In 25 Jahren ist vieles möglich
11.07.2025 PolitikFredy Dinkel, Landrat Grüne, Ziefen
Endlich Sommer – aber, muss es gleich so heiss sein? Schon befinde ich mich in einer Diskussion um Klima und Wetter. Einer betont, dass Wetter nicht mit Klima verwechselt werden darf. Andere verweisen darauf, dass in den ...
Fredy Dinkel, Landrat Grüne, Ziefen
Endlich Sommer – aber, muss es gleich so heiss sein? Schon befinde ich mich in einer Diskussion um Klima und Wetter. Einer betont, dass Wetter nicht mit Klima verwechselt werden darf. Andere verweisen darauf, dass in den vergangenen Jahren die Durchschnittstemperaturen stetig gestiegen sind und ein Hitzerekord den anderen übertroffen hat. So einigen wir uns, dass wir aus den aktuellen Temperaturen bei uns nicht auf das Klima schliessen können, aber die menschengemachte Erderwärmung erwiesen ist und deren Leugnung einer Vogel-Strauss-Strategie entspricht, um nichts verändern zu müssen.
Bei dem, was gemacht werden soll, gehen die Meinungen wieder auseinander. Einer hält neue Atomkraftwerke für eine gute Lösung, da sie pro Kilowattstunde Strom wenig CO2 ausstossen. Nur Wasserkraft hat in der Schweiz noch wesentlich tiefere Klimaauswirkungen. Der Einwand, dass die Probleme der AKW bei deren Risiken – den radioaktiven Abfällen und den hohen Kosten – liegen, wird mit einem flammenden Plädoyer für die neuste, vierte Generation erwidert, die viel sicherer und effizienter sei. Wir bekommen fast den Eindruck, dass man diese Anlagen heute bei Temu bestellen und morgen betreiben könnte. Doch dem ist nicht so.
Es gibt verschiedene Versuchsreaktoren, aber mit einer Marktreife ist, wenn überhaupt, in 15 bis 25 Jahren zu rechnen. Warten ist also keine Option, wenn wir damit einen Beitrag zum Netto-Null-Ziel bis 2050 leisten wollen. In der weiteren Diskussion wird das Streben nach diesem Ziel mit dem Argument infrage gestellt, dass es mit den verfügbaren Technologien, dem heutigen Stromnetz und vertretbaren Kosten so oder so nicht erreichbar ist. Einverstanden, es braucht noch Entwicklungen, die in den nächsten 25 Jahren geleistet werden müssen. Doch in diesem Zeitraum ist vieles möglich.
Zum Beispiel kam im Jahr 2007 das erste iPhone auf den Markt. Wenn ich Ihnen im Jahr 2000 erzählt hätte, dass in 25 Jahren ein Grossteil der Menschen ein Gerät in ihrem Hosensack hat, das sie während drei bis fünf Stunden pro Tag nutzen, hätten Sie mir wohl nicht geglaubt. Voraussichtlich hätten Sie erwidert: «Theoretisch sind die Technologien vorhanden, aber es gibt noch zu viele Probleme zu lösen. Zudem werden sich solche Geräte nur wenige leisten können, ganz zu schwei- gen von den Milliardeninvestitionen in die notwendige weltweite Infrastruktur, das ist unbezahlbar.»
Heute gehören die Firmen, die an diese Vision geglaubt und investiert haben, zu den wertvollsten. Ist es nicht ähnlich mit dem Netto-Null-Ziel? Die Technologien von Solar, Wind und Wasser bis zu Geothermie sind bekannt und erprobt. Es gibt noch Herausforderungen, von Speichertechnologie bis Netzstabilität, zu bewältigen. Die Frage ist aber: Nutzen wir das Ganze als Chance, gerade auch für und mit unseren Firmen, oder verteidigen wir lieber den Status quo? Warten wir, bis in 25 Jahren das Ei des Kolumbus gefunden wurde? Wenn ich mit meinen Grosskindern zusammen bin, wird mir klar, dass wir nicht warten dürfen, unabhängig davon, ob wir es bis 2050 schaffen werden oder nicht.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.