«Es war ein unbeschreibliches Gefühl»
15.07.2025 Sport, FussballLara Marti freut sich auf den Viertelfinal ihrer Nationalteam-Kolleginnen
Das Schweizer Team steht an der Heim-EM in der K.o.-Phase. Nationalspielerin Lara Marti aus Lupsingen, die das Turnier aufgrund eines Kreuzbandrisses verpasst, blickt auf den bevorstehenden Viertelfinal gegen die ...
Lara Marti freut sich auf den Viertelfinal ihrer Nationalteam-Kolleginnen
Das Schweizer Team steht an der Heim-EM in der K.o.-Phase. Nationalspielerin Lara Marti aus Lupsingen, die das Turnier aufgrund eines Kreuzbandrisses verpasst, blickt auf den bevorstehenden Viertelfinal gegen die favorisierten Spanierinnen.
Timo Wüthrich
Frau Marti, die Schweizer «Nati» hat am Donnerstag im letzten Gruppenspiel das nötige Unentschieden geholt und steht am Freitag im Viertelfinal. Wie haben Sie das Spiel erlebt?
Lara Marti: Ich habe den Match live im Stadion gesehen. Der Verband stellt den Verwandten der Spielerinnen Tickets zur Verfügung – ich hatte das Glück, dort dabei sein zu dürfen.
Was bedeutet die Qualifikation für den Viertelfinal?
Das ist ein unglaublich schöner und verdienter Erfolg. Als wir im entscheidenden Spiel gegen Finnland mit 0:1 zurücklagen und die letzten Minuten anbrachen, habe ich gespürt, dass der Ausgleich noch möglich ist. Als das 1:1 in der Nachspielzeit fiel, war das ein unbeschreibliches Gefühl.
Im Viertelfinal wartet Spanien. Wie schätzen Sie die Chancen auf ein Weiterkommen ein?
Wenn das Team vom Publikum getragen wird und die Spielerinnen einen perfekten Tag erwischen, sind wir keineswegs chancenlos. Gleichzeitig darf man nicht vergessen, dass die Spanierinnen über eine herausragende individuelle Klasse verfügen. Die amtierenden Weltmeisterinnen gehen als klare Favoritinnen in die Partie.
Wie bewerten Sie den Auftritt der Schweizerinnen bisher? Was macht das Team aktuell besonders stark?
In den drei Gruppenspielen konnten wir phasenweise dominieren, den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren lassen und uns so Chancen erarbeiten – etwa in den Anfangsminuten gegen Finnland. Besonders hervorzuheben sind auch die Kampfbereitschaft und die Leidensfähigkeit des Teams. Die grossartige Atmosphäre im Stadion verleiht den Spielerinnen auf dem Platz mit Sicherheit zusätzlichen Auftrieb.
Wo liegt Verbesserungspotenzial?
Wenn es dem Team gelingt, diese angesprochenen dominanten Phasen über längere Zeit aufrechtzuerhalten und den Ball zu halten, dann liegt noch mehr drin als bisher.
Im Aufgebot finden sich wenige Verteidigerinnen – teils werden offensivere Spielerinnen auf defensiven Positionen eingesetzt. Wie sehen Sie diese Situation?
Die negativen Schlagzeilen über einen Mangel an Defensivspielerinnen kann ich nur bedingt nachvollziehen. Natürlich braucht es Innenverteidigerinnen, um gefährliche Vorstösse der Gegnerinnen zu unterbinden. Doch im modernen Fussball gibt es immer weniger klassische Aussenverteidigerinnen – offensiv ausgerichtete Spielerinnen wie Iman Beney oder Nadine Riesen überzeugen auch in der Rückwärtsbewegung und können daher defensiv zuverlässig mitarbeiten.
Sie haben sich in der EM-Vorbereitung mit der «Nati» einen Kreuzbandriss zugezogen – wie geht es Ihnen aktuell?
Die Operation liegt mittlerweile fünf Wochen zurück. Man darf nicht vergessen, dass ein Eingriff bei einem Kreuzbandriss ein schwerwiegender ist – es dauert mehrere Wochen, bis das Knie überhaupt wieder etwas abschwillt.
Wie verläuft die Reha?
Die Fortschritte kommen in kleinen, aber stetigen Schritten. Viermal pro Woche steht Physiotherapie auf dem Programm – mit leichtem Krafttraining und gezielter Regeneration, um den Heilungsprozess bestmöglich zu unterstützen.
Wie verbringen Sie nun Ihre Zeit, wenn Sie nicht Tag für Tag auf dem Platz stehen?
Die Vormittage sind mit Physioterminen und Krafttraining gut ausgefüllt. Am Nachmittag lasse ich es bewusst ruhiger angehen, um das Knie nicht unnötig zu belasten. Manchmal treffe ich Freundinnen und Freunde, für die sonst oft die Zeit fehlt. Oder ich verbringe Zeit mit meiner Familie.
Gibt es schon ein mögliches Ziel für das Comeback?
Bei Frauen dauert es mindestens neun Monate, bis nach einem Kreuzbandriss wieder Spiele bestritten werden können. Es dauert wahrscheinlich noch länger als ein halbes Jahr, bis ich wieder einsatzfähig bin. Zum jetzigen Zeitpunkt finde ich es schwierig, eine Prognose abzugeben, wann und wie ich wieder auf dem Platz stehen werde.
Eine Heim-EM ist ein einmaliges Erlebnis. Wie sind Sie wenige Wochen vor diesem grossen Turnier mit der Verletzung umgegangen?
Die Enttäuschung war sehr gross – es war schwierig, damit umzugehen. Mir hilft es, zu sehen, dass andere Spielerinnen nach der gleichen Verletzung mindestens so gut auf den Platz zurückgekehrt sind, wie sie zuvor waren. Zudem halfen mir die zahlreichen aufmunternden Nachrichten, die ich erhalten habe.
Wie nahe waren Sie in den vergangenen Tagen am Nationalteam? Stehen Sie in Kontakt zu Spielerinnen?
Da ich die Spiele der Schweiz jeweils im Stadion verfolgt habe, konnte ich mich nach dem Schlusspfiff mit einigen Kolleginnen des Teams austauschen.
Was kann diese Heim-EM langfristig für den Schweizer Frauenfussball bedeuten?
In erster Linie hoffe ich, dass die «Nati» mehr Zuschauerinnen und Zuschauer anzieht – für uns Spielerinnen ist es grossartig, vor vollen Rängen zu spielen. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass der Erfolg des Teams mehr Mädchen motiviert, Fussball zu spielen – denn nur so kann die Schweizer Liga wachsen und sich verbessern. Das ist die Grundlage für den langfristigen Erfolg eines Nationalteams.
Wenn Sie heute einer jungen Spielerin, die Sie vielleicht in der «Nati» spielen sieht, einen Rat geben könnten – was würden Sie ihr mitgeben?
Lange mussten die Spielerinnen um Anerkennung kämpfen, teilweise heute noch. Ich denke, dass wir uns nie zufriedengeben sollten. Die heranwachsende Generation sollte sich bewusst sein, woher der Frauenfussball kommt – und was durch viel Wille möglich ist.
Zur Person
tw. In Lupsingen aufgewachsen, sammelte die heute 25-jährige Lara Marti beim FC Lausen die ersten Erfahrungen auf dem Fussballplatz. Nach Stationen in Liestal und Basel erfolgte 2020 mit dem Wechsel zu Bayer Leverkusen der Sprung ins Ausland. Mittlerweile steht die Oberbaselbieterin bei RB Leipzig unter Vertrag. Marti kam 2019 zu ihrem ersten Einsatz in der «Nati» – die Lupsingerin hat bis anhin neunzehn Länderspiele bestritten.