Lang, kurz, spitz und geschlossen

  06.11.2025 Polizei

Hamlet lag schon richtig, als er klagte, dass die Welt aus den Fugen sei. Lange bevor wir mit «Jingle Bells» in Dauerschleife in Weihnachtsstimmung versetzt werden, meldet sich bereits die Fasnacht zu Wort. Bei der bedrohlich zunehmenden Nachrichten-Abstinenz muss die Zeit eben anders gefüllt werden. Deshalb laden die Cliquen zum Kellerabstieg ein: In Sissach findet er am 7. November statt, die Liestaler Latärneschränzer haben ihn sogar bereits hinter sich. Was beide hingegen eint, ist die Schreibweise auf Flyern und Plakaten: «Chällerabstieg». Bei der Sprachpolizei blitzt da sofort der Radar: Entweder verwenden wir hochdeutsch und deutlich «Kellerabstieg» oder dann in Mundart «Chällerabstiig».

Basler Sprachpuritaner verwenden für den gleichen Anlass sogar «Källerabstiig». So päpstlich wollen wir nicht sein, doch wer in den kommenden Monaten Zeedel verfasst oder originelle Zwöizyyler an die Waagewand pinselt, sollte sich vorher die insgesamt vier Schreibweisen des Vokals «i» in der Mundart verinnerlichen. Ihn gibt es lang und kurz sowie spitz und geschlossen.

Die Länge drücken wir immer durch Doppelschreibung, im Gegensatz zur Schriftsprache aber nicht mit «ie» aus, um damit eine Dehnung auszudrücken. Das kommt in der Mundart nur in Wörtern wie «Liebesliedli» vor (auf Gescheit Diphthong genannt). «i» beziehungsweise «y» signalisieren die Färbung. Bitte ausschneiden und aufbewahren:

Bim Chällerabstiig nie z vill Lyter Wyy.

Übrigens: Dass die Basler «Käller» und nicht «Chäller» schreiben, also nie ein Wort mit «ch» beginnen, entspricht durchaus noch den heutigen Sprachgepflogenheiten, während sich die sogenannte Entrundung («Kiibel» statt «Chübel», «Kerb» statt «Chörb») im Alltag längst nicht mehr wiederfindet. Damit machen sich die «Värslibrinzler am Rhyy» über sich selbst lustig.

Jürg Gohl


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