Jubiläum nach turbulenter Geschichte
18.04.2024 WisenDie örtliche Brass Band feiert ihr 130-jähriges Bestehen
Bei der Gründung vor 130 Jahren waren es lediglich sieben Musiker, heute umfasst die Brass Band Wisen gut zwei Dutzend Mitglieder: Männer und Frauen jeglichen Alters, die sich voll und ganz für ihren Verein ...
Die örtliche Brass Band feiert ihr 130-jähriges Bestehen
Bei der Gründung vor 130 Jahren waren es lediglich sieben Musiker, heute umfasst die Brass Band Wisen gut zwei Dutzend Mitglieder: Männer und Frauen jeglichen Alters, die sich voll und ganz für ihren Verein engagieren.
Peter C. Müller
Blättert man in der Vereinschronik der Brass Band Wisen, so stellt man fest, dass es nicht leicht war, ohne eine gefüllte Vereinskasse Instrumente anzuschaffen und dazu noch einen Dirigenten zu bezahlen. Doch in den Anfängen half der Gemeinderat von Wisen mit und bestätigte eine gewisse Zahlungsfähigkeit. Die ersten Instrumente sollen in Hauenstein gekauft worden sein, nachdem dort ein eben gegründeter Verein schon wieder aufgelöst wurde. Für das Erlernen des Notenlesens und Instrumentenspiels ging man an den Sonntagnachmittagen zu Fuss über die Burg nach Lostorf. Das erste Protokollbuch samt einem Bass wurde bei einer Feuersbrunst ein Raub der Flammen, weshalb erst ab 1929 Protokolle vorliegen. Der Verein soll in den ersten Jahren «schwierige Zeiten» durchgemacht haben. Die Durchführung von Festanlässen und Theateraufführungen sorgten aber immer wieder dafür, dass Geld in die Kasse floss und auch die Geselligkeit gepflegt werden konnte.
Im Jahr 1936 trat der Verein dem neu gegründeten Niederämter Musikverband bei und zwei Jahre später erfolgte der Beitritt zum Kantonalen Musikverband. Wie überall, legten die Wirren des Ersten Weltkriegs auch in Wisen die Vereinstätigkeit praktisch lahm. Einzig am 1. August 1941, zur 650-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft, wurden die Instrumente hervorgeholt und musiziert.
Auf Betteltour
Im Jahr 1944 konnte dank grosszügiger Spenden anlässlich des 50-jährigen Bestehens das erste Vereinsbanner eingeweiht werden. 1969 feierte die «Eintracht», wie solche Vereine früher genannt wurden, ihren 75. Geburtstag und weihte zu diesem Anlass die zweite Fahne ein, die an den Festlichkeiten zum 125-jährigen Bestehen durch ein drittes Banner mit Namensänderung abgelöst wurde.
Auch für eine einheitliche Bekleidung gingen die Wisner auf Betteltour. Von der Basler Jägermusik erhielten sie die alte Jägeruniform geschenkt. Das zweite «Kleid» war die alte Uniform der «Konkordia Grenchen». Viele Spenden ermöglichten es, 1958 die erste eigene Uniform anzuschaffen und einzuweihen. Diese wurde 1985 ersetzt. 2011 konnte die neue heutige Uniform eingeweiht werden.
Gross war die Freude an den neuen Instrumenten, die 1979, wiederum dank vielseitiger finanzieller Unterstützung der Bevölkerung und der Gemeinde, eingeweiht werden konnten. Von nun an spielte die «Eintracht» in Brass-Band-Besetzung. Ein Blick in die Vereinsgeschichte zeigt zudem noch weitere Besonderheiten oder Kuriositäten: 1894 betrug der Mitgliederbeitrag noch 5 Franken pro Jahr, heute sind es 100 Franken. 1936 bekam der Dirigent ein Honorar von 3 Franken pro Probe, heute verdient er – je nach Ausbildung – zwischen rund 130 und knapp 400 Franken pro Probe. Ein Fernbleiben der Proben wurde 1936 mit 50 Rappen bestraft, zu spätes Erscheinen mit 20 Rappen. Heute verteilt man keine Bussen mehr.
Während in der frühen Vereinsgeschichte die musikalischen Leiter oft auf langjährige Tätigkeiten zurückblicken konnten, wurde der Taktstock in der jüngeren Vergangenheit in kürzeren Zeitabständen weitergegeben. Aber die «Eintracht» hatte immer Glück bei der Nachfolgeregelung. In seiner 130-jährigen Geschichte hatte die Brass Band Wisen bisher gut zwei Dutzend Dirigenten.
130 Jahre Brass Band Wisen – Jubiläumskonzert,
Samstag, 20. April, 20 Uhr,
Mehrzweckhalle Wisen.
www.brassbandwisen.ch
«Wir hatten immer ein gutes Händchen!»
Frau Bitterli, welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach die Brass Band heute für Wisen
Regula Bitterli: Die Brass Band ist sicherlich der musikalische Haupttreffpunkt für die Bevölkerung von Wisen. Wir bieten ein recht reges Vereinsleben mit vielerlei Aktivitäten.
Welche Höhepunkte gab es in der Geschichte Ihres Vereins?
Eine mehr als 100-jährige Vereinsgeschichte hat neben kleineren Tiefpunkten natürlich viele Highlights. Erinnert sei hier nur an anspruchsvolle musikalische Wettbewerbe auf lokaler Ebene, kantonale Austragungen oder an die Teilnahme an schweizerischen Grossveranstaltungen. Ein Highlight war da sicherlich die erstmalige Teilnahme am Eidgenössischen Musikfest im Jahr 1991 in Lugano.
Wie hält man eine Dorfmusik am Leben?
Heute ist das Vereinsleben vielleicht etwas mehr von Ernsthaftigkeit geprägt als früher: Nachdem wir intensiv geprobt haben, sitzen wir aber sehr gerne auch gemütlich zusammen und pflegen den gemeinsamen Austausch und haben Spass. Bei uns machen heute auch Kinder und junge Erwachsene im Alter zwischen 12 und 23 Jahren mit. Das Durschnittsalter liegt bei etwa 38 Jahren.
Kommen die Aktiven alle aus dem Dorf selbst?
Ja, die meisten von ihnen. Wir sind ein Dorf von etwa 440 Einwohnenden. Einige Musikbegeisterte kommen aber auch aus der näheren Umgebung.
Gibt es Probleme, junge Musikerinnen und Musiker zu «rekrutieren»?
Es schwankt etwas. In den vergangenen Jahren hatten wir aber bei der Auswahl unseres Nachwuchses ein recht gutes Händchen. Sicherlich ist es manchmal schwierig, den Nachwuchs zu motivieren und zu begeistern. Es gibt heutzutage ein breiteres und grösseres Freizeitangebot als früher. Wir dürfen aber auch in den Schulen unser vielfältiges Vereinsleben mit den zahlreichen Instrumenten vorstellen – das hilft.
Wie steht es um die Finanzen?
Während das «Vereinsvermögen» früher aus musikalischen Veranstaltungen und Mattenfesten oder Konzerten geschöpft wurde, sind heute der alljährliche Lottomatch, das Jahreskonzert, das Grillfest oder auch weiterhin Passivmitgliederbeiträge sowie Gönner- und Sponsorenbeiträge die wichtigsten Einnahmequellen des Vereins. Zudem stehen jedes Jahr einige Geburtstagsständchen auf dem Jahresprogramm, die in der Regel mit einem Beitrag in die Vereinskasse honoriert werden.
Worauf darf sich das Publikum des Jubiläumskonzerts vor allem freuen?
Wir haben geschaut, dass musikalisch gesehen für alle etwas dabei ist. Höhepunkte sind vielleicht «The Best of Bond», «Angels» von Robie Williams oder «You Can’t Stop the Beat». Wir freuen uns aber auch auf «The Flyers»: Es ist ein Stück, das wir am Kantonalen Musikfest am 29. Juni in Mümliswil aufführen werden. Dann gibt es die bekannte «Amboss Polka» mit mir als Solistin. Diese aufzuführen war schon lange mein Wunsch!