EURO 2024 | TEIL 2: EINE EM-REISE MIT VORBILDCHARAKTER
21.06.2024 Sport, Sport, FussballVenus von Bümpliz, ein 11:1-Sieg und eine schottische Party
Daniel Schaub
Am Dienstag kommt die Mail aus der Sportredaktion der «Volksstimme». So wie die heute sollte sie sein, die «EM-Kolumne», sie sei ein gutes ...
Venus von Bümpliz, ein 11:1-Sieg und eine schottische Party
Daniel Schaub
Am Dienstag kommt die Mail aus der Sportredaktion der «Volksstimme». So wie die heute sollte sie sein, die «EM-Kolumne», sie sei ein gutes Vorbild. Diese Vorgabe begleitet mich auf der Reise mit einer Gruppe des Fussballverbands Nordwestschweiz am frühen Mittwochmorgen. Vorbild? Das passt ganz gut zum Verfasser Heinz Degen. Er war mir tatsächlich ein wunderbares Vorbild als mein damaliger Trainer bei den B-Junioren des SV Sissach, als lauf- und spielstarker Mittelfeldspieler der in den 1980er-Jahren sehr erfolgreichen 2.-Liga-Mannschaft und auch als eleganter Schreiber mit dem langen Kürzel «hedeg». Er hat damals meine Lust am Schreiben, die mich bis heute begleitet, mitgeweckt. Und als ich ihn vor dem EM-Spiel in Köln im Müngersdorfer Stadion, das sie während der WM etwas unromantisch «Cologne Stadium» nennen, zufällig antreffe, war mir klar, dass all dies in meiner Nachahmer-EM-Kolumne nicht unerwähnt bleiben darf.
Kurz nach Mittag kommen wir in Köln an. Bevor wir uns ins Getümmel werfen, gehen wir es etwas ruhiger an, in einem Biergarten im Rathenauer Park, in dem sich auf grossen Spielplätzen viele Kinder austoben, die Hunde in ihrer eigenen Freilaufzone ihr Geschäft verrichten, aber an den Tischen kein Mensch sitzt, der sich am kühlen Nachmittag ein «Kölsch» gönnen würde. Später, als sich die Schweizer Fans zum Marsch ins Stadion an der Kitschburger Strasse treffen, sieht das ganz anders aus. Hier singt die Venus aus Bümpliz und der Kiosk tönt gopfriedstutz aus den Boxen mitten in diesem idyllischen Waldstück am Rande von Köln, von dem es mit Tausenden im roten Meer in etwas mehr als einer halben Stunde zum Stadion geht. Mittendrin der aktuelle und der vielleicht künftige Präsident des Schweizerischen Fussballverbands, Dominique Blanc und Sandro Stroppa. Blanc hat sich das hübsche weiss-blaue Auswärtstrikot übergestreift, das am Abend auch das Team tragen wird, und über seiner schwarzen Hose trägt er rote Shorts. Es passt in die allgemeine Karnevalsstimmung vor dem Spiel. Die Kölner stehen auf ihren Balkonen, winken, nehmen die Welle ab und freuen sich über die vorfreudigen Schweizerinnen und Schweizer.
Der sportliche Teil des Abends ist recht schnell erzählt. Die Schweizer sind nicht mit derselben Spannung unterwegs wie noch am Samstag im Ungarn-Spiel und gehen mit einem 1:1 zurück in die Unterkunft. Genau das habe ich im Tippspiel des Sportamts Baselland vorausgesagt und das Punktemaximum soll mich etwas über das nicht ganz so berauschende reale Resultat hinwegtrösten. Doch ähnlich einer VAR-Intervention bei einer Offside-Position von Breel Embolo holt mich die Realität ein. Ich hatte mich beim Tippen vertippt und ein 1:11 für die Schweiz eingetragen. Schön wärs ja gewesen.
Die Trams zurück in die Stadt sind so vollgestopft, dass sie kaum vorankommen und noch vor der geplanten Endstation entladen werden müssen. Das leichte Anschwitzen in fussballtypischer Duftmischung kam gerade richtig für die «Afterparty» im Kultlokal «Die Flotte». Hier tanzen sie schon auf dem Billardtisch und die Schotten behaupten: «No Scotland, no Party.» Ja, sie sind ganz gute Vorbilder, aber die Oberbaselbieter waren auch nicht schlecht …
Daniel Schaub ist nicht nur Präsident des Fussballverbands Nordwestschweiz, sondern hat im «goldenen Buch des Schweizer Fussballs» in seinem Verlag rotweiss sämtliche 750 Länderspiele von 1905 bis 2014 dokumentiert. Davor veröffentlichte er Publikationen zur Schweizer Nationalmannschaft an mehreren Endrunden.
Die EM hautnah
vs. Nur rund 2 Kilometer ist das Oberbaselbiet an den nördlichsten Zipfeln von Deutschland entfernt. Entsprechend lassen es sich einige Fussball-Fans aus dem «Volksstimme»-Gebiet nicht nehmen, die Europameisterschaft beim «grossen Nachbarn» live zu verfolgen. Die «Volksstimme» präsentiert im Verlauf der EM sporadisch Erlebnisse von Oberbaselbieter EM-Fahrern.