Ensemble nimmt Abschied vom Heuboden
07.06.2024 Arisdorf, Arisdorf, KulturDie Theatermühle zieht in ein eigenes Theater
Mit der Krimi-Komödie «Eine Leiche auf der Flucht» hat die Theatermühle Arisdorf ihre 40. Saison begonnen, die auch im Zeichen des Abschieds vom Spielort auf einem Heuboden steht. In einem Jahr geht es im eigenen ...
Die Theatermühle zieht in ein eigenes Theater
Mit der Krimi-Komödie «Eine Leiche auf der Flucht» hat die Theatermühle Arisdorf ihre 40. Saison begonnen, die auch im Zeichen des Abschieds vom Spielort auf einem Heuboden steht. In einem Jahr geht es im eigenen Kleintheater im Winkel 11 weiter.
Jürg Gohl
«Welcher Verein ist schon so verrückt, sich ein eigenes Haus zu kaufen?», fragt Michael Laubscher. Und der Präsident der Theatermühle Arisdorf beantwortet seine rhetorisch gemeinte Frage gleich selbst: «Wir!» Auf der Suche nach einem neuen Spielort, der für kommendes Jahr benötigt wird, erwog der Ortsverein alles Denkbare, sich zum Beispiel in den Nachbargemeinden auf die Suche zu begeben oder seine Stücke inskünftig in der nüchternen Mehrzweckhalle aufzuführen. Der bisherige Spielort, der Dachboden einer Scheune an der Hauptstrasse 76, muss einem Wohnbauprojekt weichen.
Die Generalversammlung entschied sich klar für den Vorschlag des Vorstands. Der vor 40 Jahren gegründete Verein erwirbt, voraussichtlich per 1. Juli, im Winkel 11 ein Bauernhaus aus dem Jahr 1850, dessen Scheune er in zwei Etappen zu einem Theaterraum umbaut. Zudem saniert die Arisdörfer Schauspiel-Crew den Wohnteil, den sie danach an eine theateraffine Familie vermieten und damit die Kosten tragen kann. Vielleicht haben die alten Dorfbewohner diesen Umzug bereits vor Jahrzehnten vorausgeahnt, bezeichneten sie doch den neuen Standort einst als «Theatergasse», weil dort, gemäss Heimatkunde, einst eine sehr umtriebige, laute Familie gelebt haben soll.
50 statt 129 Plätze
Am liebsten hätte die Gruppe weitere 21 Jahre auf der aktuellen Bühne auf dem Dachboden der Miescher-Scheune an der Hauptstrasse 76 gespielt. Denn sie bietet neben einer eigenen Ambiance auch noch 129 Sitzplätze. An den Spieltagen gehört dort die kleine, beliebte Beiz dazu, die zur Stimmung und für zusätzliche Einnahmen sorgt. «Eine stimmungsvolle Kulisse wird auch der neue Spielort bieten», verspricht der Laienschauspieler aus Leidenschaft. Doch es werden nur noch 50 Personen Platz finden.
Die acht Darbietungen des aktuellen Stücks sind praktisch ausverkauft, was 1000 Billetts ergibt. Um auf die gleiche Besucherzahl, und damit Einnahmen, zu kommen, müsste das Laientheater im Winkel 11 gleich 20-mal auftreten. «Ob wir mehr Aufführungen als bisher anbieten werden, müssen wir wie vieles andere noch diskutieren», sagt Laubscher, dessen Verein nicht nur finanziell, sondern auch handwerklich vor einem Kraftakt steht.
Kleintheater für Arisdorf
Lieber spricht er über die Vorteile. «Arisdorf erhält jetzt ein Kleintheater, das einen intimeren Rahmen und Platz für anderes wie Lesungen oder Kinder- und Jugendtheater bietet», hält der Präsident fest und argumentiert mit dem «neu gewonnenen Gestaltungsspielraum». Er weist auch darauf hin, dass so an der Tradition der – bis auf den pandemiebedingten Ausfall von 2020 – jährlich wechselnden Aufführungen festgehalten werden kann.
Auf dem Scheunendach-Boden hat am vergangenen Sonntag die Serie der Abschiedsvorstellungen bereits begonnen. Zweimal, am Freitag und am Samstag, zeigte ein Gross-Ensemble «Eine Leiche auf der Flucht», eine leichte, unterhaltsame Krimi-Komödie von Horst Helbrich. Diese Formation umfasst 14 Laien-Schauspielerinnen und -spieler, darunter natürlich auch der Präsident in einer Nebenrolle. Sie wird auf der neuen Bühne in dieser Grösse nie mehr auftreten können.
2-Personen-Stück beschliesst Ära
Den Schlusspunkt setzen auf der Heubodenbühne aber andere. Nach der Leiche, die sich am 15. Juni letztmals auf die Flucht begeben haben wird, und nach dem Figurenstück «Rigo und Rosa» für Kinder am 19. Juli folgen am 21. und 22. Juni noch zwei Aufführungen des 2-Personen-Stücks «Alles was Sie wollen» mit dem «teatro mobile». Diese Gruppe ist aus der Theatermühle hervorgegangen und war mit dieser romantischen Komödie zuvor auf mehreren Kleinbühnen der Schweiz zu sehen. Dabei nimmt Präsident Laubscher die männliche Hauptrolle ein.
Die beiden ersten Vorstellungen von Helbrichs Komödie fanden beim Publikum Anklang. Laubscher selber spürte sogar «eine Art Euphorie». Er geht aber davon aus, dass diese Stimmung ins Gegenteil kippt, je näher der 15. Juni rückt. Dann fällt für die jubilierende Theatermühle nach über 20 Jahren auf dem Dachboden der allerletzte Vorhang.