«Landwirtschaft ist ein hochemotionales Thema»
05.09.2025 Kultur, LandwirtschaftEinander zuzuhören – darum geht es beim Festival rund um Landwirtschaft in der Literatur, das morgen Samstag auf dem Hofgut Mapprach oberhalb von Zeglingen stattfindet. Die Kulturvermittlerin Barbara Piatti erklärt, was das Publikum erwartet.
Barbara ...
Einander zuzuhören – darum geht es beim Festival rund um Landwirtschaft in der Literatur, das morgen Samstag auf dem Hofgut Mapprach oberhalb von Zeglingen stattfindet. Die Kulturvermittlerin Barbara Piatti erklärt, was das Publikum erwartet.
Barbara Saladin
Frau Piatti, wie ist die Zusammenarbeit mit dem Team des «AgriCulture-Literaturfestivals» entstanden?
Barbara Piatti: Daniela Settelen von der Stiftung Hofgut Mapprach kam im vergangenen Winter mit einer neuen Idee auf mich zu. Diese Idee nahm dann schnell recht grosse Dimensionen an, weshalb wir eine dritte Person, Literaturwissenschaftler Andreas Bäumler, mit ins Boot holten. Diese Konstellation ist für uns neu. Wir teilen alle Aufgaben unter uns drei auf, von der Konzeption bis zur Bestellung der Bratwurst. Das «AgriCulture-Literaturfestival» ist ein Pilotanlass, es findet morgen zum ersten Mal überhaupt statt. Bis jetzt hat bei den Vorbereitungen alles reibungslos funktioniert.
Warum bringen Sie ausgerechnet und Literatur zusammen?
Als Literaturwissenschaftlerin beschäftige ich mich schon länger mit dem Thema Landwirtschaft. Momentan erlebt der neue Bauern- respektive Dorfroman einen richtigen Hype, die Literatur hat die Landwirtschaft quasi wiederentdeckt. Es ist ein wichtiges und spannendes Thema – aber oft klingt es ein wenig so, als sei es von Städtern für Städter geschrieben. Es gibt da recht starre Bilder im Kopf. Wieso eigentlich? Uns interessiert: Wer bestimmt eigentlich die «Geschichten vom Land», die erzählt werden?
Das Thema ist aktuell …
… und hochemotional. Das Kino ist voll von Filmen über Landwirtschaft. Romane gibt es zuhauf, aber das Personal darin ist meist sehr beschränkt, und die Geschichten leben nach dem Prinzip «Stadtmensch trifft auf verstockte Landbevölkerung». Dann verliebt sich jemand, es gibt Intrigen. Die Bauern in den Geschichten sind austauschbar. Themen, die Landwirtinnen und Landwirte wirklich beschäftigen – von der Einsamkeit über die Nachfolgesorgen bis zum finanziellen Druck – finden kaum Niederschlag. Darum haben wir die drei Autorinnen und Autoren, die bei uns lesen, bewusst ausgewählt. Sie alle haben einen landwirtschaftlichen Hintergrund, sei es familiär oder durch eigene Arbeitserfahrung. Da erhoffen wir uns, dass wir etwas näher drankommen.
Es sind aber keine Bauern, die selber einen Bauernhof führen und gleichzeitig Bücher schreiben?
Teils – teils – Mariann Bühler ist auf einem Bauernhof aufgewachsen, Lorena Simmel hat als landwirtschaftliche Hilfskraft gearbeitet, Urs Mannhart lebt und arbeitet als Schriftsteller und Bio-Bauer im Jura. Viele Menschen fühlen sich von dem Thema ja fast schon magnetisch angezogen. Ich denke, das ist so, weil zumindest bis vor wenigen Generationen fast alle von uns einen starken Bezug zur Landwirtschaft hatten. Irgendwie haben wir das immer noch in uns drin, es liegt uns quasi in den Genen, hat aber nichts mehr mit dem heutigen Alltag der allermeisten Menschen zu tun.
Ist das Thema Landwirtschaft auch deshalb für viele so emotional aufgeladen?
Ich denke, ja. Unser grösster Wunsch ist, viele Leute am Festival zu haben, die wirklich aus der Praxis kommen, und dass diese auch mitreden. Mehr Austausch zwischen der Bevölkerung ist wichtig. Deshalb wollen wir bewusst das Gespräch fördern. Der Musiker Flavian Graber unterstützt uns, er hat sogar einen Song zum «Agriculture»-Thema geschrieben. Mit Uraufführung auf dem «Mapprach»!
Gebt Ihr mit der Organisation des Festivals auch ein politisches Statement ab – oder haltet Ihr euch bewusst zurück?
Das ist eine gute Frage. Wir sind eher zurückhaltend. Wir sind auf der Suche nach den wirklich guten Geschichten und wollen aufzeigen, wie facettenreich das Thema ist. Schön wäre, wenn es mehr gegenseitiges Verständnis gäbe und wenn wir mit dem Anlass mithelfen könnten, die Gräben in der Gesellschaft zu schliessen statt noch weiter auszubauen.
«Die Stimmen der Bäuerinnen & Bauern», erstes «AgriCulture-Literaturfestival», mit Lesungen von Mariann Bühler, Lorena Simmel und Urs Mannhart, Musik von Flavian Graber, Scheunengesprächen, Spaziergängen und einem «Znacht» mit regionalen Produkten. Samstag, 6. September, 14 bis 21 Uhr, auf dem Hofgut Mapprach in Zeglingen. Eintritt frei, Anmeldung wegen Verpflegung erwünscht: — kultur@mapprach.ch
Zur Person
bas. Barbara Piatti, Jahrgang 1973, ist im Laufental aufgewachsen und heute in Basel wohnhaft. Sie ist Literaturwissenschaftlerin und seit elf Jahren selbständig als Kulturvermittlerin, Sachbuchautorin und Kuratorin tätig. «Immer geht es darum, gute Geschichten zu erzählen, egal ob Hörspiel, Buch, Ausstellung oder Veranstaltung», sagt sie. Barbara Piatti arbeitete auch in der Forschung, wo ihr Spezialgebiet Literaturgeografie war. Im Jahr 2023 erhielt sie den Baselbieter Kulturpreis, Sparte Vermittlung.