Kleiner Kanton – starkes Polizeikorps
01.04.2025 Waldenburg«Tischreden» blicken auf die Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock zurück
Stephan Grieder, Polizeikommandant des Kantons Nidwalden, sprach in der Reihe «Tischreden» über die Herausforderungen der Sicherheitskräfte an der Ukraine-Friedenskonferenz in ...
«Tischreden» blicken auf die Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock zurück
Stephan Grieder, Polizeikommandant des Kantons Nidwalden, sprach in der Reihe «Tischreden» über die Herausforderungen der Sicherheitskräfte an der Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz. Grieder erzählte von einer US-Vizepräsidentin, welche die Sicherheitskräfte ins Schwitzen brachte.
Elmar Gächter
Mitte Juni wird es ein Jahr her sein, seit auf dem Bürgenstock eine Friedenskonferenz stattgefunden hat. Während zwei Tagen trafen sich am 15. und 16. Juni Spitzenpolitikerinnen und -politiker aus der ganzen Welt, um sich Gedanken über ein Ende des unsäglichen Krieges in der Ukraine zu machen. Der Oberbaselbieter Stephan Grieder war als Polizeikommandant des Kantons Nidwalden verantwortlich für die Sicherheit der bis heute grössten Konferenz, welche die Schweiz je durchgeführt hat.
In seinem «Werkstattbericht» sprach er von den Herausforderungen, der Organisationsstruktur und der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Polizeikorps, Militär, Bundesstellen und privaten Organisationen. Grieder, aufgewachsen in Waldenburg und beheimatet in Tenniken, folgte der Einladung der reformierten Kirche Langenbruck-Waldenburg-St. Peter im Rahmen der sechsten Staffel der «Tischreden».
Stephan Grieder blickte auf den 26. Januar 2024 zurück. «An jenem Freitagabend teilte mir der Leiter des Bundessicherheitsdienstes mit, dass der Bundesrat eine Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock im März plane.» Da die innere Sicherheit Sache der jeweiligen Kantone ist, war für den Polizeikommandanten sofort klar, dass auf Nidwalden eine grosse Herausforderung zukommen würde. «Einen Anlass dieser Grössenordnung gab es in der Schweiz noch nie. Wir blickten in ein ‹Schwarzes Loch› und hatten nur acht Wochen Zeit, die nötige Organisation auf die Beine zu stellen.»
Über allem stand die Frage, ob die Konferenz überhaupt stattfindet. Mehrere Male wurde das Datum verschoben, bis das definitive Wochenende feststand. «Dank der stets guten Zusammenarbeit zwischen den Zentralschweizer Polizeikorps gelang es uns, zusammen mit der Armee und dem Bund, alle nötigen Spezialisten für einen Stab von rund 80 Personen zu rekrutieren.»
Cyberangriffe abgewehrt
Alle zu schützenden 126 Personen, darunter 33 Staatsoberhäupter, 20 Ministerpräsidenten und 47 Minister, waren auf dem Bürgenstock untergebracht. «Die Amerikaner beanspruchten die obersten beiden Stockwerke der Hotelanlage, haben alle elektronischen Geräte selbst entfernt und eigene Kommunikationsmittel installiert. Für uns hiess es, alle anderen der insgesamt 600 Zimmer in nur 36 Stunden sicherheitsmässig zu überprüfen.» Swissness war gefragt. Die Gäste sollten die wunderschöne Landschaft und die Berge sehen – und sich wohlfühlen. Besonders die Amerikaner seien völlig ausgeflippt ob der fantastischen Aussicht, so Grieder.
Während des Anlasses galt eine absolute Sperrung des Luftraums im Umfeld von 40 Kilometern. Dies bekam eine Hochzeitsgesellschaft in Merlischachen zu spüren, als sie eine Foto-Drohne starten liess. Dies brachte der besagten Hochzeitsgesellschaft eine Busse von gesamthaft rund 2000 Franken ein. Die grössten Bedrohungen gingen vom Cyberbereich aus. «Gewisse Kreise versuchten mit ihren Angriffen, das System zu überlasten und die Konferenz zu diskreditieren. Zusammen mit dem neuen Bundesamt für Cybersicherheit gelang es uns, diese Angriffe abzuwehren.»
Stephan Grieder brachte die rund 40 Teilnehmenden im Saal des «Leue» in Waldenburg mit seinen «Schmankerln», wie er sie nannte, zum Schmunzeln. So liess die damalige US-Vizepräsidentin Kamala Harris bei der Zufahrt zum Bürgenstock den 20 Fahrzeuge umfassenden Konvoi zum Entsetzen ihrer Personenschützer stoppen, weil sie freilaufende Hühner entdeckt hatte und diese unbedingt fotografieren wollte. Oder als einer der in Schutzzone lebenden 432 Einwohner unerlaubterweise die geteerte Strasse verliess, um einen dürren Ast eines Obstbaumes zu entfernen und sich plötzlich von sechs schwer bewaffneten Grenadieren umringt sah.
Polizeikommandant Grieder, Fürsprecher und Generalstabsoffizier der Armee, zog ein positives Fazit aus dem Grosseinsatz: «Wir haben einen funktionierenden Sicherheitsbund in der Schweiz. Besonders freut mich, dass wir in der Zentralschweiz fähig für solche Einsätze sind. Der Anlass hat die Zentralschweizer Polizeikorps extrem zusammengeschweisst. Wir sind auf jeden Fall bereit, sollten wir wieder für eine solche Konferenz angefragt werden.»
Erfolgreiche «Tischreden»
emg. Wie am Tisch im Hause des Reformators Martin Luther über das Zeitgeschehen disputieren, ist der Ansatz der «Tischreden», welche die reformierte Kirchgemeinde Waldenburg-St. Peter 2017 im Rahmen des Jubiläums «500 Jahre Reformation» ins Leben gerufen hat. Heuer stand bereits die sechste Staffel auf dem Programm. Nach dem Bericht über die weltweite Christenverfolgung mit Christian Forster folgten das Thema «Wieviel Glück braucht es, damit es uns gibt» mit der Astrophysikerin Kathrin Altwegg und als Abschluss der «Werkstattbericht» von der Konferenz auf dem Bürgenstock. Pfarrer Torsten Amling spricht von einem schönen Erfolg, besuchten doch bis zu 80 Personen die Anlässe. «Die Reihe wird geschätzt und ich denke, dass wir sie nächstes Jahr weiterführen. Warum sollten wir dies nicht tun, kommen doch mehr Leute hierher als am Sonntag in die Kirche», hielt er mit einem Augenzwinkern fest.