Kormorane fressen Teich fast leer
22.07.2025 ArisdorfBöses Erwachen für Hobby-Bio-Fischzüchter
In Europa einst bedroht und durch Schutzmassnahmen gerettet, gelten Kormorane heute als Plage für Angler und Fischzüchter. Davon kann das Ehepaar Frei, das in Arisdorf als Hobby eine kleine Biofischzucht betreibt, ein ...
Böses Erwachen für Hobby-Bio-Fischzüchter
In Europa einst bedroht und durch Schutzmassnahmen gerettet, gelten Kormorane heute als Plage für Angler und Fischzüchter. Davon kann das Ehepaar Frei, das in Arisdorf als Hobby eine kleine Biofischzucht betreibt, ein Liedlein singen.
Brigitt Buser
Vor einigen Jahren stach Esther und Urs Frei aus Liestal bei einer Jurawanderung eine Ausschreibung ins Auge: «Fischteiche in Arisdorf zu verkaufen», hiess es darauf. Im November 2017 gehörte das Areal mit den Teichen ihnen. Ihre Absicht war, für den Lebensabend eine Aufgabe zu finden, in der man in freier Natur ist und dabei nach Herzenslust gärtnern und weiteres tun kann.
Ganz so einfach, wie sich das Ehepaar dies vorstellte, ist das Betreiben einer Fischzucht nicht. Erstens war das erworbene Gelände mit den beiden Teichen völlig zugewachsen – und zwar derart, dass beim Roden noch ein dritter kleiner Teich zum Vorschein kam. Und: Wer Fische für den Verkauf kultivieren möchte, benötigt in der Schweiz auch eine fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung, die der Tierschutzgesetzgebung entspricht und die gesetzlichen Grundlagen für eine wirtschaftlich geführte Aquakultur vermittelt. So schrieb sich Urs Frei für diese Ausbildung an der Berner Fachhochschule ein. Als Praktikumsbericht dokumentierte er den Alltag eines ganzen Fischerei-Jahres.
Unter Aufsicht von zwei erfahrenen Fischzüchtern erledigte er all die Arbeiten, wie zum Beispiel das Einsetzen von Jungfischen, das fachgerechte Verarbeiten der Fische oder das Roden des Areals.
«Als die Ausbildung abgeschlossen war, entschieden wir uns für die Kultivierung von Regenbogenforellen auf biologischer Basis», erzählt Urs Frei der «Volksstimme». «Bezogen aus einer Zucht der Region und entsprechend gehalten, konnten wir diese nach eineinhalb bis zwei Jahren biozertifiziert an Verkaufsstellen wie den Bergladen in Sissach oder an ein renommiertes Restaurant in Basel verkaufen.» Die nach Vorschrift aufgezogenen Fische gediehen prächtig und der Ertrag war kostendeckend, was Freis einziges Kriterium war, um die Zucht weiterzuführen. Alles schön und gut.
Im Herbst vergangenen Jahres war es dann wieder so weit: Etwa 1000 Jungfische wurden in den Teich umgesiedelt, der rund 10 mal 30 Meter gross und 2 Meter tief und dessen Ufer dicht mit Bäumen und Sträuchern bewachsen ist. Während der täglichen Kontrolle und Fütterung fiel den Freis zunächst nichts Besonderes auf. Irgendwann hatten sie jedoch das Gefühl, dass Fische fehlen. «Wir vermuteten zunächst Diebstahl. Dass wir uns irrten, begriff ich erst, als ich diesen Frühling in Teichnähe drei Kormorane entdeckte», so Urs Frei. Dabei dürfte es sich um Tiere handeln, die den Fischteich «auf der Durchreise» wohl per Zufall entdeckten, vermutet er. Ob die Vögel aus einem nördlichen Nachbarland oder von den wenigen Brutplätzen auf der Schweizer Seite des Rheins stammen, kann Frei nicht sagen.
Jedenfalls haben sich die Kormorane sehr über das reichhaltige Futterangebot gefreut. Gemeinsam fischend ist den perfekten Tauchern ein hoher Jagderfolg garantiert. Zudem war durch das dichte Unterholz rund um den Teich ein guter (Sicht-)Schutz gewährleistet. Dies war wohl mit ein Grund, dass Urs Frei die Tiere erst sehr spät entdeckte.
Die Kormorane verspeisten 800 der rund 1000 bald pfannenfertigen Regenbogenforellen. In einem Versteck in der Quellfassung des Teichzulaufs konnten sich die Forellen vor dem Zugriff der Kormorane schützen, aber dort hatte es nicht für alle Platz. Ein Kormoran hat im Winter einen Tagesbedarf von circa 500 Gramm Fisch. Dabei bevorzugen sie solchen mit einer Grösse von 10 bis 15 Zentimetern. Somit dürften sich die drei Kormorane während anderthalb Monaten von den Bio-Forellen der Freis ernährt haben. Möglich auch, dass es zeitweise mehr Räuber waren und der Raubzug damit weniger lange gedauert hat, sagt Frei. Er wisse es nicht.
Netz schützt jetzt die Fische
Wo Kormorane erheblichen Schaden bei Fischbeständen anrichten, können Kantone jederzeit Massnahmen gegen einzelne Tiere ergreifen. In den angrenzenden EU-Staaten ist er ganzjährig geschützt, jedoch werden regelmässig Ausnahmebewilligungen ausgestellt um Vögel abzuschiessen.
Natürlich reagierten Freis nach der Entdeckung schnell und siedelten die übrig gebliebenen Fische in den zweiten, frei liegenden Teich um, den sie mit einem Netz schützen. Nun werden sie bis nächsten Januar einen Lieferengpass haben. Grössere Lieferungen seien erst wieder in eineinhalb Jahren möglich, sagen die Hobby-Fischzüchter.
Ans Aufgeben denken sie wegen dieses Rückschlags nicht: «Es gibt für mich nichts Schöneres, als wenn die Jungfische, die wir in einigen Tagen im kleinen Becken einsetzen, gewachsen sind und wir sie in den grossen Teich übersiedeln können», schwärmt Esther Frei.
In den 1960er-Jahren fast ausgestorben
bbu. Der Kormoran, in Europa seit Jahrhunderten verfolgt, war in den 1960er-Jahren fast ausgestorben. Nach der Unterschutzstellung erholte sich der Bestand rasch. Da in unserer Region ein See, grosse Weiher oder Flüsse mit reichem Fischbestand fehlen, sind nur am Rhein oder an der Birs wenige brütende Paare und vor allem «Durchzügler» oder Wintergäste bekannt. Bei Letzteren handelt es sich um Kormorane aus Nordeuropa, die im Herbst als Kurzstreckenwanderer in Richtung Schweiz ziehen, um hier den Winter zu verbringen. Deshalb hat hierzulande der Winterbestand deutlich zugenommen. Im Frühling machen sich die Vögel wieder auf den Weg zu ihren Brutgebieten im Norden. Bei uns brütende Kormorane fliegen ebenfalls Richtung Süden. Durch die Klimaerwärmung werden die im Norden wie auch die bei uns brütenden Tiere mehr und mehr zu Standvögeln.