Kirchenchor setzt kulturelles Glanzlicht
11.11.2025 GelterkindenAlttestamentarische Geschichte als Singspiel auf höchstem Niveau
Das Singspiel «Rut – Geschichte einer Migration» vom Reformierten Kirchenchor Gelterkinden sorgte für Begeisterung und Besinnlichkeit gleichermassen. Beide Aufführungen fanden im brechend ...
Alttestamentarische Geschichte als Singspiel auf höchstem Niveau
Das Singspiel «Rut – Geschichte einer Migration» vom Reformierten Kirchenchor Gelterkinden sorgte für Begeisterung und Besinnlichkeit gleichermassen. Beide Aufführungen fanden im brechend vollen Haus statt.
Thomas Gubler
Es war ein ambitiöses Projekt, das sich der Reformierte Kirchenchor Gelterkinden unter der Leitung von Claudia Waldmeier für sein diesjähriges Konzert vorgenommen hatte. Ein Singspiel über ein brandaktuelles Thema auf der Basis einer alttestamentarischen Geschichte unter dem Titel «Rut
– Geschichte einer Migration». Und dies sei vorweggenommen: Der Kirchenchor hat am Samstag und Sonntag im brechend vollen Gemeindesaal Gelterkinden die Erwartungen des Publikums nicht nur erfüllt, sondern sowohl in gesanglicher wie in schauspielerischer Hinsicht übertroffen.
Basisthema war wie gesagt das «Buch Rut», eine novellenartige Erzählung aus dem Alten Testament, die um das Jahr 500 vor Christus entstanden ist und gut 1000 vor Christus spielt. Sie erzählt die Geschichte von Noomi und ihrem Mann Elimelech, die mit ihren beiden Söhnen wegen einer Hungersnot ihre Heimat Betlehem verlassen und im Land der Moabiter Zuflucht suchen. Dort sterben indessen Elimelech und die beiden Söhne, die sich inzwischen mit Moabiterfrauen verehelicht hatten.
Die Witwe Naomi möchte darauf in ihre Heimat Betlehem zurückkehren. Dabei will ihre eine Schwiegertochter Rut sie unter allen Umständen und gegen ihren Ratschlag begleiten. In Noomis alter Heimat sind die beiden Frauen aber alles andere als willkommen. Doch es besteht die Möglichkeit, dass der noch bestehende Besitz von Elimelechs Familie mithilfe eines Verwandten, eines so genannten «Lösers», ausgelöst beziehungsweise zurückgekauft werden kann. Dieser Verwandte ist Boas, der sich mit dem Rückkauf gleichzeitig verpflichtet, Rut zu heiraten und für die Witwe Noomi zu sorgen.
Zwei Gedichte
So wird die Moabiterin Rut nicht nur ins jüdische Volk integriert, sie wird auch zur Urgrossmutter von König David und damit zu einer der Stammmütter Jesu.
Rund um diese Geschichte sowie um zwei vertonte Gedichte von Elisabeth «Else» Lasker-Schüler hat der Reformierte Kirchenchor unter der Regie von Peter Senn ein Singspiel auf höchstem Niveau inszeniert. Dabei überzeugten Susanne Ammann als Darstellerin von Rut ebenso wie Erika Hinzmann als Noomi und Luca Vito als Boas. Der Chor umrahmte mit seinen – thematisch angepassten – gesanglichen Darbietungen einerseits die Szenen und sorgte gleichzeitig für deren Vertiefung – dabei stets begleitet von Adrian Schäublin am Klavier.
Grosses Publikumsinteresse
Für den Bezug der Geschichte zur Gegenwart sorgten die berührenden Lesungen zweier Migrantinnen aus der Region, von Rodana aus Eritrea und Leda aus Nicaragua, deren Schicksale keinen Zweifel daran liessen, dass die Geschichte von Rut und Noomi heute mindestens so aktuell ist wie vor 3000 Jahren.
Offenbar hatte Chorleiterin Claudia Weitnauer, wie dem Programmheft zu entnehmen war, schon seit längerer Zeit die Idee zu einem Singspiel. Es habe jedoch an einem geeigneten Stoff gefehlt. Mit «Rut – Geschichte einer Migration» hat der Reformierte Kirchenchor Gelterkinden den Stoff nicht nur gefunden, sondern auch hervorragend in Szene gesetzt – und ein zahlreiches, begeistertes Publikum gefunden, das die Akteure mit einem Riesenapplaus bedachte. So zahlreich übrigens, dass einzelne Besucherinnen und Besucher mangels Platz abgewiesen werden mussten.

