Fleiss, Mut und Glück
18.06.2024 Sport, Weitere SportartenSchwingen | Die Baselbieter holten vier Kränze am «Nordwestschweizerischen»
Am Sonntag war es endlich so weit: Lausen konnte das 116. Nordwestschweizer Schwingfest durchführen. Der Festsieg ging an den Zuger Gastschwinger Marcel Bieri – dabei kam ...
Schwingen | Die Baselbieter holten vier Kränze am «Nordwestschweizerischen»
Am Sonntag war es endlich so weit: Lausen konnte das 116. Nordwestschweizer Schwingfest durchführen. Der Festsieg ging an den Zuger Gastschwinger Marcel Bieri – dabei kam ihm ein Fricktaler fast in die Quere.
Luana Güntert
Er hatte nicht nur die meisten Fans dabei, sondern am Mittag auch die meisten Punkte gesammelt: Samuel «Sämi» Schmid. Der Fricktaler Schwinger war im Hoch und führte die Zwischenrangliste am «Nordwestschweizerischen» in Lausen nach vier Gängen souverän an. Der Wittnauer, der vom Buusner Sportphysiotherapeuten Felix Zimmermann trainiert wird und noch nie zuvor ein Teilverbandsoder Bergfest gewinnen konnte, legte unter anderem zwei Eidgenossen ins Sägemehl. Er besiegte Benjamin Gapany und machte mit Adrian Odermatt kurzen Prozess; nach nicht einmal einer halben Minute lag dieser auf dem Rücken. «Ich habe mich schon beim Greifen gut gefühlt. Adrian kenne ich aus gemeinsamen Trainings und ich wusste, dass er mir als Gegner liegt. Deshalb habe ich alles riskiert», sagte Schmid nach seinem Kampf gegen den Liesberger gegenüber SRF.
Seine erfolgreiche Punktejagd brachte Schmid bis in den Schlussgang, wo er auf den Zuger Eidgenossen Marcel Bieri traf, der als Favorit gehandelt wurde. Während die Fans «ihren» Sämi in den Gängen zuvor schon anfeuerten, war beim Schlussgang dann auch dem Letzten klar, welcher Schwinger gemäss den Zuschauern gewinnen muss: «Sämi! Sämi! Sämi!», tönte es von allen vier Tribünen her. Geholfen hat es nur bedingt: Lange konnte sich der 29-Jährige im Kampf halten, doch nach achteinhalb Minuten holte ihn Bieri mit einem Kurz von den Beinen und drückte ihn ins Sägemehl.
«Der Sieg ist für mich eine Bestätigung für meine Saison, die sehr gut läuft. Wenn man gesund ist und bleibt, kann viel drin liegen», sagte Bieri im Siegerinterview auf dem Schwingplatz. Der erste Platz in Lausen bedeute ihm sehr viel. Da Schmid in diesem sechsten Gang 8,75 Punkte erzielte, wurde er in der Endabrechnung vom erst 18-jährigen Aargauer Sinisha Lüscher überholt und klassierte sich auf dem Rang 3a. «Der Tag hat mich viel Energie gekostet und ich habe meine Chancen eher im Konter gesucht, was leider nicht geklappt hat», so Schmid nach seiner Niederlage. Den Rest des Tages, der ihm viel Selbstvertrauen gebe, nehme er gerne mit für die bevorstehenden Schwingfeste.
Junge Binninger erfolgreich
Die Baselbieter Delegation konnte sich in Lausen vier Kränze erschwingen. 4 von 19 Auszeichnungen tönt nach wenig, doch wenn man bedenkt, dass die Kantone Aargau und Solothurn viel mehr Teilnehmer stellten, geht die Ausbeute wohl in Ordnung – dies bestätigt auch Matthias Graber, technischer Leiter des Baselbieter Verbandes. Zudem fehlte auch Samuel Brun, der am «Nordwestschweizerischen» schon mehrere Kränze gewinnen konnte. Mit Adrian und Jonas Odermatt sowie Lars Voggensperger erkämpften sich die drei jungen Athleten vom Schwingklub Binningen Eichenlaub. Ebenfalls krönen lassen konnte sich der fast 32-jährige Christian Brand vom Schwingklub Oberwil.
Aus Oberbaselbieter Sicht am erfolgreichsten war der 20-jährige Liestaler Enea Ancona, der im sechsten Gang überraschend gegen den 55 Kilogramm schwereren Aargauer Tiago Vieira stellen konnte. Am Schluss platzierte er sich auf dem Rang 10a. Jene zwei Oberbaselbieter, denen ein Kranz zugetraut worden wäre, mussten ihre Teilnahme in Lausen verletzungsbedingt absagen: Andrj Gerber aus Rothenfluh und der Langenbrucker Simon Schmutz, der sich vor zwei Wochen an den Bändern verletzt hat und nur als Zuschauer in Lausen dabei war. «Gerade der beste Zeitpunkt dafür», wie er ironisch dazu sagt. «Lokalmatador» Yanik Gisin aus Lausen konnte zwei Kämpfe gewinnen und zwei stellen und sich so auf dem Schlussrang 15a platzieren.
Zu gewinnen gab es für die ersten drei den Siegermuni «Birrer’s Falco vom Oristal», das Rind «Quimba» sowie das Fohlen «Lucy PBM». Im Gabentempel konnten sich die Schwinger neben den typischen Preisen wie Treicheln, Kommoden und Baugeräten auch speziellere wie eine Palette voll sauren Most, Stehplatz-Tickets für ein Spiel des FC Aarau oder ein Stand Up Paddle aus Holz aussuchen.
Ein «wunderbarer Nachmittag»
Ausverkauft war die Arena in Lausen nicht, hingegen liessen sich viele nationale und regionale Promis das Fest nicht entgehen. Personen aus der Politik wie Thomas Weber, Maya Graf oder Sarah Regez, aber auch Kevin Schläpfer, Stefan Büsser und der verletzte Schwingerkönig Joel Wicki waren vor Ort.
Die bekannteste Persönlichkeit aber kam, als viele Fans ihre Plätze in der Schwingpause verlassen hatten und in der Festmeile waren: Albert Rösti. Der SVP-Bundesrat sprach in seiner Rede auf Einladung von OK-Präsidentin Sandra Sollberger davon, dass Schwinger Vorbilder seien, da sie neben dem Spitzensportlerdasein in der Regel einer «normalen» Arbeit nachgingen. Er sagte weiter, dass es im Leben drei Dinge brauche, um erfolgreich zu sein: Fleiss, Mut und Glück – das werde von den Schwingern verkörpert. Mut brauche es auch in der Politik, um die Schweizer Werte, die sich von denjenigen im Ausland unterscheiden, zu erhalten. Er wünschte allen Anwesenden einen «wunderbaren Nachmittag» und verabschiedete sich wieder. «Wunderbar» war er dann auch, der Nachmittag. Zum ersten Mal seit Langem schien die Sonne und der Sommer wirkte – endlich – greifbar. Beste Voraussetzungen also für die laufende Schwingsaison.