Gemeinsam gestalten: Impulse fürs Dorfleben
02.12.2025 PolitikHenri Rigo, Gemeindepräsident Ormalingen, parteilos
Der Wunsch nach einem Beachvolleyballfeld taucht immer wieder auf. Eine Idee, die sofort Bilder weckt: Menschen, die sich treffen, gemeinsam spielen und das Dorfleben beleben. Doch solche Vorhaben gelingen nur, ...
Henri Rigo, Gemeindepräsident Ormalingen, parteilos
Der Wunsch nach einem Beachvolleyballfeld taucht immer wieder auf. Eine Idee, die sofort Bilder weckt: Menschen, die sich treffen, gemeinsam spielen und das Dorfleben beleben. Doch solche Vorhaben gelingen nur, wenn engagierte Personen ein Konzept erarbeiten, einen Standort vorschlagen, die Finanzierung klären und Betrieb sowie Unterhalt regeln. Erst auf dieser Basis kann der Gemeinderat entscheiden, ob und wie ein Projekt unterstützt wird. Die Hauptverantwortung bleibt bei der Gruppe, die das Vorhaben initiiert hat, denn nur so bleibt ein Projekt realistisch und tragbar.
Dieses Beispiel zeigt gut, wie anspruchsvoll Gemeindearbeit im Milizsystem sein kann. Für viele Aufgaben braucht es Fachwissen, das in einer kleinen Verwaltung nicht immer vorhanden ist. Oft höre ich den Hinweis, man hätte etwas besser lösen können, denn im Dorf gebe es doch Ingenieure, Landschaftsplaner, Architekten oder andere Fachleute. Dieses Wissen ist vorhanden, gehört aber nicht automatisch zur Verwaltung und kann nicht einfach abgerufen werden. Deshalb müssen Gemeinden externe Büros beiziehen, die Erfahrung, aber auch ihren Preis haben. Dazu kommen Vorgaben, Qualitätsstandards und Sicherheitsauflagen, die öffentlichen Trägerschaften teilweise höhere Anforderungen auferlegen als anderen Anbietern. Das führt zu Lösungen, die fachlich einwandfrei sind, aber schnell sehr teuer werden.
Private Initiativen haben hier mehr Freiraum. Sie können pragmatischer vorgehen, Unterstützung aus dem Dorf einbinden und Angebote schaffen, die bezahlbar bleiben. Zudem entsteht dabei ein starkes Wir-Gefühl, das aus dem gemeinsamen Planen, Anpacken und Sorgetragen wächst. Diese Verbundenheit ist ein wichtiger Teil eines lebendigen Dorflebens.
Wenn man diese Hintergründe kennt, versteht man besser, weshalb die Erwartung an die Gemeinde nicht grenzenlos sein kann. In vielen Gesprächen fällt mir jedoch auf, dass genau diese Erwartung wächst. Ein Treffpunkt für Jugendliche, ein neuer Wanderweg, zusätzliche Bewegungsmöglichkeiten für Familien, ein Mittagstisch oder eine Hausaufgabenhilfe, finanzielle Unterstützung für Vereine oder der Wunsch nach einer 1.-August-Feier. Rasch entsteht der Eindruck, die Gemeinde müsse jedes Anliegen sofort aufnehmen und steuerfinanziert umsetzen. Doch kleine Gemeinden können nicht jede Idee selbst entwickeln oder unmittelbar realisieren. Sie funktionieren nur dann gut, wenn Bevölkerung und Gemeinderat gemeinsam Verantwortung tragen. Die Verwaltung kann begleiten, prüfen und unterstützen, aber nicht jede Lücke im Dorfleben aus eigener Kraft schliessen.
Zum Jahresende lohnt sich deshalb eine einfache Überlegung. Erwarten wir alles von den Behörden oder sind wir bereit, mitzuwirken? Vielleicht ist jetzt ein guter Moment, die Perspektive zu wechseln und sich zu fragen, wo man selbst einen Beitrag leisten kann. Aus solchen Schritten wächst ein Gemeindeleben, das trägt und verbindet.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

