Ein Plädoyer für die Berufslehre
08.05.2025 Pratteln260 Personen am «Tag der Lernenden»
Fachleute zeigten in Pratteln die Bedeutung der Berufsbildung auf. Ausserdem sprachen sie über die Vorteile einer Lehre. Klar ist: Im Baselbiet besteht im schweizweiten Vergleich Nachholbedarf bei der Lernendenquote.
Willi ...
260 Personen am «Tag der Lernenden»
Fachleute zeigten in Pratteln die Bedeutung der Berufsbildung auf. Ausserdem sprachen sie über die Vorteile einer Lehre. Klar ist: Im Baselbiet besteht im schweizweiten Vergleich Nachholbedarf bei der Lernendenquote.
Willi Wenger
Der «Tag der Lernenden» brachte am Montagabend rund 260 Personen ins Haus der Wirtschaft in Pratteln. Regierungsrätin Monica Gschwind (FDP) sagte, dass die Berufsbildung für sie einen hohen Stellenwert habe. Die Bildungsdirektorin plädierte dafür, dass sich Jugendliche früh über die Berufslehre als gleichwertige, praxisorientierte Alternative zu rein schulischen Bildungswegen ins Bild setzen sollen.
«Die rechtzeitige Information, etwa an einer Berufsschau, in der Sekundarschule oder an einer Woche der Berufsbildung, ist zentral», sagte Gschwind. Sie sagte, dass die rund 240 verschiedenen Lehrberufe, die es gibt, spannende Optionen bereithielten. Die Lehre sei die Grundlage für den späteren Berufsweg. «Seid offen und entscheidet selbst», war ihre Botschaft an angehende Berufsleute. Gschwind ist sich bewusst, dass der Stellenwert der Berufsbildung nicht in allen Gesellschaftsschichten gleich hoch ist.
Dies bestätigte Marc Scherrer, einer der stellvertretenden Direktoren der Wirtschaftskammer Baselland, die als Gastgeberin die Veranstaltung organisierte. Nach wie vor habe die Lehre im Vergleich zu den weiterführenden Schulen Nachholbedarf, so Scherrer: «Im Baselbiet absolvieren nur 58 bis 59 Prozent der Schulabgänger eine Berufsausbildung. Schweizweit liegt diese Zahl bei 66 Prozent.» – «Mitte»- Landrat Scherrer zeigte sich auch selbstkritisch und hielt fest, dass die Wirtschaft ebenfalls mehr tun müsse für das Lernendenwesen, nicht nur die Politik und die Schulen.
Lehre formt den Charakter
Eine Lehre führt nicht nur zu einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis, sondern in zunehmender Zahl auch zu einer Berufsmaturität, die weitere Möglichkeiten eröffnet. Von der Durchlässigkeit des Schweizer Bildungssystems überzeugt zeigte sich Bildungsexperte und Publizist Carl Bossard aus Stans (NW). Der Gründungsrektor der Pädagogischen Hochschule Zug, einstiger Rektor der kantonalen Mittelschule Nidwalden sowie Direktor der Kantonsschule Luzern, lobte die Berufsbildung in den allerhöchsten Tönen.
Es sei etwas Besonderes, früh Verantwortung übernehmen und Projekte realisieren zu können. Lernende seien Teil einer Arbeitsgemeinschaft. «Auszubildende sehen ihren eigenen Lernfortschritt und finden dabei Wertschätzung und Anerkennung», so Bossard. Dass eine Berufsbildung den Charakter formt, ist für ihn ebenfalls klar: «Die gymnasiale Maturität ist bei Weitem nicht der einzige Königsweg.»
André Burri, Direktor des Vereins «SwissSkills», zeigte auf, wie die Landes-, die Kontinental- und die Weltmeisterschaften der Berufsbildung organisiert sind. Grundlage sei das Entdecken, Entfalten und Fördern von Talenten. Diese würden nur sichtbar, wenn Räume geschaffen werden, in denen sich Talente zeigen können, sagte Burri. Erfolgreiche Berufsleute seien kein Zufall. «Sie sind das Ergebnis aus Neugier, Übung, Ermutigung und den Menschen, die ihnen eine Chance geben.»
Eltern und Vorbilder sind wichtig
Ein Podiumsgespräch unter Leitung von Michael Köhn, ebenfalls stellvertretender Direktor der Wirtschaftskammer, kam zum Schluss, dass die Berufsbildung weiter gestärkt werden müsse. Es sei unverzichtbar, die Eltern frühzeitig einzubinden, sagte Philipp Loretz, Präsident des Lehrerinnenund Lehrervereins Baselland. «Die Eltern müssen erreicht werden, sonst wird es schwierig.»
Applaus auf dem Podium erhielten Gabriela Petrovic, Schweizer Meisterin Fachfrau Gesundheit, und Gian Gisler, Zimmermann im vierten Lehrjahr, nachdem sie ihre Motivation für ihren einstigen Einstieg in die Lehre darlegten. Vorbilder, so war man sich am Tag der Lernenden einig, sind zentral.