Eine Beiz, drei Tische, ein Thema
31.10.2025 PolitikJohannes Sutter, Gemeindepräsident Arboldswil
Am Stammtisch spricht man über die stetig steigenden Bildungskosten, zwei Tische weiter geht es um die benachbarte Aargauer Gemeinde mit den tiefen Steuern; am Fenster sind einige Kantonsangestellte beim ...
Johannes Sutter, Gemeindepräsident Arboldswil
Am Stammtisch spricht man über die stetig steigenden Bildungskosten, zwei Tische weiter geht es um die benachbarte Aargauer Gemeinde mit den tiefen Steuern; am Fenster sind einige Kantonsangestellte beim Feierabendbier, die den hohen Spardruck diskutieren. Die öffentlichen Finanzen sind in unserer Beiz im «Stedtli z Lieschtel» ein grosses Thema. Ein heikler Aspekt wird dabei lieber ausgeklammert: der gordische Knoten des Finanzausgleichs, an dem derzeit alle ziehen.
Der Landrat hat die Gemeindeinitiative zum Finanzausgleich – diese käme hauptsächlich den Gebergemeinden zugute – im September abtraktandiert, ebenso den Gegenvorschlag des Regierungsrats, der am meisten dem Kanton dient. Die Vorlage ist zurück in der Finanzkommission; derzeit verhandeln Geber- und Empfängergemeinden unter Vermittlung des Gemeindeverbands VBLG miteinander. Das ist gut so. Denn die schlechteste Option wäre eine Volksabstimmung: Gemeinden gegen Gemeinden, Ober- gegen Unterbaselbiet.
Worum es bei der Lösung des gordischen Knotens geht: Ein angepasstes ho- rizontales Modell mit Augenmass ist gefragt. Und eine vertikale Komponente, an der sich der Kanton stärker als heute beteiligt. Letzteres nicht, weil man Väterchen Kanton als Weg des geringsten Widerstands einfach «melken» will, sondern vielmehr, weil die strukturellen Unterschiede unter den Gemeinden schlicht zu gross sind, um das einzig über den horizontalen Ausgleich unter den Gemeinden zu regeln.
Im Oberbaselbiet und im Laufental lösen die Gemeindebudgets derweil schwerere Schweissausbrüche aus; vielerorts ist es eng oder gar sehr eng. Zugleich hängt die Prosperität des Kantons am Gedeihen der grossen Unterbaselbieter Gemeinden, die in steuerlicher Konkurrenz zu Nachbarn ausserhalb des Kantons stehen, und deren Voranschläge auch nicht mehr so leicht von der Hand gehen wie noch vor wenigen Jahren. Wenn die grossen Gemeinden schwächeln, schwächt das den ganzen Kanton, auch dort, wo jeder Franken zweimal umgedreht wird.
Man kann, mit einer etwas anderen Betrachtungsweise, die aktuellen Verhandlungen denn auch als Risikoprüfung betrachten. Die Empfängergemeinden fürchten den Gegenvorschlag des Regierungsrats; die Gebergemeinden den Status quo; der Kanton wegen seines hohen Anteils spätestens ab 2034 das Obsiegen der Gemeindeinitiative. Und alle fürchten bleibenden Schaden am politischen Frieden und am gemeinsamen Baselbieter Einstehen für einen starken Kanton, wenn es zu einer Ausmarchung «Gemeinden gegen Gemeinden» an der Urne käme.
Darum ist der Ausgang der aktuellen Verhandlungen unter den Gemeinden – und später mit dem Kanton – sehr entscheidend. Wir brauchen ein austariertes Paket, das für alle Beteiligten grad noch tragbar ist, mit finanzieller Klarheit in den nächsten Jahren und ohne Anreizfallen: Wer spart, kooperiert oder neue Erträge schafft, soll nicht doppelt verlieren.
Wir vom VBLG übernehmen dabei die Rolle des Moderators. Ziel ist eine Lösung, die für die Gemeinden und den Kanton funktioniert. Wer an Maximalpositionen festhält, riskiert jene Abstimmung «Gemeinden gegen Gemeinden», die niemand will.
Zurück in die Beiz. Die Kellnerin legt die Rechnungen hin. Die drei Tische teilen sich die Zeche auf. Und einigen sich auf einen fairen Finanzausgleich mit Beteiligung beider Gemeindegruppen und des Kantons – und beteiligen sich gemeinsam an einem starken Baselbiet.
In der «Carte blanche» äussern sich Oberbaselbieter National- und Landratsmitglieder sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeindebehörden zu einem selbst gewählten Thema.

