Hund macht Jagd auf Rehe
30.01.2025 SeltisbergGemeinde erstattet Anzeige gegen Halterin
Nachdem ein Hund in Seltisberg zweimal Rehen nachgestellt und diese schwer verletzt hat, erwägt der Gemeinderat eine generelle Leinenpflicht für Hunde. Die Kantonstierärztin ist von dieser Massnahme nicht überzeugt.
...Gemeinde erstattet Anzeige gegen Halterin
Nachdem ein Hund in Seltisberg zweimal Rehen nachgestellt und diese schwer verletzt hat, erwägt der Gemeinderat eine generelle Leinenpflicht für Hunde. Die Kantonstierärztin ist von dieser Massnahme nicht überzeugt.
Timo Wüthrich
In Seltisberg hat ein Hund im vergangenen Jahr zweimal Jagd auf Rehe gemacht und in beiden Fällen eines verletzt. Wie der Gemeinderat im Mitteilungsblatt schreibt, ereigneten sich die Vorfälle im August und im Dezember. Den zweiten habe der Seltisberger Jagdaufseher dem Gemeinderat gemeldet, wobei das tote oder schwer verletzte Tier trotz intensiver Suche mit Spürhunden nicht habe gefunden werden können. «Nur blutbeschmierte Haarbüschel blieben als Zeugnis der Attacke im Gelände zurück», steht im Mitteilungsblatt.
Dank Aufzeichnungen einer Wildtierkamera habe der jagende Hund «zweifelsohne identifiziert» werden können, heisst es weiter. Es handle sich um denselben – auswärtigen – Hund, der bereits im August mitten im Siedlungsgebiet von Seltisberg ein Reh derart schwer verletzte, «dass dieses nur mit einem Schuss erlöst werden konnte».
Wie die «bz Basel» berichtet, handelt es sich bei der Halterin des wildernden Hundes um eine Frau aus Liestal. Gemäss dem «Gemeindeanzeiger Seltisberg» wird es aufgrund der klaren Beweislage zur Anzeige gegen die Halterin kommen: «Wir können solche Vorkommnisse weder entschuldigen noch akzeptieren», wird Gemeinderätin Bettina Jost-Rossi zitiert.
Dass Hunde wildern, sei nicht untypisch, erklärt Kantonstierärztin Marie-Louise Bienfait auf Anfrage der «Volksstimme»: «Fast jeder Hund hat einen angeborenen Jagdinstinkt, einige Rassen werden deswegen ja auch speziell für die Jagd eingesetzt.» Dieser Jagdtrieb müsse jedoch durch Erziehung und Beschäftigung kontrolliert werden. Habe der Halter den Hund nicht im Griff, sei es möglich, dass das Tier wildere, so Bienfait.
«Keine artgerechte Haltung»
Gelinge es, den Besitzer eines jagenden Hundes zu ermitteln, seien unterschiedliche Konsequenzen denkbar. Der Veterinärdienst könne beispielsweise eine Leinenpflicht anordnen und den Halter oder die Halterin zum Besuch eines Erziehungskurses verpflichten. Werde dies ignoriert, drohe eine Strafanzeige, die zu einer Busse führen könne. Vom Seltisberger Fall hat Bienfait Kenntnis: «Abklärungen dazu laufen.» Eine generelle Leinenpflicht für alle Hundehaltende, wie sie laut dem Bericht der «bz Basel» in Seltisberg bei einem nächsten Vorfall im Raum steht, hält die Kantonstierärztin für keine optimale Lösung: «Grundsätzlich ist dauerhaftes Anleinen keine artgerechte Haltung. Eine generelle Leinenpflicht ohne Auslaufmöglichkeit, weil einzelne Hundehalter ihre Hunde nicht unter Kontrolle haben, ist keine Lösung», sagt Bienfait.
Sie befürchtet, dass bei einem solchen Obligatorium in Seltisberg die Hundehalter kurzerhand auf benachbarte Gemeinden ausweichen würden, um ihren Vierbeiner frei laufen zu lassen. Es sei daher besser, gezielte Massnahmen für fehlbare Hundehalter anzuordnen.
Seltisberg ist für Hundespaziergänge äusserst beliebt – insbesondere auch bei auswärtigen Hundehalterinnen und -haltern. Um in Konfliktsituationen zu vermitteln oder diese zu vermeiden, hat die Gemeinde vor einigen Jahren Hundeombudspersonen bestimmt. Diese appellieren im Gemeindeblatt an sämtliche Hundehalter, ihre Verantwortung wahrzunehmen und ihre Tiere stets unter Kontrolle zu halten. Zudem werden Kurse sowie Schulungen «für den nötigen Gehorsam ihres Hundes» empfohlen. Die Ombudspersonen würden die Entwicklung der Situation nun verschärft beobachten.
Die Baselbieter Regierung hat vergangene Woche trotz eines leichten Anstiegs von Zwischenfällen mit Hunden erklärt, keinen obligatorischen Kurs für Ersthalter einführen zu wollen. Basel-Stadt hingegen hat das Obligatorium wieder eingeführt: Ab dem 1. April dieses Jahres müssen sämtliche Personen einen Kurs absolvieren, die zum ersten Mal einen Hund halten.