Imkern als Paarprojekt
27.06.2025 PersönlichAngeblich nehmen Scheidungen in der Schweiz zu. Schade, denn so eine angestaubte Lebenspartnerschaft ist aus meiner Sicht eine ganz wunderbare Sache. Man kennt den anderen so gut, dass man über ein ganzes Werkzeugarsenal verfügt, um mit seinen Ticks, Tricks und kleinen Schwächen ...
Angeblich nehmen Scheidungen in der Schweiz zu. Schade, denn so eine angestaubte Lebenspartnerschaft ist aus meiner Sicht eine ganz wunderbare Sache. Man kennt den anderen so gut, dass man über ein ganzes Werkzeugarsenal verfügt, um mit seinen Ticks, Tricks und kleinen Schwächen unfallfrei umzugehen. Mein Mann zum Beispiel ist nach 25 Jahren immer noch komplett unberechenbar, was mich als sehr strukturierten Menschen manchmal schlicht überfordert. Beispiel: Der Gatte will schon seit Jahren imkern. Als dann ein Kurs im FiBL in Frick angeboten wurde, fand er spontan, dass wir beide das Imkern lernen sollten, und schenkte mir meinen Kursplatz gerade zum Geburtstag. Vorab-Anfrage, ob ich das wolle? Fehlanzeige.
Ich habe eigentlich gar keine Zeit dafür, und das Einzige, was mich qualifiziert, ist, dass ich als Kind mit Begeisterung die Serie «Biene Maja» gesehen habe. Aber mein Mann kennt mich: Will heissen, er möchte etwas machen, dann muss er mich irgendwie in das Projekt reinschubsen, und dann setze ich um, was er sich wünscht. Andere würden sich wegen akuter Übergriffigkeit scheiden lassen. Ich hingegen finde unseren Paartanz originell. Pierre kauft uns also Bienenbehausungen, ich suche mir die besten Imker im Dorf als Lehrmeister, weil gelebte Praxis vor Theorie geht. Die anderen Teilnehmer im Kurs sind alle Halbprofis, nur wir sind komplett ahnungslos. Das baut bei mir natürlich enorm schnell enorm viel Druck auf. Als meine Lehrmeister beim Honigschleudern finden, ich könnte gleich einen Schwarm Bienen mitnehmen, schlage ich zu. Natürlich steht mein Kasten schon geputzt und gestrählt im Garten an der bienenoptimalen Stelle. Der Kasten desjenigen, der unbedingt imkern wollte, ist weiter unbewohnt. Ich nehme also meinen Schwarm und denke, die werden schon freiwillig aus dem Transportkasten in ihr neues Familienhaus mit Kantine einziehen. Das jedoch war ein unzulässiger Schluss in Sachen Basisdemokratie.
Mittlerweile habe ich gelernt, dass Bienen, ich nenne sie meine Willis (wegen Willi, der sympathischen Drohne bei Biene Maja) perfekte Schwarmintelligenz haben. Sie sind megafreundlich und immer sehr beschäftigt. Grundsätzlich Pazifisten, ausser wenn man kurz vor Sonnenuntergang versucht, einen recht grossen Schwarm in einen Bienenkasten zu schütten. Frau weiss nur, sie müssen einfach vor der Nacht in diesem Kasten sein. Das Ergebnis: 16 Bienenstiche trotz doppelter Schutzkleidung. Seither ist es um meine Pollenallergie besser bestellt, denn so viel Bienengift verändert die Körpersäfte und die Form der Hände für mindestens zwei Wochen. Gemerkt habe ich es zunächst nicht, denn die Bienen zogen in einem fast perfekten Dreieck wie in einem Star-Wars-Film in den Kasten ein: überwältigend. Seither lebe ich in der ständigen Angst, ich als Anfänger könnte die «Willis» durch irgendeinen blöden Fehler belästigen.
Imkern hat übrigens sehr viel mit dem richtigen Zubehör zu tun … Der inspirierende Gatte hat bisher noch nicht mal einen Imkerkittel gekauft. Deshalb imkere ich vorerst alleine.
Petra Huth ist Politikwissenschaftlerin und Ökonomin. Sie lebt in Anwil und amtet dort als Gemeinderätin.