Ferienzeit
11.07.2025 SportNun haben sie wieder begonnen, die Sommerferien. Viele Familien fahren nach Italien oder Spanien. Mein Zwillingsbruder und ich konnten durch die Arbeit unserer Eltern, der Vater war Coiffeur mit eigenem Salon, die Mutter arbeitete im Obstgeschäft in der Markthalle bei ihrem Bruder, keine ...
Nun haben sie wieder begonnen, die Sommerferien. Viele Familien fahren nach Italien oder Spanien. Mein Zwillingsbruder und ich konnten durch die Arbeit unserer Eltern, der Vater war Coiffeur mit eigenem Salon, die Mutter arbeitete im Obstgeschäft in der Markthalle bei ihrem Bruder, keine Ferien machen. Trotzdem freuten wir uns immer auf diese Zeit. Die Familie hatte in Oberwil auf der «Lettenmatt» einen Garten mit einem Haus. Es gab eine Küche, einen Wohn- und einen Schlafraum. Unser «Grosi», das sich auch sonst um uns kümmerte, verbrachte dort den Sommer mit uns. Zu essen gab es viel frisches Gemüse aus dem Garten. Regelmässig fuhren wir mit dem Velo den Hügel hinunter in die «Badi» Bottmingen – mit einem Zweifränkler im Sack für eine Glacé oder Pommes frites …
In der «Badi» trafen wir uns mit Gleichaltrigen für Fussballmatches, nicht zur Freude der Bademeister. Es war ja schliesslich eine Liegewiese und kein Fussballplatz! Trotzdem drückten sie beide Augen zu, das wäre heute nicht mehr möglich. Abends machten wir uns jeweils hungrig und müde auf den Weg zurück auf die «Lettenmatt». Unser «Grosi» wartete schon mit dem Abendessen auf uns und wir konnten ihm von unserem freudigen Tag erzählen.
Doch im Sommer gab es für uns nicht nur die «Badi». Im Wald, der bis nach Therwil reichte, gab es viel zu entdecken. Mit Freunden, die ebenfalls die Ferien in ihren Gärten verbrachten, gingen wir auf Entdeckungsreise. Dabei sahen wir immer wieder Rehe, Füchse und Hasen. Das tollste jedoch waren alte Bunker, die von «Einsiedlern» bewohnt waren. Anhand der Feuerstellen vor dem Eingang wussten wir, es ist jemand zu Hause. Ängstlich und neugierig zugleich haben wir gewartet, ob jemand nach unseren Rufen herauskommt. Damals trafen wir nicht jedes Mal einen dieser Männer an, doch wenn, dann erzählten sie uns die abenteuerlichsten Geschichten aus ihrem Leben. Fantastisch war’s!
Samstags und sonntags herrschte reger Betrieb im Restaurant nahe des Waldes. Besucher spielten Boule oder kegelten. Dort hatten mein Bruder und ich die Aufgabe, die Kegel aufzustellen und die Kugel wieder zurückzubringen. Pro Stunde zahlten die Spieler uns 50 Rappen. Nach dem Wochenende waren wir jeweils um drei bis fünf Franken reicher – ein schönes Sackgeld!
Meine beschriebenen Erinnerungen gehen zurück in die 1960er-Jahre. Wenn ich heute den Aufwand sehe, der für «erholsame» Ferien auf sich genommen wird, waren das damals wunderschöne Zeiten.
Ich wünsche Ihnen, liebe «Volkstimme»- Leserinnen und -Leser, eine erholsame und stresslose Zeit – so wie ich sie damals hatte.
Marcel Hottiger
Marcel Hottiger hat als Fussball-Instruktor und Trainer vom Nachwuchs bis zu den Profis gearbeitet. Beim FC Basel war er lange Nachwuchschef, bei YB Sportdirektor. Bis vor Kurzem trainierte er die AC Rossoneri.