Er wollte sich nie auf eine Disziplin beschränken
05.08.2025 Sport, Weitere SportartenNevis Thommen vertritt die Schweiz an der U20-Europameisterschaft
Der 18-jährige Nevis Thommen aus Gelterkinden geht diese Woche an der U20-Europameisterschaft im finnischen Tampere an den Start. Der Zehnkämpfer hat dabei eine wechselnde Lieblingsdisziplin: Immer die, welche ...
Nevis Thommen vertritt die Schweiz an der U20-Europameisterschaft
Der 18-jährige Nevis Thommen aus Gelterkinden geht diese Woche an der U20-Europameisterschaft im finnischen Tampere an den Start. Der Zehnkämpfer hat dabei eine wechselnde Lieblingsdisziplin: Immer die, welche gerade am besten läuft.
Heinz Degen
Nevis Thommen macht vergangene Woche einen sehr entspannten Eindruck, als beim Treffen mit der «Volksstimme» das Thema U20-Europameisterschaft angesprochen wird. Klar ist es das Ziel des Leichtathleten, eine möglichst hohe Punktzahl und einen guten Rang zu erreichen, doch steht für den am Sonntag 18 Jahre alt gewordenen Mehrkämpfer im Vordergrund, seinen ersten internationalen Zehnkampf zu Ende zu bringen. Dies betont er ausdrücklich, musste der Gelterkinder doch vor Jahresfrist den Wettkampf bei der U18-EM krankheitsbedingt aufgeben. Auf die Frage, wie er sich kurz vor dem grossen Auftritt am Donnerstag und Freitag fühle, strahlt er und meint: «Ich bin in Form und richtig parat!» Die Athleten, die im finnischen Tampere am Start sind, werden vom Verband nicht unter Druck gesetzt. Ziel ist ein «solider Wettkampf» im Rahmen der persönlichen Bestleistung.
Die EM-Limite von 7200 Punkten hat Thommen bei der nationalen Meisterschaft im Juni um 98 Punkte übertroffen. Mit diesem Wettkampf war der 18-Jährige sehr zufrieden, hat er sich doch im Vergleich zum ersten Zehnkampf 2025 um satte 234 Punkte gesteigert – und wurde Schweizer U20-Meister.
Die Zehnkämpfer werden in der Leichtathletik gemeinhin als die «Könige der Athleten» bezeichnet. Was macht denn diesen Zehnkampf aus, was macht ihn so besonders? Thommen ist sich bewusst, dass diese Frage nicht einfach zu beantworten ist, doch für ihn war schon als kleiner Junge klar, dass er sich nicht auf eine einzige Disziplin beschränken möchte. Auch deshalb, weil er immer in allen Bereichen in etwa gleich gut war. Er ergänzt: «Der Zehnkampf ist sehr vielfältig, man ist zwei ganze Tage auf dem Wettkampfplatz und hat nicht nur ein Rennen von zehn Sekunden zu absolvieren. Ausserdem herrscht unter den Zehnkämpfern ein tolles Miteinander. Man kennt und schätzt einander.»
Dafür ist der Trainingsaufwand beim Mehrkampf umso grösser: Bei Thommen sind es rund 16 Stunden pro Woche. «Sogar wenn ich einmal in ein Motivationstief falle, gehe ich auf die Anlage. Wenn dann das Training gut läuft, bin ich sehr schnell wieder obenauf.» Obwohl er alle zehn Disziplinen liebe, gibt es Lieblingssparten. «Das ändert sich bei mir immer wieder. Klar, dass man dort am meisten Spass hat, wo man gut ist. Zurzeit fühle ich mich beim Speerwurf extrem wohl.» Mit diesem Gerät hat Nevis Thommen seine Bestleistung um sieben Meter gesteigert, obwohl der Speer mit dem Wechsel in die U20 dieses Jahr 100 Gramm schwerer ist als in der U18.
Für die beim Mehrkampf nicht ganz einfache Trainingskoordination ist Thommens Vater Peter zuständig. Im vergangenen Winter wurde das Lauftraining forciert, da die Läufe 2024 nicht optimal funktionierten. Im Sommertraining aber wird darauf geachtet, dass ein guter Ausgleich unter den Disziplinen herrscht. An der Ausdauer wird nur einmal pro Woche gearbeitet, da diese nur beim 1500-Meter-Lauf eine Rolle spielt. Neunmal ist Schnellkraft gefragt.
Seit dieser Saison absolviert Thommen vermehrt Trainingseinheiten in Basel unter Nicola Gentsch vom Nationalen Leistungszentrum Nordwestschweiz sowie unter vom Kader gestellten Disziplinentrainerinnen und -trainern. Der EM-Teilnehmer ist sich sicher, dass er stark von diesen Trainingsgruppen profitiert.
Ganz auf den Sport setzen
Für Nevis Thommen wird der Auftritt in Tampere den dritten und damit schon letzten Zehnkampf in dieser Saison darstellen. Der Mehrkämpfer wird aber noch in Einzelwettkämpfen an den Schweizermeisterschaften der U20 sowie derjenigen der Aktiven starten.
Längerfristig hat Thommen da einerseits klare Vorstellungen: «Mein Ziel ist es schon, international ‹dabeibleiben› zu können und mich weiter zu verbessern. Irgendwann an einem Grossanlass der Aktiven starten zu können, wäre schon toll. Und wie jeder Athlet, habe auch ich den Traum, einmal an Olympischen Spielen teilzunehmen …» Doch andererseits spricht sofort wieder der Realist aus dem 18-Jährigen, wenn er anfügt, dass er sich nicht unter Druck setzen wolle und eher von Jahr zu Jahr plane. «Man sollte schon im Kopf haben, dass immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann. Zudem zeigt die Erfahrung, dass die besten Wettkämpfe der Zehnkämpfer jeweils eher spät in ihrer Karriere stattfinden.»
Das ist noch recht weit weg: Thommen ist zurzeit in der Sportklasse des Gymnasiums und hofft, dass er nach der Matur 2028 einen der begehrten Plätze in der Spitzensport-RS erhält. Danach stellt er sich vor, voll auf den Sport zu setzen und daneben ein Studium zu beginnen.
Dass er neben dem Zehnkampf und der Schule kaum Zeit für anderes hat, stört Thommen weniger. Sein zweites Hobby, die Musik, hat einzig noch am einen oder anderen Wochenende Platz, doch aktuell ist der Fokus so oder so zu 100 Prozent auf die EM in Finnland gerichtet. Und dafür ist Thommen gerüstet, er will dort eine tolle Performance abliefern.
Vielseitigkeit in Zahlen
hed. Nevis Thommen (18) hat an den Schweizermeisterschaften in Lausanne den Titel beim Nachwuchs U20 geholt und sich dabei mit 7298 Punkten für die Europameisterschaften qualifiziert. Der Wettkampf im Tampere findet am Donnerstag und Freitag statt. Unter den Bestleistungen der 24 gemeldeten Athleten befindet sich der persönliche Zehn-kampf-Rekord des Gelterkinders im hinteren Drittel.
Zur Veranschaulichung der Vielseitigkeit des Mehrkämpfers dient ein Blick auf die persönlichen Bestleistungen des 18-Jährigen in den einzelnen Disziplinen.
In acht der zehn Disziplinen stammt diese aus der aktuellen Saison:
Tag 1
100m: 11,21 Sekunden (2025)
Weitsprung: 6,75 Meter (2024)
Kugelstossen: 13,77 Meter (2025)
Hochsprung: 1,84 Meter (2022)
400 m: 50,60 Sekunden (2025)
Tag 2
110m Hürden: 14,46 Sekunden (2025)
Diskuswurf: 41,66 Meter (2025)
Stabhochsprung: 4,40 Meter (2025)
Speerwurf: 62,17 Meter (2025)
1500 m: 5:03,81 Minuten (2025)