Ein musikalisches Danke an die Gemeinde
30.11.2023 ZeglingenUkrainischer Pianist präsentiert neues Album – er singt Englisch statt Russisch
Seit rund vier Monaten lebt der Musiker Aleksandr Gaidai mit seiner Familie in Rünenberg. Nun hat er in Zeglingen ein Konzert gegeben, das gleichzeitig Plattentaufe und ...
Ukrainischer Pianist präsentiert neues Album – er singt Englisch statt Russisch
Seit rund vier Monaten lebt der Musiker Aleksandr Gaidai mit seiner Familie in Rünenberg. Nun hat er in Zeglingen ein Konzert gegeben, das gleichzeitig Plattentaufe und «Dankeschön» war.
Martin Herzberg
«Gefühlvolle Lieder, eine leichte und warme Atmosphäre und Gespräche mit dem Songwriter», das versprach der Flyer zum Konzert von Aleksandr Gaidai in Zeglingen. Gut zwei Dutzend Personen sind dieser Einladung am vergangenen Sonntag gefolgt. Etwas mehr als die Hälfte des Publikums spricht Schweizerdeutsch, der Rest sind ukrainische Bekannte des Künstlers.
Der Gastgeber ist sichtlich bewegt ob der Anzahl Gäste. Aleksandr Gaidai hat dieses Konzert im Gemeindesaal in Eigenregie auf die Beine gestellt. Es sei ihm ein Anliegen, in Zeglingen zu spielen, erläutert er in seiner Ansprache. Dann erzählt der 35-Jährige, welche Umstände ihn hierhergeführt haben.
Aleksandr Gaidai lebte in Kiew, mit seiner Frau – einer Kunstmalerin – und der gemeinsamen Tochter. Als in der Nachbarschaft die ersten Granaten einschlugen, entschlossen sie sich zur Flucht. Ihr erstes Zufluchtsland war Frankreich, wo sie einige Wochen blieben. Vor vier Monaten ist die junge Familie über Umwege nach Rünenberg gelangt. Dort hat sie eine Wohnung gefunden.
Album mit englischen Liedern
Gaidai, der in der Ukraine als Musiker und als Webdesigner gearbeitet hatte, hat sich ein Heimstudio eingerichtet. Dort komponiert er neue Lieder. Ganz zufrieden ist er nicht mit dem Klang seines E-Pianos. Er träumt davon, auf einem echten Piano zu spielen. Seine Gastgeber und ihre Beziehungen haben es möglich gemacht: Im Gemeindesaal von Zeglingen steht so ein Piano und Gaidai darf regelmässig darauf üben. «Dieses Piano hat einen wunderbaren Klang. Ich bin sicher, es hat eine Seele», schwärmt der Musiker.
Mit diesem Konzert sagt Gaidai nun Danke: «Ich bedanke mich bei der Schweiz und den Menschen in diesem Land. Ich bedanke mich bei meinen Gastgebern, die uns freundlich aufgenommen haben. Und ich bedanke mich bei denen, die es mir ermöglicht haben, hier zu spielen.» All jenen widmet er sein Konzert.
Wobei es nicht einfach ein Konzert ist, nein. Eigentlich ist es eine «Plattentaufe». Gaidai hat acht Songs komponiert, eingespielt, aufgenommen und als Album aufgelegt. Es ist sein erstes Album in englischer Sprache, wie er erklärt. Früher hat er auf Russisch gesungen. Jetzt möchte er, dass mehr Menschen, auch in seiner momentanen Heimat, seine Texte verstehen. Diese acht Lieder bilden den Kern seines Konzerts.
Inspiration kommt von überall
Die versprochene «leichte und warme Atmosphäre» stellt sich sofort ein. Gaidais Piano-Improvisation zur Eröffnung zieht die Zuhörenden sofort in ihren Bann. Überhaupt sind alle seine Kompositionen herzerwärmend. Das kleine Konzert hat mit seiner entspannten Atmosphäre einen Proberaum-Charakter. Gaidai wendet sich vor jedem Stück dem Publikum zu und führt aus, welche Gedanken ihn zum Song inspiriert haben. Es geht um die Liebe, aber auch um Vergebung, oder um Frieden zwischen den Menschen. Gaidai bleibt gänzlich unpolitisch. Den Krieg in seiner Heimat erwähnt er am Rande, dessen Ursache oder Urheber nennt er in keinem Wort.
In Gaidais Songs lassen sich Elemente aus dem Blues, aus dem Musical oder der Rockmusik erkennen. Auf die Frage, wo er seine musikalische Inspiration findet, antwortet Gaidai: «Ich lasse mich überall inspirieren, auch bei klassischer oder Kirchen-Musik.» Der Musiker verfügt über langjährige Bühnenroutine. Gaidai hat in seiner Heimat, in Deutschland und Frankreich zahlreiche Konzerte gegeben. Auch in der Kirche Kilchberg war er schon zu hören.
Der Schluss des Konzerts ist ungewöhnlich. Es gibt reichlich Applaus, aber keine Kollekte. Gaidai bleibt dabei: Es soll ein Dankeschön sein. Dies unterstreicht er mit dem Buffet, das für das Publikum hergerichtet ist. Alle Speisen haben Gaidai und seine Frau selbst gebacken und gekocht. So findet ein intimes Konzert seinen ganz persönlichen Abschluss.
Kontakt zu Gleichgesinnten
hem. Aleksandr Gaidai ist offen dafür, mit musikinteressierten Menschen aus der Umgebung in Kontakt zu kommen. Interessierte können sich die Demoversion seines neuen Albums unter folgendem Link anhören: https://on.soundcloud.com/PKfD3 und via fragsasha@gmail.com mit Aleksandr Gaidai in Kontakt treten.