Geld und Politik
27.03.2025 RünenbergErnst Schürch, Landrat SP, Rünenberg
In meiner letzten «Carte blanche» habe ich unter dem Titel «Geld und Bildung» über die Budgetdebatte des Landrats im vergangenen Dezember geschrieben. Aufgrund des schlechten Budgets für das ...
Ernst Schürch, Landrat SP, Rünenberg
In meiner letzten «Carte blanche» habe ich unter dem Titel «Geld und Bildung» über die Budgetdebatte des Landrats im vergangenen Dezember geschrieben. Aufgrund des schlechten Budgets für das Jahr 2025 und der Prognosen im Aufgaben- und Finanzplan 2025 bis 2028 wurden in allen Bereichen verschiedene Abbaumassnahmen beschlossen. Der Regierungsrat und die rechte Mehrheit im Landrat haben für die nächsten vier Jahre eine Finanzstrategie erarbeitet respektive beschlossen. Unter anderem müssen dadurch in der Bildung 136 Millionen Franken gespart werden.
Gestern wurde nun die Jahresrechnung 2024 präsentiert. Statt des budgetierten Verlusts von 60 Millionen Franken resultiert in der Rechnung ein Gewinn von 157 Millionen Franken. Die Rechnung schliesst also um 217 Millionen Franken besser ab als budgetiert! Grundsätzlich ist ein solcher Abschluss sehr erfreulich. Und natürlich ist es richtig, dass ein Budget eher zurückhaltend erstellt wird, sei es beim Kanton, bei einer Gemeinde oder für einen privaten Haushalt. Dieser enorme Unterschied zwischen Budget und Rechnung ist aber doch zu gross, um ihn «nur» mit Freude zur Kenntnis zu nehmen. Es stellen sich einige Fragen.
Der Budgetprozess muss überprüft werden. Das Budget wird aufgrund von sehr vielen Prognosen bei den Einnahmen und bei den Ausgaben erstellt, die eine gewisse Ungenauigkeit enthalten. Kann der Kanton genauere Prognosen machen? Lässt sich im Landrat eine Mehrheit finden, um das Budget in Zukunft mutiger auszugestalten, statt eine Finanzstrategie mit vielen Abbaumassnahmen zu beschliessen? Gelangen auch rechte Landrätinnen und Landräte zur Einsicht, dass das Finanzhaushaltsgesetz überarbeitet werden muss, weil es die wachsende Bevölkerung unseres Kantons nicht berücksichtigt? Das Gesetz bewirkt aktuell, dass das Budget der tatsächlichen Entwicklung des Kantons immer um einige Jahre hinterherhinkt und so vieles verhindert oder gebremst wird. Unser Kanton müsste bereit sein, proaktiv in eine positiv ausgestaltete Zukunft für unsere Bevölkerung zu investieren. Mit Sparen und Verhindern von Entwicklungen werden wir für Firmen und Private unattraktiv und bewirken Rückschritt statt eines gesunden Wachstums.
Die Regierung und der Landrat müssen unbedingt reagieren und mindestens einen Teil der Finanzstrategie mit ihren vielzähligen und schädlichen Abbaumassnahmen korrigieren. Ist die rechte Mehrheit im Landrat dazu bereit, die Massnahmen aufgrund der deutlich besseren finanziellen Voraussetzungen noch einmal zu prüfen und Korrekturen anzubringen? Können bürgerliche Landrätinnen und Landräte in den nächsten Monaten über ihre Schatten springen, wenn Vorstösse zur Korrektur von schädlichen Sparmassnahmen eingereicht werden? Oder reichen sie solche Vorstösse gar selbst ein und suchen die Zusammenarbeit mit den Linken im Landrat? Man darf gespannt sein, ob in nächster Zeit im Interesse der Bevölkerung unseres Kantons Realpolitik gemacht wird und Verbesserungen erzielt werden oder ob politisch Rechte an ihren Dogmen festhalten.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.