KI muss Menschen stärken
21.10.2025 Bezirk LiestalDie rasante Entwicklung von KI sorgt für Unsicherheit. Toni Wäfler, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie erklärt im Interview, wie Künstliche Intelligenz (KI) in den Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden kann.
Tobias ...
Die rasante Entwicklung von KI sorgt für Unsicherheit. Toni Wäfler, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie erklärt im Interview, wie Künstliche Intelligenz (KI) in den Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden kann.
Tobias Gfeller
Herr Wäfler, wird KI klassische Büroberufe langfristig überflüssig machen?
Toni Wäfler: Ich erwarte nicht, dass Büroberufe überflüssig werden. Ich würde erwarten, dass sich diese Tätigkeiten verändern werden. Die KI automatisiert Teile dieser Berufe. Da gibt es Sachen, die KI besser kann als der Mensch und umgekehrt. Es wird vieles geben, in dem die Kombination aus Mensch und KI besser ist als der Mensch oder die KI alleine. Darum ist die Erwartung nicht, dass Berufe verdrängt werden, sondern dass sie sich verändern, indem sie wahrscheinlich anspruchsvoller und interessanter werden.
Angestellte werden nicht per se überflüssig?
Nein, Menschen werden nicht überflüssig. KI erhöht zwar wie jede Automatisierung die Produktivität. Dann braucht es meistens weniger Leute. Insgesamt wächst aber das Volumen. Wir hatten sehr viel Automatisierung in den vergangenen Jahrzehnten. Trotzdem haben wir heute Fachkräftemangel.
Was kann denn der Mensch weiterhin besser als die KI?
Der Mensch kann denken und verstehen, was er macht, und kann Verantwortung übernehmen. Auch in Sachen Kreativität und Innovation ist der Mensch besser. Zudem hat der Mensch Expertise und versteht, was er tut. Die KI hingegen kann sehr gut rechnen. Aber sie versteht nichts. Die menschliche Expertise besteht nicht im Wesentlichen aus dem, was man in der Schule oder in den Büchern gelernt hat, sondern in der Erfahrung, die man in all den Jahren aufbaut. Wir müssen darauf achten, dass diese Expertise nicht verloren geht.
Wie müssen Unternehmen KI einsetzen, damit dies nicht passiert?
Voraussetzung ist, dass KI von Firmen nicht primär dafür eingesetzt wird, Menschen zu ersetzen, sondern um Menschen Werkzeuge zu geben, damit sie in ihrem jeweiligen Job besser werden.
Wenn die Berufsfelder anspruchsvoller werden, steigen auch die Ansprüche an die Ausbildungen?
Expertise ist für mich nicht ausschliesslich eine Frage der Ausbildung. Auch jemand, der nicht viele Jahre in die Schule oder an die Universität ging, hat durch seinen Job viel Erfahrung gesammelt. Und diese Erfahrung wird immer wertvoller, um zu beurteilen, ob die KI gut arbeitet. Trotz fortschreitender Digitalisierung bleibt die Erfahrung aus der Praxis unverzichtbar. Eine KI kann in Daten Muster lesen, aber kann sie nicht interpretieren, weil sie diese nicht versteht. Dann braucht es einen Menschen. Je mehr KI in den Jobs eingesetzt wird, umso mehr kommen Menschen in die Rolle des Interpretierens und Plausibilisierens. Damit wir das können, brauchen wir Expertise.
Wann wird Künstliche Intelligenz zur Gefahr für Unternehmen und Mitarbeitende?
Wenn Firmen KI ohne Bezug zu den Mitarbeitenden einsetzen, um Abläufe kurzfristig effizienter zu gestalten, kann dies langfristig problematisch werden, weil die Mitarbeitenden ihre Expertise und ihr Wissen verlieren. Firmen müssen KI so einsetzen, dass die Mitarbeitenden in ihrem Wissen und ihrer Erfahrung besser werden. KI kann sich immer auch irren. Dann brauche ich einen Menschen, der das erkennt. Das meinte ich mit anspruchsvolleren Aufgaben. Wir müssen aufpassen, dass wir Fähigkeiten nicht verlieren, die auch dafür gebraucht werden, die KI zu überwachen und zu kontrollieren.
Was raten Sie den Unternehmen aus Sicht der Wissenschaft?
Firmen müssen den Mitarbeitenden Zeit geben, sich mit der KI zu entwickeln. Wenn KI eingesetzt wird, um kurzfristig Effizienzgewinne zu haben, hat man mittelfristig einen Know-how-Verlust. Davon können alle Berufe betroffen sein. Erfahrungen, die Menschen aufbauen, kann eine KI nicht ersetzen. Wir müssen KI-Programme bauen, die Kompetenzen von Menschen und von KI zusammenführen und so verstärken.
Wenn ich Ihnen zuhöre, spüre ich durchaus Optimismus, auch für Arbeitnehmer, wenn Firmen Künstliche Intelligenz richtig anwenden.
Absolut. Wir haben auch gar keine Wahl, ob mit oder ohne KI. Firmen müssen konkurrenzfähig bleiben und wir als Schweiz müssen konkurrenzfähig bleiben. Wir müssen verstehen, dass KI eine super Technologie ist, um noch besser zu werden. KI muss Menschen nicht primär ersetzen, sondern besser machen. Bei der Entwicklung einer KI muss die menschliche Psychologie, wie wir ticken, mitberücksichtigt werden. Für die Motivation beispielsweise ist Know-why wichtig. Das Verhalten der KI muss für den Menschen daher immer auch Sinn ergeben.
Für Grossunternehmen ist es einfacher, in Künstliche Intelligenz zu investieren. Können KMU da Schritt halten?
Die grossen Firmen haben in Sachen Künstliche Intelligenz natürlich einen Vorteil und Vorsprung. Es wird eine der Hauptherausforderungen, auch die KMU zu befähigen, KI richtig und gut zu nutzen.
KI-Podium im KV-Saal
vs. Von den Anwendungsmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz sind unterschiedliche Berufsgruppen mehr oder weniger betroffen. Die Kaufmännischen Berufe werden in verschiedenen Studien regelmässig erwähnt. Gibt es lediglich Verschiebungen in den Aufgabengebieten oder ist der Beruf der Kaufleute in Gefahr? Am Mittwoch zeigen Experten an einer Podiumsveranstaltung im KV-Saal in Liestal die Potenziale und Herausforderungen auf.
Den Auftakt bildet ein Inputreferat von Toni Wäfler, Professor für Arbeitsund Organisationspsychologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Auf dem Podium diskutieren neben dem FHNW-Professor Milan Jovanovic, Coorpix AG, Marco Salvi, Avenir Suisse und George Streit, ICT Berufsbildung Schweiz. Moderieren wird Ramon Wardak, Schulen KV BL. Die Teilnahme ist kostenlos, um Anmeldung wird gebeten.

