Lange Suche nach dem Pendant
25.02.2025 TecknauDie eine Hälfte eines riesigen Toblerone-Werbeschilds aus den 1920er-Jahren ist seit fünf Jahrzehnten im Besitz des Tecknauer Sammlers Heinz Spinnler. Jetzt hat er endlich die passende zweite Hälfte dazu entdeckt. Doch das Happy End ist noch nicht in Sicht.
David ...
Die eine Hälfte eines riesigen Toblerone-Werbeschilds aus den 1920er-Jahren ist seit fünf Jahrzehnten im Besitz des Tecknauer Sammlers Heinz Spinnler. Jetzt hat er endlich die passende zweite Hälfte dazu entdeckt. Doch das Happy End ist noch nicht in Sicht.
David Thommen
Diese Geschichte dreht sich um ein Toblerone-Emaille-Werbeschild, das vermutlich Mitte der 1920er-Jahre produziert worden ist. Entworfen wurde es vom Schweizer Maler und Plakatkünstler Emil Cardinaux (1877–1936) und zeigt eine Toblerone in ihrer unnachahmlichen Form vor dem ebenso markanten Matterhorn. Die Masse des Schildes, das in zwei Teilen gefertigt wurde, sind mit einer Breite von knapp 2,60 Metern und einer Höhe von fast 2 Metern riesig, ebenso beträchtlich ist sein Gewicht.
Diese beständigen Emaille-Werbeschilder wurden in einer Auflage von vermutlich nur wenigen Hundert Stück gefertigt und waren verteilt über die ganze Schweiz während Jahrzehnten zu sehen. Heute, 100 Jahre später, haben sie einen enormen Wert. Ein ähnliches – allerdings eher schlecht gealtertes – Exemplar wird derzeit auf einer Schweizer Versteigerungsplattform für ein Anfangsgebot von 29 500 Franken oder einen Sofort-Kaufpreis von 31 000 Franken angeboten.
«Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand diesen Fantasiepreis bezahlt», sagt Heinz Spinnler (70) aus Tecknau, der seit Jahrzehnten selbst vor allem Schokoladen-Emailleschilder sammelt und rund 50 Stück verschiedenster Grössen und Marken zu seinem Bestand zählt. Doch die aktuelle Auktion verdeutlicht, wie rasant die Preise für historische Werbeschilder in den vergangenen Jahren gestiegen sind – eine Entwicklung, die Spinnler durchaus freut.
Denn seit den frühen 1970er-Jahren besitzt er eines der begehrten Toblerone-Schilder – zumindest den rechten Teil davon. Auf seinem Exemplar ist lediglich «RONE» zu lesen, die andere Hälfte mit «TOBLE» hat er seit mehr als 50 Jahren gesucht, aber nie gefunden.
Zum Verkauf für 4500 Franken
Da die Vervollständigung nie gelang und das Schild ungenutzt bei Spinnler herumstand, bot er es vor einiger Zeit zum Verkauf an – für 4500 Franken. Zwar fand sich niemand, der den Betrag bezahlen wollte, doch dank seiner Ausschreibung kam Spinnler überraschend in Kontakt mit einem Privatmann aus Deutschland, die sich gewissermassen in der gleichen misslichen Lage befindet. Auch er besitzt nur eine Hälfte des Schildes, und zwar die passende linke Seite.
«TOBLE» und «RONE» haben sich also endlich gefunden. Doch aus dieser Entdeckung ist nun eher ein Dilemma geworden. Denn während jede der beiden Hälften für sich genommen einen überschaubaren Preis hat, würde die Kombination der Teile den Wert vermutlich markant steigern und über der Summe der Einzelteile liegen. 50 plus 50 ergäbe für einmal wohl deutlich mehr als 100 Prozent. Spinnler sagt, dass er dem deutschen Besitzer seine Schildhälfte gleichwohl zum ursprünglich geforderten Preis von 4500 Franken angeboten habe. Doch dieser scheine nun vor allem daran interessiert, ihm seinen Teil zu einem deutlich höheren Preis zu verkaufen, um vorsorglich vom erwarteten Wertzuwachs des vollständigen Werks zu profitieren. Spinnler lehnt ab: «Wie viel man für das vollständige Schild letztlich verlangen kann, steht in den Sternen. Und an Fantasiepreise glaube ich wie gesagt nicht.» Momentan spiele er sogar mit dem Gedanken, das Schild für sich zu behalten, sollte es ihm jemals gelingen, die fehlende Hälfte zu ergattern. Zumindest vorerst liege der Handel nun aber auf Eis.
Helene Bosserts Bruder
Doch wie kam der gelernte Schriftsetzer und heutige Inhaber eines kleinen Buchdruckateliers überhaupt zu seiner Hälfte des Schildes? Der Tecknauer, der besonders durch seine Sammlung von rund 30 000 Ansichtskarten vorab aus dem oberen Baselbiet bekannt ist, erinnert sich: Anfang der 1970er-Jahre entdeckte er das Schild in einem Garten in Zunzgen, wo er aufgewachsen ist. Der Bruder der bekannten Mundartdichterin Helene Bossert hatte das Eisenblech benutzt, um ein Erdloch abzudecken, in dem er Wintergemüse aus dem eigenen Garten lagerte. Spinnler bot ihm an, das Schild gegen ein anderes grosses Stück Zinkblech zu tauschen – ein Vorschlag, dem er sofort zugestimmt habe.
Bossert, der als Staatswegmacher Mitte der 1950er-Jahre das veraltete Werbeschild am Rand der Hauensteinstrasse – vermutlich im Bereich der Sommerau – auf Geheiss des Kantons abmontiert hatte, warf den einen Teil der Werbebotschaft damals nicht in die Alteisenmulde, sondern nahm ihn für den Gebrauch in seinem Garten mit.
«Ich habe immer schon Interesse an historischen Schokoladen-Werbeschildern gehabt. Einfach, weil ich sie schön finde», sagt Spinnler. Dass dieses Stück Blech, das während drei Jahrzehnten bei Wind und Wetter seinen Werbedienst zwischen Thürnen und Rümlingen versah, einmal so wertvoll werden würde, hätte damals niemand auch nur im Traum geahnt – weder er noch Staatswegmacher Bossert.