Irrfahrt endet vor Bundesgericht
31.07.2025 ItingenSchuldspruch nach Selbstunfall
Ein flüchtiger Fahrer, ein Zeuge, der plötzlich schweigt – und mittendrin ein Anwalt, der selbst unter Verdacht gerät: Der Selbstunfall eines jungen Mannes im Herbst 2018 auf der Autobahnüberführung in Itingen löste eine ...
Schuldspruch nach Selbstunfall
Ein flüchtiger Fahrer, ein Zeuge, der plötzlich schweigt – und mittendrin ein Anwalt, der selbst unter Verdacht gerät: Der Selbstunfall eines jungen Mannes im Herbst 2018 auf der Autobahnüberführung in Itingen löste eine juristische Odyssee aus.
vs. Was vor sieben Jahren mit einer Irrfahrt auf dem Sonnenbergweg in Itingen begann, war für Polizei und Justiz zunächst ein klassischer Selbstunfall: Ein Auto fuhr um halb eins in der Früh fünf einbetonierte Begrenzungspfosten um und kam zum Stillstand; die Beifahrer und der Lenker – alles junge Männer zwischen 22 und 35 Jahren – flüchteten. Doch der Fall entpuppte sich als weit mehr als ein Verkehrsdelikt.
Im Zentrum der Ermittlungen stand bald der Unfallfahrer, Fabian B. (Name geändert). Ihm wurden mehrere Straftaten vorgeworfen: unter anderem Fahren in fahrunfähigem Zustand, Hinderung einer Amtshandlung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie Tätlichkeiten. Besonders belastend waren Aussagen des Zeugen Marco T. (Name geändert) – obwohl sich dieser merkwürdig verhielt.
Denn nachdem Marco T. bei der Staatsanwaltschaft 2020 klare Angaben gemacht hatte, die Fabian B. belasteten, ruderte er später zurück. In einem Schreiben erklärte der Zeuge, er könne sich «nicht mehr erinnern». In einer späteren Einvernahme verweigerte er gänzlich die Aussage.
Fabian B. versuchte, daraus Kapital zu schlagen. Seine Verteidigung argumentierte, die Aussagen des Zeugen seien unverwertbar. Zudem habe der damalige Anwalt von Fabian B. unter einem möglichen Interessenskonflikt gestanden, weil Marco T. diesem unterstellte, der Anwalt habe ihm Geld für Falschaussagen geboten. Für das Bundesgericht waren diese Einwände jedoch wenig stichhaltig.
DNA-Spuren an Nummernschild
Die Lausanner Richter befanden: Die Aussagen von Marco T. seien verwertbar. Fabian B. habe 2020 die Gelegenheit gehabt, an der zentralen Einvernahme teilzunehmen – stattdessen sei nur sein damaliger Anwalt erschienen, der das Protokoll auch unterschrieben habe. Die spätere Gegenüberstellung 2022, bei der Marco T. schwieg, ändere daran nichts. Wer eine Gelegenheit zur Einvernahme freiwillig verstreichen lasse, könne sich später nicht auf eine Verletzung seiner Rechte berufen, so das Bundesgericht.
Auch den Einwand des angeblichen Interessenskonflikts des Anwalts liess das Bundesgericht nicht gelten. Zum Zeitpunkt der Einvernahme sei dieser gar nicht formell beschuldigt worden. Selbst wenn Zweifel bestanden hätten, sei die Befragung von Marco T. rechtlich korrekt verlaufen – und ein nachträglich aufkommender Verdacht mache eine gültige Aussage nicht automatisch ungültig.
Was schliesslich den Ausschlag gab, war nicht nur die Aussage des Zeugen – sondern eine Reihe von Indizien, welche die Täterschaft von Fabian B. nahelegen. So wurden auf einem abmontierten Nummernschild, das nach dem Unfall in Itingen entfernt wurde, DNA-Spuren von ihm gefunden. Auch dass er sich nie auf einen anderen Fahrer berufen und jede Kooperation mit den Untersuchungsbehörden verweigert habe, spreche gegen ihn. Die Vorinstanz, also das Kantonsgericht, habe ihre Schlüsse nachvollziehbar gezogen, befand das Bundesgericht.
Das Fazit aus Lausanne ist deutlich: Die Beschwerde wurde vollumfänglich abgewiesen. Fabian B. bleibt verurteilt – unter anderem zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8,5 Monaten und einer Busse von 500 Franken. Dazu kommen zusätzliche Verfahrenskosten von 3000 Franken. Das Urteil wurde Anfang Juli gefällt und diese Woche veröffentlicht.