Maga ist mega
17.10.2025 Polizei«Mega» ist mega im Trend. Zumindest in der gesprochenen Sprache und in Interviews mit den nicht auszurottenden «jungen Talenten» an der Europameisterschaft. Gemeint ist das zweifellos denkwürdige Fussballturnier der Frauen, das von den Medien gefeiert wird, als wäre ...
«Mega» ist mega im Trend. Zumindest in der gesprochenen Sprache und in Interviews mit den nicht auszurottenden «jungen Talenten» an der Europameisterschaft. Gemeint ist das zweifellos denkwürdige Fussballturnier der Frauen, das von den Medien gefeiert wird, als wäre das Rad ein zweites Mal erfunden worden. Gab es da nicht mal Deutschlands «Sommermärchen» 2006 oder bei uns die Männer-Europameisterschaft zwei Jahre später?
Alles ist «mega», beteuern alle Interviewten unterhalb der Midlife-Crisis-Schwelle ins Mikro-, nicht ins Megafon. Für Sissach und Umgebung steht das Wort auch für «Mehr als eine Gewerbeausstellung», für den Rest der deutschsprachigen Welt handelt es sich wie Aromat um einen Geschmacksverstärker für Adjektive: eine mega schöne Aussicht, ein mega feines Nachtessen, ein mega lustiger Witz. Notfalls kann auf «schön», «fein» und «lustig» verzichtet werden, «mega» Wetter reicht.
Dort, wo einst «sehr», «ausserordentlich» oder, im Schwyzerdütsch, «huere» diente, hat nun das vierbuchstabige Modewort das Sagen. Immerhin kann es sich griechischer Wurzeln rühmen und steht in der Wissenschaft für eine Million. Wir begegnen ihm in Megatonnen, Megawatt und Megahertz – es ist vergleichbar mit einem Kilo. Das steht für «tausend». Ein Kilo Kilo ergibt damit ein Mega.
Konkurrenz erwächst «Mega» in Nordamerika durch «Maga». Das Wort hat ebenfalls mit der Grösse zu tun und wurde vom bedeutendsten Baseballmützen-Träger aller Zeiten ersonnen. Die Abkürzung steht für «Make America great again». Es fordert, dass die USA in alter Blüte erstrahlen sollen, falls es diese je gab. Selbstverständlich werden die vier zu einem Wort vereinten Anfangsbuchstaben allesamt gross geschrieben. Das verwundert nicht, nimmt es doch sein Erfinder selbst in offiziellen Briefen mit der Gross- und Kleinschreibung auch nicht allzu genau.
Dabei sind zumindest in der Muttersprache Goethes die Regeln für Abkürzungen heute klar: Sie werden ab einer Länge von vier Buchstaben (natürlich abgesehen vom Anfang) kleingeschrieben, vorausgesetzt sie lassen sich als Wort aussprechen. Beispiele hierfür sind Fifa und Uefa im Fussball, im Schwingen aktuell natürlich das Esaf, in der Politik das Uvek und die Efta oder Unicef und Unesco. Das Hilfswerk, das im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg in die Schlagzeilen geraten ist, wird UNRWA abgekürzt, da es sich nicht als Wort aussprechen lässt. Da hat ihm das Heks etwas voraus.
In einem Gesundheitsmagazin wurde kürzlich in einem Beitrag über die Folgen von Corona berichtet und dabei «Covid», die Abkürzung für Coronavirus Disease, in Titel und Text konsequent in Grossbuchstaben gesetzt. Das ist falsch. Gleiches gilt für den Fernseh-Tipp «NATO – Alte Freunde, neue Fronten», in dem der Name des Bündnisses kürzlich überall in Grossbuchstaben, Versalien in der Fachsprache, geschrieben stand.
Diese Regel gilt selbst für das Baselbiet: Wir schreiben Kasak (für das kantonale Sportanlagen-Konzept) und
– ein besonders prächtiges Exemplar –, Vagsprosa für die sinnvolle Einrichtung des Kantons für «Verfassungsauftrag Gemeindestärkung, Projekt Steuerungsausschuss». Das nächste Gemeindefusionsprojekt heisst «Rükize» für Rünenberg/Kilchberg/Zeglingen. Aber die abtretende Regierungsrätin Monica Gschwind leitet bis Ende Jahr die BKSD, die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion.
Diese Art von Abkürzungen erleichtert uns das Leben und Lesen erheblich. Oft haben sie sich sogar so stark emanzipiert, dass wir ihre ursprüngliche Bedeutung nicht mehr oder kaum mehr kennen: ARD, CEO, SMI und Neuling LGBTQ. DNA steht übrigens für Deoxyribonukleinsäure. Hingegen sind im Journalismus und bei seinem grossen Bruder, dem Verfassen von Büchern, diese verfl. Abk. tabu. Sie hemmen bzw. bremsen den Lesefluss. So wird in Lauftexten z. B. auf resp., auf d. h., auf %, erst recht auf & und + sowie auf usw. verzichtet.
Doch zurück zur Mützenaufschrift. Dass die «bz» (sie schreibt sich traditionell klein, um sich von der «BZ», der «Berner Zeitung», abzuheben) in ihrem Auslandteil kürzlich im Titel von der «Maga-Bewegung» schrieb, ist korrekt. Dass die gleiche Zeitung vier Tage zuvor die «MAGA-Bewegung» im Titel führte, ist entsprechend falsch. Auch der «Sonntagsblick» berichtete zuletzt von «MAGA-Mützen».
Wenige Tage zuvor versah wiederum die «bz» das (bewusste) Einschmeicheln von Nato-Generalsekretär Mark Rutte beim Mützenmann bis zum Kopieren seines orthografischen Ticks mit dem Titel «Europa zahlt GROSS ein». Falsch? Nein, diese Überschrift ist schlicht GROSSARTIG. Oder mega.
Jürg Gohl