die Reissleine zu ziehen und den letzten Standplatz am Gewerbehafen aufzugeben, änderte sich nicht mehr. «Am letzten Tag machten wir Umsatz wie verrückt», sagt Kunz, was für ihn widersprüchliche Gefühle hinterliess.
Sohn macht weiter
Sohn Kevin betreibt seinen eigenen Getränkewagen. Dieser bleibt in der jetzigen Form bis Ende Saison 2026 bestehen. Ab 2027 müssen sich Betriebe in Dorum mit neuen Konzepten für neu geplante Containerstände bewerben. Welche finanziellen Aufwendungen das bedingen wird und ob die gewünschten Gäste in der nötigen Zahl damit angesprochen werden, muss sich zeigen.
Sacha Kunz’ Imbisswagen kann weiterhin für Anlässe und Caterings gebucht werden. Dieses Angebot will der Gastgeber weiterführen. Er hat zudem eine Vollzeitstelle angenommen für den Betrieb eines Fischrestaurants. Ein sicheres Einkommen ersetzt den täglichen Umsatz-Druck und geregelte Arbeitszeiten bringen dem Paar hoffentlich wieder mehr gemeinsame Freizeit.