«Machen, sonst passiert es nie»
22.07.2025 Kultur, HölsteinPremiere eines neuen Festivals bei der Holdenweid
Klassische und elektronische Musik in einem Festivalformat zusammenbringen, das ist die Idee hinter dem neuen «Between Mountains Festival». Mehr als 40 Acts bespielten am Wochenende während 24 Stunden das Impulszentrum ...
Premiere eines neuen Festivals bei der Holdenweid
Klassische und elektronische Musik in einem Festivalformat zusammenbringen, das ist die Idee hinter dem neuen «Between Mountains Festival». Mehr als 40 Acts bespielten am Wochenende während 24 Stunden das Impulszentrum Holdenweid in Hölstein.
Brigitte Keller
Eine passende Spielstätte für das neue Festivalformat zu finden, sei der schwierigste Part gewesen. Dies sagt Felix Heri, einer der vier Hauptakteure hinter dem neuen Festival «Beetween Mountains». «Es gehört zur Idee, dass das Festival ausserhalb der Zentren stattfindet. Es soll ein Ort sein, an den man bewusst hinfährt und für sich ist.»
Auf dem kurzen Fussweg durch den Wald in Hölstein zur Holdenweid hört man zuerst nur Vogelgezwitscher, das Plätschern eines kleinen Bachs und die Tropfen des Regens, der nach dem Mittag eingesetzt hat. Als das Ziel näherkommt, dominieren bald die ersten Beats von «Sutsche», einem DJ-Duo aus Hamburg, das die Bühne «Garage» zu dieser Zeit bespielt.
Die Idee zu einem Festival, das die gesellschaftlichen und intellektuellen Barrieren klassischer Musik abbaut, hatten Felix Heri und Baldur Brönnimann schon vor ein paar Jahren. Kennengelernt haben sie sich beim Orchester «Basel Sinfonietta». Heri ist Kulturmanager und war dort zuvor Geschäftsführer, Brönnimann ehemaliger Chefdirigent. «Als Baldur Brönnimann als Dirigent am ‹Detect Classic Festival› in der Nähe von Berlin zurückkam, erzählte er, dass dieses Festival genau in die Richtung gehe, wie wir uns das vorgestellt hatten», erzählt Heri, «ich solle mir das unbedingt anschauen gehen.»
Der Kanton gab den Tipp
Im Jahr 2022 besuchte Heri das Festival in Berlin und verstand sich auf Anhieb mit den dortigen Veranstaltern. Die Idee, das Format in ähnlicher Form in der Schweiz realisieren zu wollen, war geboren. Vieles konnte übernommen respektive adaptiert werden. Da das Festival in der Schweiz aber keine reine Kopie sein soll, habe man sich bewusst für einen eigenständigen Festivalnamen entschieden, so Heri.
Zusammen mit Konstantin Udert und Joseph Varschen aus dem Kernteam des «Detect Classic Festivals» gründeten sie in Basel einen Verein mit dem Ziel, hier ein Festival zu organisieren.
Als passender Ort fand sich, nach längerer Suche, das Impulszentrum Holdenweid. Gemäss Cornelia Huber, Präsidentin der Stiftung Holdenweid, hat sich der Verein während der Suche auch an Esther Roth gewandt, die Leiterin des Amts für Kultur des Kantons Baselland. Roth habe mehrere Orte vorgeschlagen, unter anderem eben auch jenen in Hölstein. «Eine spannende Idee und auch für uns etwas ganz Neues», sagt Huber. Es wurde ein Mietvertrag für fünf Tage abgeschlossen. «Wir stellen den Ort zur Verfügung und beherbergen die ganze Crew, die gut 80 Personen umfasst», so Huber von der Holdenweid.
«Dieser Ort ist ein begehbares Kunstwerk, ein absoluter Schatz», meint Joseph Varschen, einer der Programmverantwortlichen. «In der klassischen Musik nennt man meine Funktion ‹künstlerischer Leiter› und in der elektronischen Musik ‹Booker›, hier mischen wir beide Welten zusammen», erklärt er, seines Zeichens auch künstlerischer Leiter des «grossen Schwestern-Festivals» in Berlin – und vom Umfeld gerne als «Urkraft» bezeichnet.
Mehr als zwei Jahre habe es gedauert, bis der Plan stand. «Und dann kommt man an den Punkt, an dem man weiss: Jetzt muss man es einfach machen, sonst passiert es nie – und hier sind wir», so Varschen. Ein Vorteil sei, dass sie Künstlerinnen und Künstler nach Hölstein oder nach Berlin – oder gar an beide Orte einladen könnten.
Auf dem Festivalgelände Holdenweid standen vier Auftrittsorte zur Verfügung, zwei Bühnen draussen und zwei drinnen. So wurde beispielsweise der lichtdurchflutete Seminarraum im Dachstock in eine Chillout-Location umgewandelt. Dort hatte am Samstagnachmittag Harfenistin Vera Schnider einen ihrer beiden Auftritte. Sie tritt an Konzerten auf der ganzen Welt auf und unterrichtet an der Musikschule der Schola Cantorum Basiliensis, amtet als Expertin der Basler Kulturförderung und ist eine der Kuratorinnen des Musikfestivals Bern. So nahe an ihrem Wohnort gab sie bisher noch kein Konzert, sagte die Künstlerin bei der Begrüssung des Publikums. Sie ist in Waldenburg zu Hause.
Magischer Cellobogen
Ebenfalls ein grosses Publikum konnte das Streichquartett «Turicum Quartet» auf der zweiten Indoorbühne im grossen Saal begrüssen. Das Quartett, bestehend aus vier individuellen Stimmen aus vier unterschiedlichen Ländern, begeisterte mit Stücken von Chopin und weiteren berühmten Komponisten sowie dazwischen mit einem selbstverfassten experimentellen Teil.
Die grosse Bandbreite an Dargebotenem machte die Wahl nicht einfach. Ein weiteres Highlight war – als die Sonne wieder das Wetterzepter übernahm – die Performance von Klangkünstler Andi Otto. Im Zentrum seiner Arbeit steht die Erforschung von experimentellen Mensch-Maschine-Schnittstellen in der elektronischen Musik. Als Künstler performt er mit seinem selbst entwickelten Sensorbogen «Fello», der seinen Cellobogen in ein gestisches Klanggerät verwandelt. Wie ein Meisterkoch griff er zudem immer wieder auf «Zutaten» vom danebenliegenden «Mischpult»: noch etwas hiervon und noch etwas davon.
«Between Mountains» ist ein Liebhaberfestival für Leute, die Neues entdecken wollten. Sicherlich habe es auch etwas dabei, das einem nicht gefalle, aber man könne immer sicher sein, dass man die höchste Qualität, oder anders ausgedrückt, die «State-of-the-Art» des jeweiligen Genres geboten bekomme, so die Verantwortlichen. «Wir werden nie Massenware sein, wir wollen eine ‹Boutique-Veranstaltung› bleiben.»