«Jeder Kaffee hat seine Farbe»
11.04.2025 BaselTalk in der Galerie Sarasin Art mit der Oberbaselbieter Künstlerin Ursula Glatz
Sand, Marmormehl, Kaffee, Metallsplitter: Die Bilder von Ursula Glatz aus Titterten entstehen aus den unterschiedlichsten Materialien. Im Rahmen der aktuellen Ausstellung «Raum und Zeit» bei ...
Talk in der Galerie Sarasin Art mit der Oberbaselbieter Künstlerin Ursula Glatz
Sand, Marmormehl, Kaffee, Metallsplitter: Die Bilder von Ursula Glatz aus Titterten entstehen aus den unterschiedlichsten Materialien. Im Rahmen der aktuellen Ausstellung «Raum und Zeit» bei Sarasin Art in Basel tauschte sich die Künstlerin mit der Restauratorin Bianca Burkhardt aus.
Regula Vogt-Kohler
«Ein Klumpen, der zuerst trocknen muss.» So beschreibt Ursula Glatz den unspektakulären Anfang ihrer Werke. Sie trägt die Baumaterialien nass auf und wartet einfach mal ab, was passiert. Das dauert von Wochen bis zu einem Jahr. Jeder Trocknungsvorgang verläuft anders, er hängt von den verwendeten Materialien, aber auch den Bedingungen ab. Das Wetter hat einen Einfluss, aber auch die Wäsche, die nebenan an der Leine hängt. «Erst wenn es trocken ist, schaue ich es an», berichtete die Künstlerin aus Titterten im Talk mit Galerist Alexander Sarasin. Und wenn sie etwas konkret sehe, beginne sie zu planen.
Zum Einsatz kommen die unterschiedlichsten Materialien, die Palette reicht vom schwarzen Vulkansand über weisses Marmormehl bis hin zum Kaffeesatz. «Jeder Kaffee hat seine Farbe», schwärmt Glatz. Ihr Favorit ist löslicher Kaffee: «Der schmeckt nicht so gut, gibt aber ein tolles Braun.» Ihr Gegenüber beim Talk in der Galerie, die Restauratorin Bianca Burkhardt, hat noch nie mit Kaffee gearbeitet. Das wäre ohne Acryl als Bindemittel auch gar nicht möglich, erklärte Burkhardt, die seit vielen Jahren bei der Basler Münsterbauhütte tätig ist. Das Acryl ermögliche es Ursula Glatz, Prozesse, die bei der Restauration zur Anwendung kommen, umzukehren.
Eine experimentelle Herangehensweise ist jedoch aus der Sicht der Restauratorin, deren Blick auf die in mehr oder weniger ferner Vergangenheit verwendeten Materialien und Techniken gerichtet ist, nichts Neues. «Vieles hat man experimentell herausgefunden und manches auch für sich behalten», sagte Burkhardt. So hätten Nachforschungen ergeben, dass der Tüllinger Hügel ein wichtiger Bezugsort für Kalkstein in der gewünschten Qualität war. Der Muttenzer Kalk war zwar billiger, sein Nachteil war jedoch sein Eisengehalt, der zur Verfärbung durch Rost führt.
«Natur ist überall»
Auf das Baumaterial Sumpfkalk, das auch Glatz verwendet, sei man wohl per Zufall gestossen, meinte Bianca Burkhardt. Sumpfkalk entsteht, wenn gebrannter Kalk gelöscht und durch Zugabe von Wasser zu einem Brei verdünnt wird, der dann bei der Reifung in Lagerstätten verdickt. Früher erfolgte dies in Erdgruben, wo die Kalkmasse versumpfte.
Nach der Verarbeitung auf der Baustelle nimmt der Sumpfkalk das beim Brennen entwichene Kohlenstoffdioxid wieder auf und härtet aus. Diesem Vorgang ist es zu verdanken, dass auf feuchtem Kalk aufgetragene Malereien über Jahrtausende erhalten bleiben, wie es Fresken in Pompeji oder in der Sixtinischen Kapelle eindrucksvoll beweisen.
Die Natur liefert nicht nur den Baustoff Sumpfkalk, sie ist für Glatz auch eine allgegenwärtige Quelle der Inspiration: «Natur ist überall.» Im Kleinen sehe sie etwas Grösseres, das sie in ihren Bildern durch viele Bearbeitungsschritte sichtbar werden lässt. Sie nimmt dafür eher ungewöhnliche Werkzeuge wie Zahn- und Pferdebürsten oder Zündkerzen zur Hand.
Es sind keine gegenständlichen Abbildungen, auch wenn es Betrachtende gibt, die in ihren Werken konkrete Figuren entdecken. Ursula Glatz sieht sich selbst als «Maler-Handwerker». Hat sie eine Message? «Eine Message mitgeben muss ich nicht, jeder hat seine eigene.» Wenn ihre Bilder eine Botschaft haben, dann die Liebe zur Natur.
Als Autodidaktin zur Malerei
Ursula Glatz (1966) kam über das Fotografieren zur Malerei. Als Autodidaktin arbeitete sie mit fertigen Acrylfarben, eignete sich Wissen über die in der Vergangenheit verwendeten Materialien und Techniken an und begann zu experimentieren. Bis am 26. April sind Werke von ihr in der Ausstellung «Raum und Zeit» bei Sarasin Art (Basel) zu sehen.