«Im Cup ist alles möglich»
23.12.2025 Sport, Weitere SportartenLeonard Grazioli geht mit Pfadi als Favorit in den Halbfinal
Pfadi Winterthur steht nach den Festtagen vor einem der wichtigsten Spiele der Saison. Im Cup-Halbfinal trifft das Team rund um den Sissacher Goalie Leonard Grazioli auf den BSV Stans – mit dem Final in Reichweite und der ...
Leonard Grazioli geht mit Pfadi als Favorit in den Halbfinal
Pfadi Winterthur steht nach den Festtagen vor einem der wichtigsten Spiele der Saison. Im Cup-Halbfinal trifft das Team rund um den Sissacher Goalie Leonard Grazioli auf den BSV Stans – mit dem Final in Reichweite und der Erinnerung an eine schwierige Vorsaison.
Luana Güntert
Herr Grazioli, am 27. Dezember spielen Sie mit Pfadi Winterthur im Halbfinal des Schweizer Cups. Im Viertelfinal haben Sie Ihren ehemaligen Klub HSC Suhr Aarau ausgeschaltet. Wie speziell war dieses Spiel für Sie? Leonard Grazioli: Ich spiele immer gerne gegen Aarau, auch in der Meisterschaft. Von früher kenne ich noch einige Spieler, das ist natürlich cool. Ganz so speziell sind diese Duelle aber nicht mehr – ich bin jetzt seit mehr als drei Jahren weg aus dem Aargau, der Alltag bei Pfadi ist längst mein Fokus.
Vor einem Jahr stand Pfadi bereits im Cup-Halbfinal, scheiterte dann aber an Wacker Thun. Was wollen Sie diesmal besser machen?
Die Ausgangslage ist eine ganz andere als vergangene Saison. Damals lief vieles nicht optimal, vor allem in der Meisterschaft. Im Cup trafen wir zudem erst im Halbfinal erstmals auf einen NLA-Gegner. In dieser Saison haben wir bereits zwei starke Teams ausgeschaltet. Im Halbfinal gegen den BSV Stans aus der Nationalliga B gelten wir zwar als Favorit – doch im Cup kann alles passieren. Entscheidend ist, dass wir von Beginn weg konzentriert sind und unsere Favoritenrolle annehmen.
Sie sprechen die vergangene Saison an: Pfadi entging nur dank eines freiwilligen Abstiegs eines Konkurrenten den Play-outs. Aktuell liegt das Team auf Rang 2 der Nati A. Was hat sich verändert?
Vergangene Saison hatten wir extremes Verletzungspech. Teilweise fehlten uns sechs oder sieben Spieler gleichzeitig, darunter wichtige Stützen. Diese Sorgen haben wir aktuell kaum. Zudem sind wir als Team deutlich stabiler geworden. Die Mischung stimmt: Junge Spieler, die damals noch unerfahren waren, haben einen grossen Schritt gemacht. Auch menschlich passen wir sehr gut zusammen – das merkt man auf dem Feld.
Unterscheidet sich die Herangehensweise im Cup von jener in der Meisterschaft?
Grundsätzlich nicht. Der Gegner wird gleich analysiert, und das Ziel ist immer der Sieg. Der Unterschied liegt höchstens in der Mentalität: Im Cup gilt «All or nothing». Da musst du von der ersten Sekunde an bereit sein.
Im anderen Halbfinal treffen die Kadetten Schaffhausen auf den TSV Otmar St. Gallen. Ein Final gegen das erfolgreichste Schweizer Team wäre möglich. Sind die Kadetten überhaupt schlagbar?
Absolut. Auch wenn sie in dieser Saison noch ungeschlagen sind – viele ihrer Siege waren knapp. Wir selbst haben gegen sie ebenfalls enge Spiele gezeigt: Anfang Saison sowie am vergangenen Samstag, als wir nur mit zwei Toren Rückstand verloren haben. Wenn wir nicht überzeugt wären, dass wir gewinnen können, müssten wir gar nicht antreten. Zudem ist ein Final nur ein einziges Spiel, da ist alles möglich.
Der Halbfinal findet kurz nach Weihnachten statt. Können Sie die Festtage trotzdem geniessen?
Ja, das geht gut. Natürlich ist das Spiel immer irgendwo im Hinterkopf, und wir trainieren auch über die Festtage. Aber ich sehe es eher positiv: Dieser Halbfinal ist eine grosse Chance und etwas Besonderes. Ein Cup-Sieg würde uns zudem einen Platz in der Qualifikation zur European League sichern – das motiviert zusätzlich.
Auch in der Meisterschaft läuft es sehr gut, Pfadi liegt aktuell hinter den Kadetten auf dem zweiten Platz. Mit welchem Ziel sind Sie in die Saison gestartet?
Wir haben uns bewusst keine konkrete Platzierung vorgenommen. Das Hauptziel war, als Team stabiler zu werden. Die Resultate haben dann aber Ambitionen geweckt. Wir wollen mindestens den Play-off-Halbfinal erreichen – und danach schauen wir weiter.
Seit 2024 spielen Sie bei Pfadi. Was zeichnet dieses Team aus?
Jede Mannschaft ist anders. Bei Winterthur ist speziell, dass wir sehr viele junge Spieler haben. Das sorgt für eine frische, dynamische Teamkultur, die mir extrem gefällt.
Zuvor haben Sie in der deutschen Bundesliga gespielt. Dort hat Handball einen anderen Stellenwert als in der Schweiz. Spüren Sie Unterschiede in der Betreuung?
Nein, im Gegenteil. Die medizinische Betreuung und die Infrastruktur hier in Winterthur sind sehr gut. Alles ist an einem Ort, die Anlage ist modern. Das ist in Deutschland nicht überall selbstverständlich, wobei es dort wie hier Unterschiede zwischen den Klubs gibt.
Wie haben Sie sich als Spieler in den vergangenen Jahren verändert?
Handballerisch habe ich mich in vielen Bereichen weiterentwickelt, was mit zunehmender Erfahrung ganz natürlich ist. Die Wechsel von der Schweiz nach Deutschland und später zurück haben mich aber vor allem mental stärker gemacht.
2024 standen Sie mit der «Nati» an der EM im Einsatz, zuletzt gehörten Sie jedoch nicht mehr zum Kader. Weshalb?
Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, unter anderem die Leistung. Vor jedem Zusammenzug wird neu entschieden, wer aufgeboten wird. Für die EM war ich im erweiterten Kader mit 35 Spielern, am Ende wurde es auf 18 reduziert. Mitgenommen werden zwei Goalies – ich gehöre diesmal nicht dazu.
Ist die Rückkehr ins Nationalteam weiterhin ein Ziel für Sie?
Auf jeden Fall. Für das eigene Land spielen zu dürfen, ist immer etwas Besonderes.
Im Januar trifft die Schweiz an der EM in der Gruppenphase auf die Färöer-Inseln, Slowenien und Montenegro. Was trauen Sie der «Nati» zu?
Weiterkommen ist definitiv möglich. Dafür muss die Schweiz unter die besten zwei Teams der Gruppe kommen – das ist machbar, wenn alles zusammenpasst.
Cup-Halbfinal: BSV Stans (Nati B) – Pfadi Winterthur (Nati A), Samstag, 27. Dezember, 15 Uhr, Pilatus Arena, Kriens. Der Final findet einen Tag später um 18 Uhr am gleichen Ort statt.


