Gefragtes Erlebnis Bauernhof
10.12.2024 DiegtenDas Projekt «Bim Buur in d’Schuel» ist 30 Jahre alt
Meisterlandwirtin Yvonne Ritter vermittelt Kindern auf ihrem Hof Eimatt in Diegten Erlebnisse, die ihnen den Alltag der Landwirtschaft näherbringen. So lernen die Kinder unter anderem, woher unser Essen kommt.
...Das Projekt «Bim Buur in d’Schuel» ist 30 Jahre alt
Meisterlandwirtin Yvonne Ritter vermittelt Kindern auf ihrem Hof Eimatt in Diegten Erlebnisse, die ihnen den Alltag der Landwirtschaft näherbringen. So lernen die Kinder unter anderem, woher unser Essen kommt.
Elmar Gächter
Das Projekt «Bim Buur in d’Schuel» blickt heuer in den beiden Basel auf 30 erfolgreiche Jahre zurück. So haben in diesem Jahr rund 2000 Schülerinnen und Schüler einen Bauernhof besucht und den Alltag der Lebensmittelproduktion, der Natur- und Landschaftspflege und den Umgang mit Nutztieren und deren Pflege kennengelernt.
Umso mehr stört sich Claudia Brodbeck in einem Leserbrief an der Aussage der Präsidentin des Trägervereins Naturpark Baselbiet, die an einer Podiumsdiskussion geäussert habe, dass das Projekt «Bim Buur in d’Schuel» im Rahmen des Parks wiederzubeleben sei. Bäuerin und Landrätin Brodbeck ist als Präsidentin der Bildungskommission des Bauernverbands beider Basel direkt in das Projekt involviert. Die «Volksstimme» wollte sich in einem Betrieb, der seit elf Jahren Projekthalbtage «Bim Buur in d’Schuel» anbietet, über entsprechende Erfahrungen erkundigen und hat deshalb Yvonne Ritter auf ihrem Hof Eimatt in Diegten besucht.
Im Gespräch mit der Meisterlandwirtin, die den Milchwirtschaftsbetrieb mit rund 120 Tieren seit Anfang 2023 alleinverantwortlich in dritter Generation führt, spürt man bereits nach den ersten Sätzen die Begeisterung, jungen Menschen die Landwirtschaft näherzubringen. «Es gibt Kinder, die haben noch nie ein Kälbchen berührt. Und wenn sie sich nach einer gewissen Anlaufzeit trauen, es zu streicheln, sieht man ihnen ihre Freude und ihren Stolz an», so Yvonne Ritter. Noch keinen Moment hat sie es bereut, Kindergartenkinder sowie Primarschulklassen der ersten und zweiten Stufe auf ihrem Hof jeweils einen halben Tag schnuppern zu lassen. Sie stellt fest, dass die Kinder den Bezug zur Landwirtschaft und insbesondere dazu, woher die Lebensmittel kommen, je länger, je mehr verlieren. «Früher gab es in den Klassen noch Bauernkinder, heute ist vielfach kein einziges mehr dabei», hält sie nüchtern fest.
Auch Lehrpersonen aufklären
Das Thema Bauernhof gehört mittlerweile zum Lehrplan an Kindergärten und Primarschulen in beiden Basel. Wichtig ist Yvonne Ritter, den Halbtag mit den Lehrpersonen vorgängig zu besprechen, um zu erfahren, welche Ansprüche sie haben, damit sie ihnen möglichst gerecht werden kann. Der Erfolg hänge auch stark davon ab, wie die Lehrkraft ihre Klasse auf den Besuch vorbereite. «Beim Gespräch mit den Lehrpersonen stelle ich manchmal auch fest, dass ich sie zunächst selber über grundsätzliche Aspekte der Landwirtschaft aufklären muss, insbesondere die jüngeren Lehrkräfte.»
Zu den schönsten Erfahrungen zählt Yvonne Ritter, wenn sie schon in den ersten Sekunden merke, welche Kinder sich am auffälligsten benehmen und auf welche die Lehrperson ständig ein spezielles Auge richten müsse. «Aber es sind just jene Rabauken, die im Lauf des Besuchs sich fast nicht mehr von Kälbchen trennen können und ihnen vor der Rückkehr unbedingt noch tschüss sagen möchten», hält sie schmunzelnd fest. Was sie auch immer wieder freue, sei, wenn ihr Lehrpersonen mitteilten, dass sich ihre «Schäfchen» auf dem Hof ganz anders, viel angenehmer verhalten als im Schulzimmer. Dies stimme sie ein wenig nachdenklich, denn vielleicht liege der Grund für ein auffälliges Verhalten auch an der Umgebung, in die das Kind gedrückt werde.
Kinder sind auch kritisch
Das praktische Erleben und das selber Handanlegen stehen im Mittelpunkt des Hofbesuchs. Beispielsweise selber versuchen, eine Kuh zu melken und dabei zu merken, dass dies alles andere als einfach sei, hinterlasse bei den Kindern Eindrücke auch für ihr späteres Leben. «Wenn ich an mein erstes Klassentreffen ein paar Jahre nach Schulabschluss zurückdenke, so waren die damaligen Erlebnisse auf dem Bauernhof eine prägende Erfahrung, die lebenslang bleibt», sagt Ritter.
Lehrpersonen wünschten gemäss der Landwirtin vor allem, dass man den Weg der Milch erkläre. Dementsprechend kämen auch von Kindern Fragen, wie die Milch in das Euter komme und weshalb die Kuh überhaupt Milch gebe. Wichtig sei den jungen Besuchern vor allem auch, welche Namen die Kühe und Kälbchen tragen. «Ich erlebe die Kinder sehr positiv und sie sind stets an allem sehr interessiert», hält Yvonne Ritter fest. Die Kinder seien nicht weniger kritisch als Erwachsene, einfach anders. Bei ihnen müsse man sich nicht, wie bei gewissen Erwachsenen, für alles und jedes rechtfertigen, was ein Landwirt zu tun und zu lassen habe. «Sie geben mir auf ihre Art eine Wertschätzung, wie ich sie mir für unsere Arbeit auch von der Gesellschaft wünsche. So hoffe ich, dass sie auch, wenn sie älter sind, zwar kritisch bleiben, aber die Aspekte der Landwirtschaft auch aus unserer bäuerlichen Sicht betrachten.» Diese Hoffnung ist für sie auch eine Triebfeder, um auf ihrem Hof «Bim Buur in d’Schuel» weiterhin anzubieten.
Zur Person
emg. Die 40-jährige Yvonne Ritter wollte nach der Matur eigentlich Sportlehrerin werden. Sie entschied sich jedoch für die Lehre als Landwirtin und die Weiterbildung zur Meisterlandwirtin. Am 1. Januar 2023 hat sie von ihrem Vater den Hof Eimatt übernommen, den sie zusammen mit ihrem Lebenspartner Urs Tschannen bewirtschaftet. Auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von rund 35 Hektaren halten sie rund 120 Tiere (Milchkühe, Rinder und Kälber), bauen Getreide und Silomais an und führen eine Obstplantage. Ritter ist zudem Züchterin und Geschäftsführerin von swissherdbook Baselland. Ihren sportlichen Aktivitäten geht sie unter anderem beim Geräteturnen und als Leiterin beim Turnverein Diegten nach.
Projekt «Bim Buur in d’Schuel»
emg. Den ausserschulischen Lernort «Schule auf dem Bauernhof» gibt es seit mehr als 40 Jahren. Er bietet nachhaltiges Lernen und Erfahren mit allen Sinnen und stellt den direkten Kontakt zur Welt des Bauernhofs und zum Ursprung unseres Essens her.
In der ganzen Schweiz gibt es rund 400 Bauernfamilien, die Schulklassen auf ihrem Hof empfangen. Rund 3500 Schulklassen mit 60 000 Kindern und Jugendlichen profitieren jedes Jahr davon. Der Bauernverband beider Basel und der Ebenrain organisieren diese Anlässe seit rund 30 Jahren unter dem Titel «Bim Buur in d’Schuel». Zurzeit beteiligen sich rund 20 Betriebe in Baselland am Projekt.