Grösseres Stück vom Kuchen
27.09.2024 SissachAufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts dürfen die Baselbieter Gemeinden bei der Aufwertung von Baugrundstücken mehr von der Wertsteigerung der Grundstücke abschöpfen als bisher. Das entsprechende Reglement kommt in Sissach demnächst vor die Gemeindeversammlung.
...Aufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts dürfen die Baselbieter Gemeinden bei der Aufwertung von Baugrundstücken mehr von der Wertsteigerung der Grundstücke abschöpfen als bisher. Das entsprechende Reglement kommt in Sissach demnächst vor die Gemeindeversammlung.
Christian Horisberger
Münchenstein hat’s vor Bundesgericht erstritten und vorgemacht, Sissach will jetzt nachziehen: Werden in der Gemeinde Grundstücke neu der Bauzone zugeschlagen oder Bauzonen-Parzellen um- oder aufgezont, will die Gemeinde einen grösseren Teil des daraus resultierenden Mehrwerts abschöpfen, als es die kantonale Gesetzgebung vorsieht. Am 16. Oktober legt der Gemeinderat der Gemeindeversammlung ein entsprechendes Reglement vor, das auf einen Antrag von Stefan Zemp (SP) zurückgeht.
Die Einzonung von Parzellen ins Siedlungsgebiet sind in der Regel verbunden mit einer markanten Wertsteigerung der Grundstücke. Einen Fünftel dieser Wertsteigerung muss die Eigentümerschaft nach kantonalem Gesetz von 2018 an die öffentliche Hand abliefern, sofern diese 50 000 Franken übertrifft. Von dieser Mehrwertabgabe gehen drei Viertel an den Kanton und ein Viertel an die Gemeinde. Fällig wird die Abgabe, wenn eine Baulandparzelle auf der Basis der neuen Grundlage genutzt wird. Den Gemeinden verbietet der Kanton per Gesetz, ebenfalls eine Mehrwertabgabe zu erheben.
Die Gemeinde Münchenstein war mit dieser Regelung nicht einverstanden und hat 2020 im bereits zweiten erfolgreichen Rechtsstreit mit dem Kanton zur Mehrwertabgabe vor Bundesgericht durchgesetzt, dass das kantonale Verbot einer kommunalen Abgabe ausser Kraft gesetzt werden muss. In der Folge haben die Stimmberechtigten von Münchenstein beschlossen, bei Ein-, Auf- und Umzonungen und Quartierplänen einen einheitlichen Abgabesatz von 50 Prozent auf den Mehrwert einzufordern.
Dem Münchensteiner Vorbild will nun Sissach folgen – teilweise. Gegenüber der Gemeinde im Unterbaselbiet setzt Sissach die Abgabesätze deutlich tiefer an: bei 20 Prozent des Mehrwerts bei Einzonungen und bei 30 Prozent, wenn Bauland einer anderen Bauzone mit höherer Nutzungsmöglichkeit zugewiesen wird (Umzonung) oder wenn die Nutzungsvorschriften die bauliche Nutzung eines Grundstücks erhöhen (Aufzonung).
Kanton bessert nach
Damit orientiert sich der Gemeinderat an der überarbeiteten Fassung des kantonalen «Gesetzes über die Abgabe von Planungsmehrwerten», die gegenwärtig von der parlamentarischen Bau- und Planungskommission beraten wird und die laut deren Präsident Andreas Eugster voraussichtlich im ersten Quartal 2025 in den Landrat kommt. Der Regierungsrat hat das Urteil der Bundesrichter im revidierten Gesetz wie folgt umgesetzt: Bei Ein-, Auf- und Umzonungen gilt eine Mehrwert-Abgabe von 20 Prozent des Planungsmehrwerts. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, den Abschöpfungssatz bei Um- und Aufzonungen auf bis zu 40 Prozent zu erhöhen. Die Freigrenze wird von 50 000 auf 30 000 Franken gesenkt.
Bei der Verteilung der Abgabe werden die Gemeinden besser gestellt: Bei Einzonungen fallen dem Kanton wie bisher drei Viertel der Abgabe zu und der Gemeinde ein Viertel. Bei Um- und Aufzonungen hingegen ist es umgekehrt: hier erhält die Standortgemeinde drei Viertel.
Die Verwendung der Abgabe ist zweckgebunden: Sie muss sowohl vom Kanton als auch von den Gemeinden für Massnahmen in der Raumplanung verwendet werden. Beim Kanton stehen Ersatzzahlungen im Fall von Auszonungen von Bauland im Vordergrund, bei Gemeinden können die Mittel beispielsweise für eine neue Strassengestaltung, für den Wohnungsbau oder für die Errichtung einer neuen Schule verwendet werden, wie es in den Erläuterungen zur Gemeindeversammlung am 16. Oktober heisst. Wie der Vorlage ausserdem zu entnehmen ist, muss zur Ermittlung der Wertsteigerung eine Fachexpertise erstellt werden.
Die Gemeinde Münchenstein hat auf der Basis ihrer ersten und noch gültigen Mehrwertabgabe-Regelung von 2017 mit mehreren Investoren Infrastrukturverträge abgeschlossen, die sich auf mehrere Millionen Franken summieren, wie Gemeindeverwalter Stefan Friedli auf Anfrage sagt. Mit welchen Erträgen Sissach durch die Mehrwertabgabe rechnet, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Die Abgabe dürfte vor allem dann fällig werden, wenn Parzellen zur inneren Verdichtung des Siedlungsgebiets um- und aufgezont werden. Einzonungen stehen aufgrund des geltenden Raumplanungsgesetzes, wonach die Siedlungsfläche in ländlichen Gemeinden eher reduziert als vergrössert wird, kaum zur Debatte.
Soll das Feuer auf der Fluh wieder lodern?
ch. Im Dezember 2021 hat der Sissacher Gemeinderat beschlossen, auf der Kanzel der Sissacher Fluh in Zukunft kein 1.-August-Höhenfeuer mehr entfachen zu lassen. Damit ist Einwohnerin Sonja Graf nicht einverstanden. Sie hat den Gemeinderat aufgefordert, das Volk über das Höhenfeuer entscheiden zu lassen. Diesem Wunsch leistet der Gemeinderat nun Folge. Er stellt das Höhenfeuer an der Gemeindeversammlung vom 16. Oktober zur Debatte.
Der Gemeinderat bleibt bei seinen Argumenten, die ihn zum Verzicht auf das Feuer auf der Fluh bewogen hatten: Damit das Höhenfeuer keine angrenzenden Bäume und Sträucher entzündet, müssten diese von der Feuerwehr laufend genetzt werden. Dies sei nicht nur ein erheblicher Aufwand, sondern bedeutet neben der vermehrt auftretenden Sommertrockenheit zusätzlichen Stress für die Pflanzen. Dies widerspreche dem Anliegen, den landschaftsprägenden Bewuchs der Felskuppe langfristig zu erhalten.
Für die Gemeindeversammlung am 16. Oktober sind zudem ein Baurechtsvertrag sowie ein Investitionsbetrag traktandiert. Der Gemeinderat beantragt dem Souverän einen Kredit in der Höhe von 65 000 Franken für die Schaffung eines Themenwegs «Hand – Handel – Händel». Dieser soll anlässlich des 800/500-Jahre-Jubiläums, das die Gemeinde und die reformierte Kirche Sissach im kommenden Jahr feiern, angelegt werden (siehe «Volksstimme» von gestern, Seite 25). Das Baurecht betrifft die Genossenschaft Alterssiedlung Sissach (Gass). Der für 50 Jahre zwischen der Gass und der Gemeinde abgeschlossene Vertrag läuft Ende 2025 aus. Er soll nun um lediglich sechs Jahre verlängert werden. Auf einen langfristigen Vertrag will der Gemeinderat verzichten, um keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, wenn in den kommenden Jahren aufgrund des wachsenden Pflegeplatzbedarfs Abklärungen über einen Ausbau des Altersheims Mülimatt getroffen werden müssen.