Einwohner folgen Exekutive
01.04.2025 SeltisbergDie Gemeindeversammlung von Seltisberg hat Tempo 30 sowie dem Naturpark Baselbiet eine Abfuhr erteilt. Mit deutlichen Resultaten folgte der Souverän den Anträgen des Gemeinderats, der beide Geschäfte zur Ablehnung empfohlen hatte.
Willi Wenger
...Die Gemeindeversammlung von Seltisberg hat Tempo 30 sowie dem Naturpark Baselbiet eine Abfuhr erteilt. Mit deutlichen Resultaten folgte der Souverän den Anträgen des Gemeinderats, der beide Geschäfte zur Ablehnung empfohlen hatte.
Willi Wenger
Gemeindepräsident Tobias Grieder zeigte sich am Donnerstag «überwältigt» vom Aufmarsch an der Gemeindeversammlung, für die sich das Gemeindezentrum fast als zu klein erwies. Mit 147 anwesenden Stimmberechtigten zeigten die Seltisbergerinnen und Seltisberger grosses Interesse – in erster Linie zum Entscheid, ob auf allen Gemeinde- und Kantonsstrassen Tempo 30 eingeführt werden soll.
Hinzu kam das Traktandum Naturpark Baselbiet, das ebenfalls polarisierte. Dass die übrigen Geschäfte – wie die Reglemente über die Feuerungskontrolle und die Ausrichtung von Mietzinsbeiträgen, die angenommen wurden – zu Nebenschauplätzen mutierten, erstaunte wenig.
Besorgte Eltern
Das Tempo-30-Geschäft war mit Emotionen verbunden. Nicht zuletzt, weil sich vor Jahresfrist im Dorfzentrum ein Verkehrsunfall ereignet hatte, in den ein 8-jähriger Velofahrer und eine betagte Autolenkerin involviert waren. Dem Gemeinderat wurde in der Folge eine von 72 Personen unterschriebene Petition übergeben mit der Bitte, dass auf allen Gemeindestrassen und auf Teilen der Kantonsstrassen Tempo 30 einzuführen sei (die «Volksstimme» berichtete).
Gemeinderätin Afide Frei informierte, dass die Umsetzung des Wunsches der Petenten mit Herausforderungen verbunden wäre. Es gelte, insbesondere bei Kantonsstrassen, übergeordnetes Recht sowie andere Abhängigkeiten zu beachten. Frei stellte klar, dass Tempo 30 auf Kantonsstrassen – wenn überhaupt – durch den Kanton verfügt würde, «mit der zwingenden Voraussetzung, dass das ganze Gemeindegebiet bereits auf Tempo 30 umgestellt ist». Sie ergänzte, dass für die Anbringung von Fussgängerstreifen ebenfalls der Kanton zuständig sei. «Die Gemeinde kann auch dort nur Antrag stellen», wies Frei auf die Rechtslage hin.
Der Gemeinderat hielt in seiner Botschaft zudem fest, dass für das weitere Vorgehen ein Massnahmenkonzept notwendig wäre, das Kosten in der Höhe von 7900 Franken auslösen würde. Erst dann könnte, so die Exekutive, das notwendige Budget für die Umsetzung beantragt werden.
In einer lebhaften Diskussionen zeigten sich unter anderem Mütter von Kindern besorgt darüber, wie sich die aktuelle Verkehrssituation im Dorf darstellt. Sie wiesen darauf hin, dass im Bereich der Schule zwingend Anpassungen notwendig seien. Eine Frau sagte, dass nicht Geld gegen Sicherheit ausgespielt werden dürfe. Gegner dagegen vertraten wie der Gemeinderat den Standpunkt, dass Tempo 30 statistisch gesehen keine zusätzliche Sicherheit bringen würde. Mit 94 gegen 38 Stimmen bei 12 Enthaltungen folgten die Stimmberechtigen dem Gemeinderat und versenkten die flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzung.
Doppelt so viele Nein-Stimmen
Dass der Naturpark Baselbiet in Seltisberg auf verlorenem Posten steht, wurde nach der Präsentation der Vorlage durch Gemeinderätin Ruth Spalinger schnell klar. Viele Redner äusserten sich kritisch. Der Park bringe nichts, er verursache Verkehr und in Seltisberg habe man schon genug «Park» bzw. Natur – das waren nur einige der Wortmeldungen. Erwähnt wurde auch, dass der Bund aus Spargründen in Erwägung zieht, den Naturparks weniger Geld zur Verfügung zu stellen.
Pro-Stimmen waren in der Minderheit. «Für mich stellt der Park eine Chance dar», warb ein Mann in einer flammenden Rede um Zustimmung. Der Gemeinderat, der beantragte, auf einen Beitritt zu verzichten, buchte letztlich einen klaren Erfolg: Das Resultat fielt mit 87 Ja- gegenüber 44 Nein-Stimmen bei 9 Enthaltungen deutlich aus.
Gemeindepräsident Tobias Grieder informierte schliesslich über die laufenden Geschäfte bezüglich einer möglichen Verwaltungszusammenarbeit mit der Stadt Liestal. Er wies zudem auf die anspruchsvolle Personalsituation auf der Verwaltung hin, da in kurzer Zeit zwei Gemeindeverwalter in der Probezeit gekündigt hatten.