Ein Vielflieger guckt in die Röhre
29.04.2025 SissachHanspeter Gsell stellt mit «Schöner Fliegen» sein zehntes Buch vor
Als «Inselsammler» ist der Sissacher Schriftsteller Hanspeter Gsell ein Vielflieger. Nun hat er einen Ratgeber für Flugpassagiere verfasst und am Donnerstag vorgestellt, in dem sein Talent als ...
Hanspeter Gsell stellt mit «Schöner Fliegen» sein zehntes Buch vor
Als «Inselsammler» ist der Sissacher Schriftsteller Hanspeter Gsell ein Vielflieger. Nun hat er einen Ratgeber für Flugpassagiere verfasst und am Donnerstag vorgestellt, in dem sein Talent als Kolumnist und für Slapstick nicht zu kurz kommt.
Jürg Gohl
«Ihr Aufenthalt an Bord und in Flughäfen wird von Mühsal, Langeweile und Durst geprägt sein.» Das schreibt «Volksstimme»-Kolumnist Hanspeter Gsell auf Seite 165 seines jüngsten Buchs «Schöner Fliegen» zum Stichwort «Spielen». Dort schildert er, welche Spiele am besten dafür geeignet sind, sich beim Reisen mit dem Flugzeug die Zeit totzuschlagen. So viel sei verraten: Er rät dringend ab von lautem Jassen, Kegeln und Kanu-Weitwurf …
Am vergangenen Donnerstag hat der Autor im «Alpbad» ob Sissach sein inzwischen zehntes Buch vorgestellt, mit dem er sich auf neues Terrain vorwagt. Zuvor verfasste er Kolumnen-Sammlungen, Kulinarik- und Reisereportagen, schrieb die verrückte Lebensgeschichte eines Vorfahren um («Wo die Kühe Hüte tragen»), gab in Prosa seine Faszination für kleine, unbekannte Inseln weiter oder wagte sich zuletzt sogar an seinen ersten Krimi in Gsell-Manier. Nun legt er als erfahrener Vielflieger einen schlichten Ratgeber rund um das Fliegen vor. «Spielen» ist eines von insgesamt 155 ganz unterschiedlich langen Kapiteln. Diese reichen von «Airports», «Allianzen» und «Ansagen» alphabetisch geordnet bis «Zeitzonen», «Zollkontrollen» und «Zwischenlandungen». Es hätten sogar noch ein paar Stichworte mehr sein können.
So streift er das irrationale Phänomen der Flugangst, das ohnehin nicht in wenigen Sätzen abgehandelt werden kann, nur ansatzweise. Wäre er noch auf die «Flugscham» und ökologische Aspekte, auf die unverständlichen Durchsagen, die der Captain durch seine Nase spricht, oder etwa die schönsten Songs zum Fliegen («Über den Wolken», «Campari Soda», «Leaving on a Jet Plane») eingetreten, wäre vermutlich ein Standardwerk zum Fliegen entstanden.
Ein Ratgeber
In «Schöner Fliegen» reicht der Autor seine Erfahrungen weiter, und weil er sich Anfang Jahr erneut auf Weltreise begeben hat, kommen als Nachschlag gleich noch drei weitere Erfahrungen hinzu: Lizenz zum Trinken, Etiketten und QR-Codes. Dieses letzte Stichwort, die QR-Codes, hätte im mehr als 200 Seiten fassenden Hauptteil erst noch die Lücke beim entsprechenden Buchstaben gefüllt. Doch Gsell erliegt (zum Glück) nicht der Versuchung, auch für die berühmten drei Problemkinder solcher Listen(Q, X und Y) krankhaft ein Stichwort zu suchen. Er flog nie mit Xhaka nach Xanadu oder einen anderen x-beliebigen Ort. Dafür streut er ein «Klavier» ein, nur um zu erklären, dass dies als Handgepäck eher ungeeignet ist.
In erster Linie erklärt der Autor in «Schöner Fliegen» viele Details, die einem im Flugzeug gar nicht bewusst sind. Das Buch versteht sich als ein Ratgeber. So erläutert Gsell, um drei Beispiele herauszugreifen, die sich im Buch alphabetisch folgen, die Vorteile von aufblasbaren Nackenstützen, von Nasensalben und von Ohropax. Er erklärt auch, weshalb in Linienflugzeugen unter den Sitzen wohl Schwimmwesten, aber keine Fallschirme vorzufinden sind, und weshalb er überhaupt nichts von der Business Class hält.
Wie verhält es sich schon wieder mit diesen Zeitzonen, den Luftlöchern, – und fliegen wir besser mit der Sonne oder ihr entgegen? Hanspeter Gsell verrät mehrfach, wie er sich erfolgreich Dauerquassler im Nachbarsitz vom Leib hält und welches seiner Meinung nach das wirkungsvollste Medikament gegen Nervosität und Schlaflosigkeit ist: ein Glas Rotwein. Oder zwei …
«Fliegende Mehrzweckhalle»
Bei Hanspeter Gsell funktioniert auch ein eher sachliches Buch nie ohne eine tüchtige Portion Humor und Slapstick. So macht er sich etwa über Passagiere lustig, die, kaum gelandet, gestresst aufstehen und gebückt darauf warten, dass sich irgendwann einmal die Türen öffnen. Sie holt der Geduldige spätestens bei der Gepäckabgabe wieder ein, wo sie breitbeinig ihren Platz am Förderband verteidigen. Seitenhiebe an das offenbar grundsätzlich missgelaunte Flughafenpersonal in Frankfurt fehlen ebenso wenig wie an Fluggäste in Trainerhosen und Selbstdarsteller, die durch die Gänge schlendern. Das Flugzeug bezeichnet er immer wieder als Röhre oder als fliegende Mehrzweckhalle.
Das Buch «Schöner Fliegen» – die einladende Titelseite ist bei der Schaub Medien AG in Sissach entstanden – ist geradezu ideal dafür, sich auf einer längeren Flugzeugreise bei einem Glas Rotwein die eingangs beschriebenen Wartezeiten an Bord und im Flughafen zu vertreiben. Der Kluge liest es jedoch besser ein paar Tage vorher.
Hanspeter Gsell: «Schöner Fliegen», Handbuch für Flugreisende. 225 Seiten. Verlag BoD.