Familienfreundlicher Katzenfütterungsautomat
04.09.2025 PolitikMichael Bürgin, Gemeindepräsident Bennwil, parteilos
Ich habe ein spezielles Verhältnis zu unseren Katzen und die wissen das. Morgens miauen und scharren diese herzigen Kreaturen so blöd, dass ich nach langem Hin- und Herwälzen aufgebe und ...
Michael Bürgin, Gemeindepräsident Bennwil, parteilos
Ich habe ein spezielles Verhältnis zu unseren Katzen und die wissen das. Morgens miauen und scharren diese herzigen Kreaturen so blöd, dass ich nach langem Hin- und Herwälzen aufgebe und ihnen Futter gebe. Dann haben wir den Fütterungsautomaten entdeckt. Nun werden die Viecher jeden Morgen von selbst gefüttert und ich kann länger schlafen. Aber etwas fehlt …
Violinpädagoginnen und Geigenlehrer kennen die Suzuki-Methode. Hier wird das Erlernen des Instrumentalspiels mit dem Erwerb der Muttersprache gleichgesetzt. Ein wichtiger Bestandteil ist, dass Vater oder Mutter das Instrument erlernen und zusammen mit dem Kind üben. Dies braucht viel Zeit seitens der Eltern. Diese Zeit ist aber für das Kind, so Suzuki, ebenso wertvoll wie für die Eltern und hat positive Auswirkungen auf das Zusammenleben der Gesellschaft. Ich glaube sowieso, dass es uns viel besser ginge, würden wir mehr zusammen musizieren. Also ab in den Musikverein!
Politisch gibt es immer wieder Vorstösse, die das Wort «familienfreundlich» hervorheben. Es gibt anscheinend eine klare Definition davon: Kitas, Mittagstisch, Tagesstrukturen, multifunktionale Spielplätze, individuelle Förderung und Betreuung der Inselbegabungen unserer Kinder et cetera. Fast alles soll die öffentliche Hand übernehmen. Aber ist diese Definition so einfach? Was, wenn ein Kind nicht in die Kita kann oder will? Was, wenn man als Elternteil mehr Zeit mit dem Kind braucht, um seiner Aufgabe gewachsen zu sein?
Als familienfreundlich wird oft nur die Unterstützung der Fremdbetreuung thematisiert. Die innerfamiliären Lösungen werden nicht beachtet. Ehrlich wäre es, den Familien absolute Autonomie in der Wahl ihres Modells zu überlassen und so konsequenterweise alle oder niemanden zu unterstützen. Wäre es nicht etwa zielführender, für alle Familien eine Prämienverbilligung bei den Krankenkassen zu erwirken? Die Ungerechtigkeiten in der Bezahlung von Frauen und deren Karrierechancen werden mit einer Kita-Initiative nicht gelöst.
Dies kann nur durch ein Umdenken in der Gesellschaft gelöst werden. Karriere und Titel entscheiden nicht alleine über ein glückliches Leben. Die Wirtschaft sollte ihre verkrustete Haltung überdenken, wo Karrieren nur zwischen 30 und 40 beginnen können und fixiert auf «männliche» Äusserlichkeiten sind: Man stelle sich vor, es gäbe eine Trumpine; statt Deal und Leadership würden Worte wie hysterisch oder emotionsgesteuert fallen. Was ist eigentlich das feminine Pendant zum Kavaliersdelikt?
Dass Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe grösste Hochachtung vor allein erziehenden Frauen und Männern oder Familien mit geringen Einkommen, die ihre Familie über die Runde bringen. Sie sollten zu Recht jegliche Unterstützung erhalten. Aber die öffentliche Hand auszuhöhlen, indem wir gut Verdienende die Fremdbetreuung subventionieren lassen: Dies finde ich gefährlich und sozial unverträglich.
Apropos Verträglichkeit. Ich habe den Automaten wieder weggestellt. Mir hat dieser kleine Moment mit meinen Katzen gefehlt.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.