Eine «Kultournacht», die alle Sinne anspricht
22.10.2024 SissachEin Abend im Zeichen von Genuss und Horizonterweiterung: Die «Kultournacht» Sissach bot Gelegenheit, in mehr als 20 Lokalen neue Musik, Kunst, Literatur und Tanz kennenzulernen und dazu spezielle Menüs zu geniessen.
Brigitte Keller
Sollte man sich ...
Ein Abend im Zeichen von Genuss und Horizonterweiterung: Die «Kultournacht» Sissach bot Gelegenheit, in mehr als 20 Lokalen neue Musik, Kunst, Literatur und Tanz kennenzulernen und dazu spezielle Menüs zu geniessen.
Brigitte Keller
Sollte man sich auf einige favorisierte Veranstaltungen konzentrieren oder doch lieber möglichst viele Orte aufsuchen? Keine einfache Entscheidung. Die Wahl fiel auf den goldenen Mittelweg: Einige im Voraus ausgewählte Stationen besuchen und unterwegs dorthin auch das eine oder andere spontan einbauen. Gesagt, getan. Die «Volksstimme» machte am Samstag einen Streifzug durch die Sissacher «Kultournacht».
Zu Beginn war es noch ziemlich ruhig, zumindest auf den Strassen im Zentrum von Sissach. Hinter den Kulissen hatten die Veranstalter natürlich längst kräftig gearbeitet, um den Kulturinteressierten einen denkwürdigen Anlass bieten zu können. In der «Alten Metzg» stand pünktlich alles bereit, um die Gäste willkommen zu heissen und anzuregen, selbst Stifte und Pinsel in die Hand zu nehmen. Liza Stauder-Koltay präsentierte eine Auswahl ihrer Bilder und lud die Besuchenden ein, an ihrem Workshop «Schreibschrift» mitzumachen. Ebenfalls zu sehen gab es Skulpturen aus Holz von Yvonne Reisner.
Lustvolles Mitgestalten
Im hinteren Raum konnte ebenfalls aktiv werden, wer Lust hatte. Ein grosses Werk aus Papier, einladend mit ein paar typischen Arbeiten von Tabea Niederhauser und Jacqueline Borner versehen, stand bereit, um mit allerlei bereitstehenden Malutensilien ergänzt und weiter verschönert zu werden. Lustvolles Mitgestalten lautete die Devise.
Aus dem nahen «Cheesmeyer» drang zwischenzeitlich einladende Musik nach draussen. Programmgemäss hatte um 18 Uhr «Burning Rose», eine junge Band aus Sissach, mit ihrem Auftritt begonnen. Die Bandmitglieder liessen erste Besuchende im Takt mitwippen. Zur gleichen Zeit und am gleichen Ort konnte der Hunger am bereitgestellten Apéro-Buffet des Teams vom Restaurant du Coeur gestillt werden.
Auf dem anschliessend eingeschlagenen Weg Richtung Heimatmuseum noch schnell einen Stopp im 1. Stock des Restaurants Schwyzerhüsli oder «Stöpli» eingelegt. Im dortigen Säli präsentierte die junge Baselbieter Künstlerin Bibiana Wernerova, Künstlername Bibs, ihre «magischen» Werke. Wechselnde Beleuchtung mit Schwarzlicht bringt immer wieder andere Farbschichten zum Leuchten und erweckt die Bilder beinahe zum Leben.
Angekommen im Heimatmuseum – oder besser gesagt davor –, wurde man herzlich begrüsst von Gaby Schwald, der Präsidentin der Museumskommission. Dank der angenehmen Temperaturen an diesem Tag hatte sie das «Welcome-Desk» vor dem Haus eingerichtet. Sie freute sich, viele Besuchende begrüssen zu können, die zum ersten Mal das Heimatmuseum ansteuerten, und wies gerne auch auf ein paar Neuzugänge in der Ausstellung hin. Drinnen standen weitere Kommissionsmitglieder und Museumsführerinnen und -führer für Auskünfte bereit. Auch der Bandwebstuhl war in Betrieb.
Die Sonne ging langsam unter und ein wunderschöner Abendhimmel erinnerte einen daran, dass man ja noch die Gelegenheit nutzen wollte, zur blauen Stunde zu den Glocken im Kirchturm der reformierten Kirche zu steigen. Oben, vor den letzten steilen Stufen, musste man sich noch etwas gedulden, denn ganz oben bei den Glocken ist nur wenig Platz. Umso beeindruckender der Moment, wenn man dort angekommen war und von Sigristin Martina Jüngling Spannendes erfuhr.
Wieder Richtung Zentrum konnte man beim Vorbeigehen an der Musikschule einen Blick ins Erdgeschoss werfen, wo der Frauenchor «l’heure du choeur» gerade eine offene Probe absolvierte. Im Grünen Saal der «Sonne» gab es ebenfalls Chorgesang: vom neu gegründeten Chor «Chorisma Sissach» unter der Leitung von Chiara Heuser. Die Plätze waren restlos besetzt und es blieb nur ein kurzer Blick durchs Fenster.
Es wird lauter und noch enger
Wem es nach etwas Rockigerem und Lauterem zumute war, konnte sein Glück im nahegelegenen KiK – Kultur im Keller – versuchen. Doch auch hier waren andere schneller gewesen und der Kellerraum war bereits platschvoll. Also weiterziehen, aber unbedingt einmal bei anderer Gelegenheit wiederkommen. Fetzig ging es jetzt auch im «Cheesmeyer» zu und her: Die Band «The Revatos» mit ihrem vielseitigen Repertoire an Country-, Cumbia- und Texmex-Sound lockte Klein und Gross mit «Rhythmus im Blut» aufs Parkett.
Und dann reichte es gerade noch rechtzeitig zum letzten Auftritt im Gewölbekeller der «Villa 27»: Ein Konzert mit dem ursprünglich aus Anwil stammenden Singer-Songwriter Martin Schaffner in Begleitung von Alexandra Lüthy und Larissa Scheding. Englische Folklieder, Lieder in Mundart und dazwischen Anekdoten aus deren Musiker-Leben. Ein Ohrenschmaus der besonderen Art, wie versprochen, zum Abschluss eines gelungenen Abends. Für mehr Veranstaltungsorte reichte es an diesem Abend leider nicht mehr, aber sicher beim nächsten Mal.
Zufriedene Macherinnen
«Das war ein heiterer Abend», bilanzierte Jacqueline Borner beim Aufräumen. «Viele haben intensiv mitgewirkt an dem langen Werk in der ‹Alten Metzg› und um halb zehn haben wir etwa sieben Fragmente ausgeschnitten, welche die Käufer freudig mitnahmen.»
Bei sämtlichen Posten kurz vorbeizuschauen hatte sich Leontien Mahler vom OK vorgenommen. Sie war begeistert von den unterschiedlichen Programmen. «Die Mitwirkenden haben sich wirklich ins Zeug gelegt.» Die Mitwirkenden seien erfreut gewesen über den grossen Besucheransturm und die gute Stimmung. «Ich denke, es war die richtige Entscheidung, an den erfolgreichen Neustart im vergangenen Jahr anzuknüpfen.»
Bei der Farbe Blau muss der Koch die Waffen strecken
Expressionismus trifft Gourmetküche: «Art and Dine» im Restaurant Krone an der «Kultournacht»
Den Entscheid, an der diesjährigen «Kultournacht» mitzuwirken, traf Rino Zumbrunn erst spät. Was er bieten würde, war ihm hingegen sofort klar. Der «Krone»-Wirt kontaktierte den Künstler Alain C. Bouvrot, dessen Werke im abstrakten Expressionismus ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen, seit er sie gesehen hat. Der Gastronom hatte die Idee, die Farben eines jeden Werkes in jeweils einem seiner Menügänge zu interpretieren, die er am Anlass serviert. Bouvrot sagte dem jungen Koch spontan zu.
Die «Krone» war am Samstag ausgebucht und das Team unter der Leitung des «Swiss Skills»-Siegers Zumbrunn gefordert. Schon zum Apéro im Hof, umgeben von einer kleinen Auswahl von Bouvrots Kunstwerken, wurden erlesene Getränke gereicht sowie diverse «Grüsse aus der Küche», die erahnen liessen, was zu Tisch an kulinarischen Highlights folgen wird.
Bilderraten für die Gäste
Nachdem die Gäste von den beiden Gastgebern begrüsst worden waren, folgten deren Informationen zum bevorstehenden Anlass. Die Aufgabe lautete, dass die Gäste den Gang anhand der Farben auf dem Teller einem Werk des Künstlers zuordnen sollten, von welchem Zumbrunn sich farblich inspirieren liess. Auch war die Kreativität der Gäste mit dem Malen eines Gemeinschaftswerks als Erinnerung an den ersten Anlass dieses Events gewünscht.
Endlich zu Tisch, umgeben von weiteren Werken von Bouvrot an den Wänden, wurden die «Gäste» alsbald mit dem ersten von fünf Gängen verwöhnt: Langustinen, Randen und Federkohl. Nun galt es, das passende Bild zum Gericht zu finden. Dies war nicht immer ganz einfach, wie sich spätestens beim dritten Gang herausstellte. Die Herausforderung für den Koch stellte die Farbe Blau dar: «Ein reines oder helles Blau kommt bei Lebensmitteln nicht vor», erklärte der Koch. Und die Verwendung von Lebensmittelfarbe komme für ihn nicht infrage. Doch gute Köche sind bekanntlich auch clever und unter Berücksichtigung der blauen Farbe der Teller war das Rätsel bald gelöst. Beim Hauptgang, bestehend aus «Hirsch Duo» wie auch Dessert, einer süss-säuerlichen Komposition aus Mango, Sanddorn und Schokolade, fiel es den Gästen wieder leichter, diese dem inspirierenden Bild zuzuordnen.
Gegen Ende des Anlasses ging es anfangs noch zögerlich an die Gestaltung des Gastgeschenks, jedoch verewigte sich schon bald unter Rühmung des exzellenten Menüs auch der letzte Gast mit kreativen Pinselstrichen auf der Leinwand.
Auf die Anfrage an Rino Zumbrunn, ob er eine weitere Teilnahme an der «Kultournacht» plane, meinte dieser: «Ja, auf jeden Fall, jedoch mit dem Ziel, allen Besuchern des Anlasses, die den Weg zu uns finden, Einlass zu gewähren.»
Brigitt Buser