Gross träumen und einfach machen
02.09.2025 GelterkindenMarcela Hohl holt «Aeschbi» und prominente Gäste ins Alters- und Pflegeheim
Marcela Hohl ist Leiterin Aktivierung im Alters- und Pflegeheim zum Eibach. Vergangenen Herbst hatte sie die Idee für eine Gesprächsreihe mit Kurt Aeschbacher, die sie in kurzer Zeit ...
Marcela Hohl holt «Aeschbi» und prominente Gäste ins Alters- und Pflegeheim
Marcela Hohl ist Leiterin Aktivierung im Alters- und Pflegeheim zum Eibach. Vergangenen Herbst hatte sie die Idee für eine Gesprächsreihe mit Kurt Aeschbacher, die sie in kurzer Zeit umsetzte. Übermorgen findet der zweite Anlass statt.
Marianne Ingold
«Vergangenes Jahr veranstalteten wir bei uns im Alters- und Pflegeheim einen Smoothie- und Saftmonat», erzählt Marcela Hohl. Während einige danach über ihre schöne Haut staunten, setzte die Kur bei anderen einen kreativen Prozess in Gang. An einem Nachmittag sass eine Gruppe bei einem Spiel zusammen, in dem es um berühmte Schweizer Persönlichkeiten ging. Danach habe eine Bewohnerin gesagt: «Es wäre doch schön, wenn wir einmal so jemanden bei uns hätten», sagt Marcela Hohl. «Dann hatte ich Gott sei Dank einen Geistesblitz: Ich träume jetzt einfach gross. Was wäre, wenn wir bekannte Leute aus der Schweiz zu uns einladen würden?» Die Idee zur Gesprächsreihe «Aeschbacher z’mittsdrin» war geboren.
Von Kurt Aeschbacher ist Marcela Hohl schon lange begeistert. 2006 besuchte sie mit ihrer Mutter eine Galaveranstaltung zu Ehren der Opernsängerin Montserrat Caballé im Theater Basel, die «Aeschbi» moderierte. «Ich war fasziniert vom Interview, das er machte», erzählt Marcela Hohl. «Schon damals dachte ich: ‹Mit diesem Mann möchte ich gerne einmal zusammenarbeiten.›» Sie schwärmt: «Er ist ein Meister der Gesprächskunst – mit grossem Gespür für die Menschen. Er ist charismatisch und stilvoll, ausdrucksstark und gleichzeitig sehr amüsant und authentisch. Zudem ist er wie unsere Bewohnenden pensioniert und hat viel Lebenserfahrung.»
Nachdem die Idee für die Veranstaltungsreihe konkreter geworden war und Bekannte «Aeschbis» Adresse ausfindig gemacht hatten, nahm Marcela Hohl ihren ganzen Mut zusammen und sandte ihm das Konzept. «Als ich die Mail verschickte, sass ich hier auf meinem Bürostuhl und fiel fast in Ohnmacht. Doch ich dachte: ‹Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Dass er Nein sagt.›» Dann kam die Antwort: Er könne sich das sehr gut vorstellen. «Da wurde ich zum zweiten Mal fast ohnmächtig.»
Anfrage per Video
Nach der ersten Anfrage im Oktober 2024 begann Marcela Hohl, mögliche Gäste zu kontaktieren. Dabei stellte sie das Interesse der «Eibach»-Bewohnenden ins Zentrum. Als sie von Donghua Li trotz mehrmaliger Kontaktversuche keine Antwort erhielt, beschloss sie, es anders zu versuchen: Sie fragte ihren Arbeitskollegen, ob er nicht ein Video machen könne. «Es war ein wunderschöner Tag, wir zeigten die Umgebung mit dem blauen Himmel und dem schönen Grün, das Haus – und am Schluss stand ich da und lud ihn ein.» Sie schickte Li das Video per Handy und keine halbe Stunde später meldete er sich: «Schönes Haus, ich komme gerne.»
Grosse Gagen kann das «Eibach» nicht bezahlen. Für den Moderator gebe es ein kleines Budget, sagt Marcela Hohl, und dank der Ticketverkäufe an Externe gebe es etwas finanziellen Spielraum. Aber das sei weit entfernt von branchenüblichen Honoraren. Man dürfe jedoch nicht vergessen, von wem die Gäste interviewt würden – das sei für viele eine Ehre. Zum Konzept gehört jeweils ein lokaler Gast aus Gelterkinden. An der ersten Veranstaltung im Mai war es Ernst Flückiger, den Marcela Hohl für sein Engagement im Dorf sehr schätzt.
Der Erfolg der ersten «Aeschbacher z’mittsdrin»-Gesprächsrunde im Mai war überwältigend. «Ich hätte nie damit gerechnet, dass das so grosse Wellen werfen würde», staunt Marcela Hohl. Sie sei immer noch sehr berührt davon, was die Veranstaltung ausgelöst habe, sowohl im Haus selbst wie in ganz Gelterkinden und darüber hinaus. Sie sei froh, habe sie – inspiriert von den Bewohnenden – das Wagnis der Veranstaltungsreihe auf sich genommen, auch wenn sie zwischendurch unsicher gewesen sei und gezweifelt habe. Es gehe aber nur dank ihrer tollen Kolleginnen und Kollegen, die alle mithelfen. Zudem sei im «Eibach» die nötige Infrastruktur vorhanden, auch die gute Lage mitten im Dorf sei ein wichtiger Aspekt.
Machen, was möglich ist
Marcela Hohl arbeitet seit fast 15 Jahren im «Eibach» und fühlt sich in Gelterkinden daheim, obwohl sie nicht im Dorf wohnt. Sie wurde 1983 in Kolumbien geboren und kam mit 6 Jahren nach Basel. Ihre Mutter ist Ärztin und arbeitete in der Forschung an der Universität Basel. Schon in der Primarschule entdeckte Marcela die Freude am Singen: «Jeden Morgen kam der Lehrer mit der Blockflöte in der Hand ins Zimmer. Wir standen alle auf und fingen an zu singen.»
Als Bewegungspädagogin und Aktivierungsfachfrau ermöglicht sie mit ihrem vierköpfigen Team den Bewohnenden des «Eibachs» eine sinnvolle Alltagsgestaltung. «Was können wir anbieten, damit alle, die am Morgen aufstehen, hier gerne den Tag verbringen?», laute die Frage. Ob Turnen, Gymnastik, Spiel-, Gesprächsund Lesegruppen, Gedächtnistraining, Kochen, Backen und Grillieren, Boule spielen, Malen, Gestalten, Stricken oder Rikscha fahren: Für alle Interessen ist etwas dabei. Geburtstage werden gefeiert und es gibt sogar Ausflüge. «Das ist mit Aufwand verbunden, aber wir machen es gerne und sind ein sehr motiviertes Team», sagt Marcela Hohl. Das Motto laute: «Machen, was möglich ist.» Es gehe immer darum, Aktivitäten zu finden, an denen möglichst viele Bewohnende teilnehmen können.
Neben den Aktivitäten für grössere Gruppen, die in einem Wochenplan angekündigt werden, gibt es auch individuellere Angebote und persönliche Gespräche. Manche Bewohnende hätten viel auf dem Herzen, das sie früher nie loswerden konnten: «Da heisst es dabei sein und zuhören.» Marcela Hohl schätzt ihr Team, das Umfeld im «Eibach» und die Geschäftsleitung, die viel Wert auf die Aktivierung lege. Sie sei gesegnet, weil sie jeden Tag gerne zur Arbeit komme.
In ihrer Freizeit schwimmt Marcela Hohl. Dabei steht für die frühere Langstrecken- und Synchronschwimmerin die Ausdauer im Vordergrund. Das gelte auch bei der Arbeit: «Gewisse Ideen brauchen einfach Ausdauer und man darf sich nicht davon abbringen lassen», betont sie. In dieser Hinsicht habe sie viel von den «Eibach»-Bewohnenden gelernt: «Mach dein Ding. Schau nicht nach links oder rechts und nimm nicht alles so wichtig.» Die lange und vielfältige Lebenserfahrung ihrer Klientinnen und Klienten sei ein grosses Geschenk: «In einer Gruppe mit 16 Personen kommen weit mehr als 1000 Lebensjahre zusammen. Natürlich ist man im Alter nicht mehr so mobil und sieht nicht mehr aus wie 30, aber es sind so viel Wissen und wunderbare Fähigkeiten vorhanden.»
Frauen zögern (noch)
Zurück zur Gesprächsreihe: Angefragte Frauen würden häufiger absagen als Männer, sagt Marcela Hohl. Doch sie ist zuversichtlich: «Das muss jetzt etwas laufen und dann getrauen sich auch mehr Frauen.» Persönlich hat sie sich vorgenommen, nach der erfolgreichen Premiere die eigene Messlatte nicht zu hoch zu legen und sich selber nicht zu sehr unter Druck zu setzen.
Auch die Teilnehmenden der übernächsten Veranstaltung vom 13. November stehen bereits fest, sind aber noch geheim. Zukünftige Gesprächsrunden sind in Abklärung. Der Moderator fühle sich wohl und das Format passe zum Haus, sagt Marcela Hohl: «Deshalb denke ich schon, dass nächstes Jahr weitere Veranstaltungen stattfinden.»
Eine interessante Runde
min. Die nächste «Aeschbacher z’mittsdrin»-Gesprächsrunde findet übermorgen Donnerstag, 4. September, statt. Zu Gast sind wiederum drei Männer und eine Frau aus unterschiedlichen Generationen:
•˙Anja Mettler, angehende Fachangestellte Gesundheit, Hackbrettspielerin und Gewinnerin des Prix-Walo-Nachwuchspreises.
•˙Onorio Mansutti, früherer Modefotograf und mit 86 Jahren der Älteste in der Runde.
•˙Thomas Zeltner, Präsident des Schweizerischen Roten Kreuzes und ehemaliger Direktor des Bundesamts für Gesundheit.
•˙Tino Polsini, Orientierungsläufer aus Gelterkinden.