«Hermes Baby» statt Laptop
11.09.2025 Sport55 Rappen – so viel kostete das Ticket für einen FCB-Match Ende der 1960er-Jahre. Auf der Rückseite war eine Mannschaft abgebildet; elf Spieler in Reih und Glied mit dem Rücken zur Kamera und mit Buchstaben statt Nummern auf den Trikots: «Rheinbrücke» ergab die ...
55 Rappen – so viel kostete das Ticket für einen FCB-Match Ende der 1960er-Jahre. Auf der Rückseite war eine Mannschaft abgebildet; elf Spieler in Reih und Glied mit dem Rücken zur Kamera und mit Buchstaben statt Nummern auf den Trikots: «Rheinbrücke» ergab die Aneinanderreihung – Werbung fürs Warenhaus im Kleinbasel, das heute «Manor» heisst. Lang ists her, doch Franz Baur hat jene Zeiten erlebt. Und die Spiele des FC Basel auf dem «Landhof» entfachten in ihm die Begeisterung für Sport und Journalismus.
«Ich bin hier ohne Laptop, Beamer und Handy», beginnt Franz seinen Vortrag unlängst an einem Anlass. Seit mehr als 50 Jahren ist der Basler mit der markanten Radiostimme nun im Sportjournalismus tätig, entsprechend viele Anekdoten hat er zu erzählen. Etwa, dass er den Matchbericht früher auf der «Hermes Baby» schrieb, ihn kurz vor Mitternacht einem Lokführer am Basler Bahnhof übergab, der ihn nach Zürich brachte und einem Druckereimitarbeiter persönlich in die Hand drückte. Später erlebte Baur die Einführung des Telex und die ersten Natels, «Riesenapparate» seien das gewesen.
«Man merkt, dass ich aus dem letzten Jahrhundert komme», scherzt er. Damals hätten in diesem Beruf nur Männer gearbeitet. Bloss in den Redaktionsstuben sassen Frauen, sie tippten die Berichte ab. Baur verfolgte im alten «Joggeli» die Partie auf der Tribüne. In der Pause und nach Spielschluss telefonierte er auf die Redaktion und übermittelte mündlich seine Zeilen. «Manchmal musste ich die Namen der Spieler buchstabieren, ansonsten ging das meist fehlerlos über die Bühne. Am Sonntagmorgen stand der Bericht in der Zeitung.» Und wie kamen die Telefone auf die Tribüne? «Im alten Stadion befand sich im Untergeschoss der Medienraum. Dort hatte es einen grossen Schrank mit etwa 20 Telefonen», erzählt Baur. «Vor Spielbeginn nahm ich eines mit auf die Tribüne, steckte es ein und konnte so meinen Bericht mündlich übermitteln.» Früher habe man sonntags die Resultate entweder im Radio gehört oder gewartet, bis der Verkäufer abends in der Stadt die Zeitung mit den Worten anpries: «Extrablatt mit vollständigem Sport …»
Heute sei das unvorstellbar, sagt Baur. Dank Internet gehe alles rasch. Kein banges Warten mehr für Fans. Auf den Handys ploppen die Resultate in Echtzeit auf, der FCB-Ticker ist auch am Mittelmeerstrand abrufbar. Nur eines bleibt unabdingbar: die Präsenz der Journalistin und des Journalisten vor Ort. Um die Zwischentöne wahrzunehmen, um die es im Sport zunehmend geht.
Seraina Degen
Seraina Degen (38) ist in Niederdorf aufgewachsen. Als Torhüterin spielte sie lange leidenschaftlich Fussball, heute bleibt sie beruflich am Ball – als Redaktorin bei SRF Sport.