Fleisch- statt Felsbrocken
14.08.2025 Sport, Weitere SportartenAndrj Gerber will am «Eidgenössischen» nichts bereuen, Janis Schick muss doch passen
Andrj Gerber hat im Steinstossen die Qualifikation für das «Eidgenössische» geschafft. Dank einer guten Saison im Sägemehl heisst es für den Rothenflüher ...
Andrj Gerber will am «Eidgenössischen» nichts bereuen, Janis Schick muss doch passen
Andrj Gerber hat im Steinstossen die Qualifikation für das «Eidgenössische» geschafft. Dank einer guten Saison im Sägemehl heisst es für den Rothenflüher nun aber Selektion statt Qualifikation – und die Gegner sind 150-Kilo-Brocken statt eines 20-Kilo-Steins.
Sebastian Wirz
Dass Andrj Gerber beim Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) 2025 im Einsatz stehen wird, ist schon lange klar: Weil eine Selektion als Schwinger kein Selbstläufer ist und Gerber gerne Stein stösst, hat der 25-Jährige an der Qualifikation für die Steinstoss-Wettbewerbe teilgenommen und sich durchgesetzt. Seit Sonntagabend ist aber klar: Der Platz im Steinstossen wird wieder frei. Gerber ist nicht nur für das Esaf selektioniert worden, sondern hat sich dank seiner Leistung am Nordwestschweizer Schwingfest gar den zweiten Stern hinter seinem Namen verdient. Der Zimmermann wird als Teilverbandskranzer am Höhepunkt des dreijährigen Schwinger-Zyklus teilnehmen.
Die Erwartungen an Gerber sind seit Jahren hoch. 2017 gewann er am Baselbieter «Kantonalen» in Oberdorf mit 17 seinen ersten Kranz und war seither stets einer, von dem sich Matthias Graber, der technische Leiter des Kantonalverbands, den nächsten Schritt erhoffte. Entsprechend ist das «Eidgenössische» für Gerber nicht komplettes Neuland: 2019 in Zug und 2022 beim Heim-Esaf in Pratteln war er bereits als Ersatz dabei, sollte die Luft in der grossen Arena schnuppern und sehen, wie der Grossanlass für die Schwinger abläuft – als Vorbereitung auf eigene Auftritte im grössten Scheinwerferlicht. Denn mit den Zehntausenden Zuschauern in der Arena, den langen Pausen an einem zweitägigen Fest mit zwei zusätzlichen Gängen sowie den im Vergleich zu kleineren Festen teils grossen Distanzen zum Rückzugsort für die Schwinger stellt ein Esaf ganz eigene Anforderungen an die Athleten. Gerber hat das zumindest schon zweimal gesehen.
Der lange Weg zum zweiten Stern
Doch der Schritt zum Teilverbandskranzer wurde nun erst acht Jahre nach dem ersten Kranzgewinn Realität. Grund dafür waren nicht zuletzt Verletzungen. 2022 kamen die entscheidenden Kranzfeste für die Selektion zum Esaf zu früh, 0,25 Punkte fehlten dem Rothenflüher zum NWS-Kranz. Vergangenes Jahr verpasste er dasselbe Fest in Lausen – organisiert von seinem Schwingklub Liestal – verletzungsbedingt ganz. Und auch heuer begann Gerber sehr spät mit dem Training: Erst im Dezember hatte er eine Platte aus dem Ellbogen entfernen lassen, die nach einem Bruch im Gelenk eingesetzt werden musste. In den Jahren davor war einmal der andere Ellbogen ausgerenkt und einmal der Oberschenkelmuskel abgerissen. «Seit 2020 habe ich nie eine ganze Saison geschwungen», sagt Gerber, der 2022, 2023 und 2024 dennoch stets eine Auszeichnung holte. Heuer hat er erstmals zwei Kränze in einer Saison gewonnen.
Gerbers Verletzungen passierten alle im Sägemehl, meist an Bergfesten, was für eine mentale Herausforderung und eine zwiespältige Beziehung zu diesen Saison-Höhepunkten sorgte. «Sie sind wegen der starken Konkurrenz ein riesiges Stück Arbeit. Es ist nicht einfach, das Fest zu geniessen, weil man in jedem Gang an seine Grenzen gehen muss», sagt Gerber. Ob der Verletzungen hatte der Schwinger denn auch Zweifel, ob er sich den Schwingsport noch einmal antun wolle. Geholfen hat die Tatsache, dass er nicht eine Schwachstelle habe, die immer wieder Probleme mache, sondern dass es unglückliche Unfälle an verschiedenen Körperteilen gewesen seien.
Und so nimmt Gerber die Herausforderung Esaf in gut zwei Wochen gerne an, obwohl auch hier nur schwierige Gegner warten. Er wolle das Fest geniessen und nehme sich als Ziel vor, unabhängig vom Rang mit seiner Leistung zufrieden sein zu können. «Ich will nicht denken, dass hier und dort noch mehr möglich gewesen wäre», sagt der einzige Oberbaselbieter im Nordwestschweizer Aufgebot.
Zwei Oberbaselbieter
wis. Die Hoffnung auf eine positive Diagnose und einen schnellen Heilungsverlauf ist enttäuscht worden: Janis Schick hat sich am Sonntag eine Bänderverletzung in der Schulter zugezogen. Der Bennwiler wird das Esaf vom 29. bis 31. August in Glarus verpassen. Damit wird mit Andrj Gerber nur ein Athlet aus dem oberen Kantonsteil für das Baselbiet antreten. Da der Langenbrucker Simon Schmutz vom Innerschweizer Schwingerverband selektioniert worden ist, werden dennoch zwei Oberbaselbieter Athleten im Einsatz stehen.