Jung und Alt im Klassenzimmer
09.08.2024 RickenbachDie Kinder des Kindergartens und der Primarschule von Rickenbach werden im Unterricht zeitweise zusätzlich von älteren Personen unterstützt. Bisher haben sich drei Freiwillige zu diesem Einsatz bereit erklärt, von dem alle Seiten profitieren sollen.
Jürg ...
Die Kinder des Kindergartens und der Primarschule von Rickenbach werden im Unterricht zeitweise zusätzlich von älteren Personen unterstützt. Bisher haben sich drei Freiwillige zu diesem Einsatz bereit erklärt, von dem alle Seiten profitieren sollen.
Jürg Gohl
Wenn am Montag die Schulhausglocken nach sechs Wochen Ferien wieder zum Unterricht rufen, wird die Aufregung in Rickenbach etwas grösser sein als anderswo. Das liegt darin begründet, dass sich FDP-Regierungsrätin Monica Gschwind als Bildungsdirektorin für den traditionellen Schulbesuch zum Start ins neue Schuljahr die 600-Seelen-Gemeinde ausgesucht hat.
Neu für die 46 Buben und Mädchen, die dort den Kindergarten oder die Primarschule besuchen, ist auch, dass sie im Unterricht nicht mehr alleine von Lehrpersonen, sondern zeitweise zusätzlich von freiwilligen Betreuungspersonen begleitet werden. Auf einen entsprechenden Aufruf in den Gemeindenachrichten zu Beginn der Sommerferien erhielt Schulleiterin Salome Flückiger-Gisin zahlreiche positive Rückmeldungen. Bei drei Seniorinnen wurde es bisher konkret. Das Projekt wurde ganz im Sinne der Lehrpersonen entwickelt und «findet offenbar Anklang», wie Salome Flückiger feststellt.
Bis zu sechs Lektionen pro Woche
Elanvoll stellt der Aufruf gleich in den ersten beiden Sätzen klar, um was es der Schule mit ihrer Idee geht: «Seniorinnen und Senioren ins Klassenzimmer! Begegnung der Generationen.» Freiwillige sollen sich zumindest ein halbes Jahr lang und nach Absprache mit der Lehrperson, dem «Chef» im Klassenzimmer, für vier bis sechs Lektionen pro Woche zur Verfügung stellen.Sie können die Klasse auch auf Ausflüge begleiten. Die Arbeit ist ehrenamtlich. Willkommen ist diese auswärtige Hilfe auch, weil in Rickenbach zwei Flüchtlingskinder zur Schule gehen, die (noch) kein Deutsch sprechen.
Gleich aus mehreren Gründen ist der Aufruf ausdrücklich an ältere Personen gerichtet. Sie würden über mehr freie Zeit verfügen und diese möglicherweise dazu nutzen wollen, sich in den Dienst anderer zu stellen, argumentiert Salome Flückiger. Und die Freiwilligen erhielten dafür Bestätigung und Anerkennung zurück. Zudem schade «die Gelassenheit des Alters» im hektischen Schulalltag nicht.
Pädagogische Fachkenntnisse und Erfahrungen werden bei den Freiwilligen keine vorausgesetzt. «Motivation, Flexibilität und persönliche Ausstrahlung sind uns wichtiger», sagt Projektleiterin Flückiger. Sie legt Wert auf Regelmässigkeit, damit eine Beziehung aufgebaut werden kann.
Die erwünschte Lebenserfahrung sei aber nicht als Absage an jüngere Interessierte zu verstehen, betont die Schulleiterin. Flückiger bespricht sich mit allen Kandidatinnen und Kandidaten ausführlich. Dabei führt sie diese auch durch die Räumlichkeiten der Schule, um sie auf ihre künftige Aufgabe vorzubereiten. Dabei kann sie abschätzen, ob die interessierte Person für den Einsatz überhaupt geeignet ist. Denn diese müsse natürlich «ins Klassenzimmer passen». Deshalb gehört auch ein ausführliches Gespräch mit der verantwortlichen Lehrperson zum Aufnahmeprozedere.
In Rickenbach wird in Mehrjahrgangsklassen unterrichtet. Diese Form gilt für die Kinder als wertvoll, verlangt aber von den Lehrpersonen viel Übersicht und Organisationstalent, um den Fluss des Unterrichts aufrecht zu erhalten. Neuland betritt die Gemeinde mit ihrem Projekt im Baselbiet nicht. Orientiert hat sich die Schule aber an der aargauischen Nachbarschaft: an Möhlin. Dort funktioniert ein ähnliches Modell bereits seit längerer Zeit.
«Wohlwollend»
jg. Der Idee, an Primarschulen freiwillige Seniorinnen und Senioren in den Unterricht einzubinden, steht das Amt für Volksschulen (AVS) «wohlwollend» gegenüber. Das sagt AVS-Leiter Beat Lüthy. Er begründet es damit, dass für alle, also für die Kinder, die Lehrpersonen sowie die Freiwilligen, «positive Effekte erkennbar» seien. Lüthy fordert von den Schulen, dass sie klare Rahmenbedingungen aufstellen und Kompetenzen und Aufgaben klar abgesteckt sind.