Gesund leben und bleiben
23.04.2025 SissachPolitikerin und Epidemiologe diskutieren im «Cheesmeyer»
vs. Was hilft, damit möglichst alle – Mensch, Gesellschaft und Umwelt – gesund bleiben? Dies erörtern im «Cheesmeyer» der Epidemiologe Marcel Tanner und Cécile ...
Politikerin und Epidemiologe diskutieren im «Cheesmeyer»
vs. Was hilft, damit möglichst alle – Mensch, Gesellschaft und Umwelt – gesund bleiben? Dies erörtern im «Cheesmeyer» der Epidemiologe Marcel Tanner und Cécile Bühlmann, die von 1991 bis 2005 für die Grünen im Nationalrat politisierte.
Marcel Tanner ist ein «Pionier der globalen Gesundheit». So porträtiert ihn der Historiker Lukas Meier in einer Biografie, die im Mai erscheint. Tanner leitete lange das Schweizer Tropen- und Public-Health-Institut sowie die Aussenstation Ifakara in Tansania. Und bis 2023 präsidierte der Professor an der Uni Basel die Akademien der Wissenschaften Schweiz.
Tanner steht für eine «Gesundheit von unten». Er forscht seit Jahrzehnten über die Malaria und arbeitet intensiv mit der lokalen Bevölkerung in abgelegenen Gebieten. In unzähligen Dörfern baute er mit seinen Mitarbeitenden einfache Gesundheitszentren («Primary Care Centers») auf. Sie mindern viel Leid und stabilisieren Randregionen. Die dörflichen Samariterposten sollen die städtischen Zentren entlasten, die Ansässigen vor Ort medizinisch versorgen, die Schulen unterstützen, Prophylaxe pflegen, sportliche Aktivitäten fördern und das Abwandern verhindern.
«Wichtig ist», bilanziert Tanner, «dass man kontinuierlich und beharrlich arbeitet, menschliche Werte hoch hält und dem friedlichen Miteinander dient.» Dazu gehöre «eine transparente, sachliche Information und dialogische Kommunikation ohne jegliche Propaganda». So Tanner, der auch als «Mister Corona» bekannt ist. Während der Pandemie beriet er den Bundesrat mit. Und im Fernsehen erläutert er immer wieder schwierige Zusammenhänge recht einfach.
Tanner plädiert für einen «Respekt ohne vorgefasste Meinung». Und in Krisenzeiten gelte erst recht, Ruhe zu bewahren, nicht «aktivistisch drauflos zu schiessen, sondern Handlungsoptionen zu erarbeiten und lieber gemeinsam zum Fenster hinaus zu schauen anstatt jeder für sich in den Spiegel». Das ermögliche weiterführende Schritte. Es gehe nach Philosoph Pierre Teilhard de Chardin (1881– 1955) nicht darum, Grossartiges zu leisten, sondern um «die gewöhnlichen Dinge in Anerkennung innerer Werte».
Cécile Bühlmann war einst Klosterschülerin, dann Lehrerin. Im Jahr 1970 engagierte sie sich gegen die Schwarzenbach-Initiative, die den Anteil der ausländischen Bevölkerung in der Schweiz auf 10 Prozent beschränken wollte. «Das berührte mich zutiefst», so Bühlmann. «Denn meine Mutter, Tochter eines italienischen Einwanderers, erlebte schlimmste Diskriminierungen.» Sie durfte aber, wie Cécile, nicht über die Initiative abstimmen! Die Schweiz führte das Frauenstimmrecht erst 1971 ein.
«Patriarchale Verhältnisse mit klassischer Rollenteilung zwischen Mann und Frau blieben allerdings weiter bestehen», kommentiert Bühlmann. Sie setzte sich nun mit der Organisation für die Sache der Frauen (Ofra) für eine Mutterschaftsversicherung, höhere Frauenlöhne, Kinderkrippen sowie Frauenquoten in Politik und Wirtschaft ein. «Ich warf all die alten, mir eingetrichterten Klischees, wie eine richtige Frau zu sein hätte, über Bord und fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben richtig wohl in meiner Haut.»
Bühlmann leitete von 1995 bis 2007 auch die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus mit, von 2005 bis 2013 den Christlichen Friedensdienst und von 2006 bis 2018 Greenpeace Schweiz. Sie will «die Umwelt nachhaltig schützen, damit der Planet Erde für kommende Generationen und alle lebenswert bleibt, auch für Migrierte und Diskriminierte». Beide Gäste verstehen Gesundheit umfassend. Sie habe mit unserem Lebensstil, mit Psycho-Hygiene und sozialen Beziehungen zu tun, aber auch mit klimatischen Bedingungen, demokratischer Teilhabe und der Bereitschaft, unsere «konsumistische Kultur» zu hinterfragen.
Talk mit Cécile Bühlmann und Marcel Tanner, moderiert von Ueli Mäder, Donnerstag, 24. April, 19 Uhr, «Cheesmeyer», Sissach